IDOMENEO

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Theater an der Wien
Koproduktion Wiener Staatsoper

17.1.2007

Dirigent: Bertrand de Billy

Orchester der Wiener Staatsoper
Arnold Schönberg Chor

Idomeneo - Michael Schade
Idamante - Angelika Kirchschlager
Ilia -
Genia Kühmeier
Elettra - Iano Tamar
Arbace -
Peter Jelosits
Oberpriester - Marian Talaba
Stimme des Orakels - Walter Fink


Empfehlenswerte Aufführung
(Dominik Troger)

Wiener Opernfans werden zur Zeit verwöhnt. Die Wiederaufnahme des „Idomeneo“ im Theater an der Wien war schon wegen Michael Schades Gestaltung der Titelpartie ein Ereignis besonderen Ranges.

„Idomeneo muss väterlich klingen, ohne den Schmelz zu verlieren, und er muss klagen, ohne dass es sich nach Verismo anhört.“ Gewappnet mit diesem Vorsatz (der in der aktuellen Ausgabe der Programmzeitschrift des Theaters an der Wien nachzulesen ist) ging Michael Schade an den Idomeneo heran – und gewann, wie man so sagt, auf allen Linien. Schade (der in dieser Produktion die Partie von Neil Shicoff übernommen hat) hielt die Balance zwischen „antik-klassischer“ Königswürde und der persönlichen Betroffenheit, und er fand in der Opferszene im dritten Akt zu einer nie übertrieben wirkenden, „verzweifelten Gefasstheit“, die die Gegensätze der an ihn herangetragenen Anforderungen unter Beibehaltung königlicher Würde und Ehre auflöst. Das ist eine auch historisch sehr passende Interpretation, die aber erst dann richtig zum Tragen kommt, wenn man über die stimmlichen Qualitäten Schades verfügt, die derzeit in seinem Fach so ziemlich solitär sein dürften.

Sozusagen als „Beweis“ erweckte er die schwierige erste und längere Fassung von „Fuor del mar“ (Nr. 12a) zu schillerndem Leben, die mit langgestreckten Koloraturen höchste Anforderungen stellt und viele Möglichkeiten bietet, die sängerische Bravour des Vortragenden bestens herauszustreichen. Dass Schades Timbre dabei immer seinen angenehmen Schmelz behält und das noch leicht barocke Kleid des Idomeneo mit romantischer Virilität belebt, macht zugleich die Besonderheit dieses Sängers aus - der zugleich mit seinem großen sängerischen Ausdrucksvermögen auch Mozarts frühere Operngestalten zu plastischen Charakteren formt.

Schade am nächsten stand Genia Kühmeier, die noch beeindruckender als bei der Premiere vor einem Jahr mit gefasst klarer und doch jugendlich-rührender Stimme die Ilia gestaltete. Sie singt die Mozart‘schen Bögen mit anmutiger Selbstverständlichkeit und gab davon gleich in der ersten Arie ein ergreifend-schlichtes Beispiel. Angelika Kirchschlager war von ihrer Bühnenerscheinung und ihrem Ausdruck wie stets ein sehr passender Idamante. Das „Non ho colpa“ als Einstiegsarie dürfte trotzdem nicht der ideale Startpunkt gewesen sein. Erst nach dieser „Hürde“ fand sie rasch zur gewohnten Ausstrahlung und Sicherheit.

Iano Tamar hat die Elettra von Barbara Frittoli übernommen. Tamars Stimme stach mit dunklerer Farbe deutlich von den übrigen Mitwirkenden ab – und charakterisierte insofern auch den „dunkleren Charakter“ der Elettra passend. Ihr gelang eine gute Umsetzung der nicht einfachen Partie, ohne aber Frittolis Intensität zu erreichen. Das übrige Ensemble fügte sich bestens da hinein, leider nicht alle Chorsolisten.

Bertrand de Billy polierte den „Idomeneo“ mit Geschmack zur sehr differenziert musizierten, philharmonischen Klangschönheit. Eine nach französischer Manier drapierte Wiener-Klassik könnte man sagen, die mit einer leichten Verhaltenheit im dramatischen Gestus einherging.

Die Inszenierung bewährte sich in ihrer Unauffälligkeit mit ein paar guten Momenten. Das Publikum wirkte deutlich zufriedener als nach der Premierenserie vor einem Jahr und spendete viel Applaus. Ein Besuch der Aufführung kann nur empfohlen werden. (Meine Eindrücke von der Premiere können hier nachgelesen werden.)