RHEINGOLD
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Wiener Staatsoper
1.11. 2011

Dirigent: Christian Thielemann

Wotan - Albert Dohmen
Donner - Markus Eiche
Froh - Herbert Lippert
Loge - Adrian Eröd
Fasolt - Lars Woldt
Fafner - Ain Anger
Alberich - Tomasz Konieczny
Mime - Wolfgang Schmidt
Fricka - Janina Baechle
Freia - Alexandra Reinprecht
Erda - Anna Larsson
Woglinde - Ileana Tonca
Wellgunde - Ulrike Helzel
Floßhilde - Zoryana Kushpler


Reines Gold?
(Dominik Troger)

Christian Thielemann dirigiert den „Ring“ an der Wiener Staatsoper – und das Publikum stürmt das Haus. Dem Jubel nach zu schließen war diese Aufführung des „Rheingolds“ ein voller Erfolg. Der Schlussapplaus dauerte an die 20 Minuten.

Trotzdem war dieser Abend kein „ultimatives Opernerlebnis“ – und das hatte mehrere Gründe: nicht alle Sänger agierten in Höchstform, das „Rheingold“ mit seinem oft kammerspielartigen Konversationston ist eher nicht das ureigenste Metier des Dirigenten, und die manchmal fast comicartig anmutende Szene mit dem leichtgewichtigen Stil des Regisseurs Sven-Eric Bechtolf schlug sich mit Thielemanns musikalischen Ansprüchen.

Wo Thielemanns „ureigenstes Metier“ liegt, das erfuhr man im breit angelegten, sich langsam „einbrummenden“ Vorspiel, im Finale, beim ersten Auftritt der Riesen, oder beim Abstieg nach Nibelheim: ein breites, in erdigdeutschem Wohlklang schwingendes Orchester, das sich zu einer klarsichtigen Monumentalität erhebt, die heutzutage ihresgleichen sucht. Aber fast könnte man der Meinung sein, diese Thielemann'sche „Retro-Romantik“ genüge schon sich selbst. Mit den pointenreichen Dialogen des „Rheingolds“ hat sie sich meiner Meinung nach weniger gut angefreundet, dafür blieb der musikalische Fluss zu langatmig. Außerdem bedurften einige Mitwirkende an diesem Abend deutlich der Unterstützung des Dirigenten, die dieser auch fürsorglich beisteuerte.

Seitens der Sänger wurde der Abend vor allem durch Adrian Eröd (Loge) und Tomasz Konieczny (Alberich) getragen. Für Eröds Bariton ist der Loge bekanntlich ein „tenorales Kunststück“, aber seine Stimme klang heute nicht immer ganz frisch, verlor in längeren Passagen und in der Höhe deutlich an Spannkraft. Wie er den Loge spielt, mit einer fast flapsig zu nennenden Ironie, die den Göttern den Spiegel vorhält, das ist allerdings ein weiteres Kunststück – und war schon in der Premiere vor zwei Jahren ein essentieller Baustein dieses neuen Wiener „Rheingolds“.

Tomasz Konieczny war bis auf einen deutlich hörbaren Fauxpas beim abschließenden „meinem Fluch fliehest du nicht“ wieder in guter Form. Sein herrischer Alberich hat Durchschlagskraft und einen Hauch von greller Hysterie, hinter der sich sein Macht- und Goldrausch verbergen. Er – wie Eröd – passen sehr gut in dieses „Fantasy-Comic-Schema“, mit dem Bechtolf die Handlung teils etwas grell ironisiert hat. Das ergibt eine szenische Lockerheit, die sich so im Orchester an diesem Abend nicht wiederfand.

Albert Dohmen war relativ kurzfristig als Wotan eingesprungen. Dohmen hat den Wotan schon vor Jahren noch in der alten Inszenierung in Wien gesungen. Seine Stimme ist seither nicht jünger geworden und als besonders ausdrucksstarker Sänger ist er mir schon damals nicht aufgefallen. Nach einer Zitterpartie bei „Vollendet das ewige Werk“ bekam Dohmen die Partie zunehmend besser in den Griff.

Gut bei Stimme waren die Riesen – Lars Woldt (Fasolt) diesmal prägnanter als Ain Anger (Fafner), der an diesem Abend nicht ganz die gewohnte Form erreichte. Beide Stimmen sind aber nicht wirklich urtümlich-riesenhaft und die orchestrale Mächtigkeit, die Thielemann bei ihrem Auftritt im Orchester anklingen ließ, fand auf der Bühne einen etwas schlankeren Widerhall.

Die Erda von Anna Larsson hatte ich weniger vibratoreich und präziser in Erinnerung, die Fricka der Janina Baechle war gut, aber nicht delikat. Markus Eiche sang einen schönstimmigen Donner, Herbert Lippert einen stimmlich schon leicht überzeichnenden Froh – und Alexandra Reinprecht gab einmal mehr eine optisch erblühende Freia, deren Sopran an diesem Abend aber ein wenig schrill klang. Gegen den etwas eigenwilligen Mime von Wolfgang Schmidt konnte man nichts einwenden. Die Rheintöchter boten dem Publikum keinen Grund zur Klage.

Man wird sehen wie sich die weiteren drei Abende entwickeln. Es gibt noch Potential nach oben: Ist das nicht vielversprechend?

PS: Die neue Kreation, mit der jetzt der „Eiserne“ verhängt wird, besteht aus einem nackten Text, der sich wie eine automatisch generierte Google-Übersetzung liest. Heutzutage verkaufen die Quacksalber keine „Liebestränke“ mehr, sondern „Konzeptkunst“.

Anmerkungen zur Inszenierung kann man hier nachlesen Rheingold-Premiere am 2. Mai 2009.