DON GIOVANNI
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Staatsoper Dirigent: Franz
Welser-Möst |
Don Giovanni - Ildebrando
D'Arcangelo |
Die Premiere des neuen Staatsopern-„Don Giovanni“ im Dezember letzten Jahres war kein berauschendes Opernfest gewesen – und die zweite „Staffel“ schloss nahtlos an die erste an: ein mittelprächtiger Opernabend, bei dem man eigentlich nichts versäumt hat, obwohl einige neue klangvolle Namen den Besetzungszettel zierten. Natürlich ist schon diese Inszenierung mit ihren düsteren Bühnenbildern eine Vorgabe, auf deren Basis sich schwer die Doppelbödigkeit eines „Dramma giocoso“ entwickeln kann. Jean-Lous Martinoty hat die Geschichte viel zu lehrstückmäßig umgesetzt – und Franz Welser-Möst generiert im Orchestergraben nach wie vor zu wenig „Zwischentöne“, um mit musikalischem Esprit diese bedrückende Optik aufzuhellen. Das Orchester „wog“ insgesamt zu schwer, obwohl es teils recht zügig dahinging und atmete offenbar zu wenig mit der Bühne mit. Möglicherweise könnte man aber, was die Szene betrifft, relativ leicht einige besonders störende und sinnentleerte „Aktionen“ abstellen. Vor allem der Beginn ist völlig „daneben“ inszeniert. Der lädierte Komtur braucht nur auf seinen Armverband zu verzichten und ein wenig agiler aufzutreten, schon ist er der Lächerlichkeit enthoben, der er durch seine „Kostümierung“ preisgegeben wird. Donna Anna sollte ihre Handschellen entsorgen und vor allem sollte man den toten Komtur nicht kreuz und quer über die Bühne tragen. Ein etwas breiter dimensionierter Bühnenabgang wäre auch angebracht, sonst stauen sich die Bahrenträger. Etwas später sollte Don Giovanni um Zerlinas Händchen keinen Fernkampf führen müssen. Gerade in dieser Szene könnte sich Don Giovanni als der galante Verführer beweisen, um Zerlinas Skepsis zu überwinden. Aber wenn beide Meter von einander entfernt stehen und sich ansingen, dann macht das überhaupt keinen Effekt. Ildebrando D`Arcangelo kommt für mich in diesem Umfeld als Don Giovanni nur bedingt zur Geltung. In der alten Inszenierung (die wirklich kein Geniestreich war), konnte er seinen Charme viel besser ausspielen. Dieses Machogehabe passt nicht zu seiner Stimme, da würde ihm der galante Verführer viel besser liegen, der mit einer gewissen hintergründigen Gefährlichkeit agiert. Sein „Don Giovanni“ wird nicht zum Kristallisationspunkt, um den sich alles dreht. So richtig packt einen erst das Finale, wenn er in der krampusroten Hölle verschwindet. Diese Szene halte ich prinzipiell für gelungen – auch wenn diese Idee ziemlich ähnlich nach dem Volksopern-„Don Giovanni“ geschneidert ist. Wolfgang Bankl brachte als Leporello frischen Schwung in diese Produktion – und könnte es in einem passenderen Umfeld wohl noch viel mehr. Bankl schließt an eine Reihe „bodenständiger“ Leporellos an, mit Gefühl für Pointen und der Fähigkeit, das Publikum zum Lachen zu bringen; humorvoll beispielsweise sein „Gerangel“ mit dem großen federbesetzten Hut, als er im Auftrag Don Giovannis Donna Elvira „beschäftigen“ soll. Pavol Breslik konnte bei seinem Debüt als Don Ottavio nicht durchgehend überzeugen. Das „Dalla sua pace“, bei dem viele Tenöre mit zuviel Kraft agieren, fand ich sehr geschmackvoll umgesetzt, mehr juvenil-zart als viril. Das „Il mio tesoro“ kam nicht so überzeugend über die Rampe, auch wenn Breslik mit langem Atem Mozarts anspruchsvoller Vorgabe folgte. Nicht nur hier wirkte Breslik auf mich stellenweise fast schüchtern, so als müsse er sich mit der Szene erst „akklimatisieren“. Adam Plachetka gab einen leicht fahrigen, leptosomisch-cholerischen Masetto, der mit Ileana Tonca als Zerlina recht gut harmonierte. Die beiden taten viel für das Spiel. Ob man Toncas eher dunkles Timbre für eine Zerlina mag, ist Geschmackssache, aber sie sang die Partie gut und hatte mit den Koloraturen kein Problem. Sorin Colibans Komtur könnte im Finale etwas furchteinflößender tönen, aber er durfte sich insgesamt über ein gelungenes Rollendebüt freuen. Etwas enttäuschend verlief das Donna Anna Debüt von Camilla Nylund. Nylunds Sopran klang den ganzen Abend lang eher verhalten und „überkonzentriert“, so als fiele es ihr nicht mehr ganz so leicht, den gesanglichen Vorgaben Donna Annas zu folgen. Ein bisschen mehr Leidenschaftlichkeit hätte der Rolle gut getan. Die als Donna Elvira etwas „verblüht“ klingende Malin Hartelius versuchte bei ihrem Rollendebüt am Haus spielerisch Akzente zu setzen, was ihr trotz der Inszenierung recht gut gelang. Möglicherweise sind beide Damen Mozart schon ein wenig entwachsen?! Beim Schlussapplaus ging im stark touristisch geprägten Publikum ein Blitzlichtgewitter los, als hätte der britische Thronfolgernachwuchs sich soeben auf der Staatsopernbühne das „Ja-Wort“ gegeben. Der Applaus war aber nach vier Minuten schon wieder vorbei – war doch denn ganzen Abend lang kaum Stimmung aufgekommen. Noch eine Anmerkung: Das Grabmahl des Komturs befindet sich offenbar nicht auf einem Friedhof, sondern im Dom. Zumindest die Hintergrundprojektion ließ das Innere eines Domes erkennen – das wäre eine Korrektur zu meiner Premierenbesprechung. Von der Galerie hat man das nicht deutlich genug ausnehmen können. |