BILLY BUDD
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Wiener Staatsoper
5.2.2011
Wiederaufnahme

Musikalische Leitung: Graeme Jenkins

Kapitän Vere - Neil Shicoff
Billy Budd - Adrian Eröd*
John Claggart - Peter Rose
Mr. Redburn - Markus Eiche*
Mr. Flint - Wolfgang Bankl
Leutnant Ratcliffe - Clemens Unterreiner*

Red Whiskers - Peter Jelosits *
Donald - Eijiro Kai*
Dansker - Alfred Sramek
Der Neuling - Benjamin Bruns*
Squeak - Norbert Ernst*
Bootsmann - Janusz Monarcha
1. Maat - Tae Joong Yang*
2. Maat - Dan Paul Dumitrescu*
Ausguck - Wolfram Igor Derntl*
Freund des Neulings - Carlos Osuna*
Arthur Jones - Michael Wilder

*Rollendebüt an der Staatsoper


Gelungene Wiederaufnahme

(Dominik Troger)

Die Staatsopernproduktion der vieraktigen Fassung von „Billy Budd“ hat in den zehn Jahren seit der Premiere nichts von ihrer Überzeugungskraft verloren. Die Wiederaufnahme – zugleich die 25. Vorstellung seit dem Februar 2001 – wurde ein großer Erfolg.

Der Besetzungszettel war voller Rollendebütanten, aber den Kapitän Vere sang wieder – wie in der Premiere – Neil Shicoff: und es ist immer noch eine Glanzpartie dieses vielseitigen Sängers, den herausfordernde Bühnencharaktere bekanntlich zu psychologisch besonders subtilen Rollenporträts anspornen. Shicoff ließ sich wegen einer Verkühlung ansagen, sang sich aber schnell „frei“. Mag sein, dass sein Vere heute etwas heldischer klingt, als noch vor zehn Jahren. Der beklemmenden Darstellung dieses peinigenden inneren Konfliktes, der bei Vere quasi zu einer Handlungslähmung führt, tat das keinen Abbruch.

Adrian Eröd hat als junger aufstrebender Bariton in den 1990er-Jahren den Billy Budd in einer Produktion der freien Wiener Opernszene verkörpert – und damals einen Sensationserfolg errungen. Seine natürliche Unbekümmertheit von damals hat er dieser Rolle erhalten. Als naive Lichtgestalt erhellte er jetzt auch in der Staatsoper das im Atlantiknebel herumirrende Schlachtschiff, wird er für die Matrosen, für Vere und für den Waffenmeister zu einer Art Aphrodisiakum, das ihre abgestumpften Sehnsüchte und uneingestandenen Wünsche auffrischt. Auch Eröds Bariton ist in all den Jahren ein wenig heroischer geworden, lockt nicht mehr so erotisch frappant mit einschmeichelnder Wehmut. Das bringt die markante Tragik dieses Stoffes heraus, bewahrt ihn vor Sentimentalität und schärft die Konsequenz, mit der Budd letztlich seinen gewaltsamen Tod akzeptiert.

Der Claggart von Peter Rose überzeugt nicht nur durch brutale Präsenz. Mit seinem schön timbrierten Bass vermag er den Waffenmeister von der archaischen Schablone des Bösen abzulösen und im Charakter tiefer auszudifferenzieren. Das Beziehungsdreieck Shicoff – Rose – Eröd wurde dadurch sehr gut ausbalanciert und fand in der entscheidenden Szene, der Gegenüberstellung von Claggart und Budd in der Kapitänskajüte, einen an Spannung kaum mehr zu überbietenden Höhepunkt.

Überhaupt war der ganze Abend von unter die Haut gehender Spannung getragen, war gut gespielt und gesungen. Da zeigten sich auch alle Debütanten schon als „waschechte Seemänner“ und der Chor sowieso. Norbert Ernst und Benjamin Bruns (Squeak und Neuling) brachten ihre Bühnencharaktere effektiv zur Geltung, ebenso die Offiziere Markus Eiche (Mr. Redburn), Wolfgang Bankl (Mr. Flint) und Clemens Unterreiner (Leutnant Ratcliffe). Eine besondere Stellung nahm wieder der Dansker von Alfred Sramek ein, mit seiner desillusionierten, trostspendenden Menschlichkeit.

Das Orchester unter Graeme Jenkis klang etwas trocken und manchmal zu laut. Es war spannend dirigiert, mehr die barbarische Ausweglosigkeit der Handlung betonend, zeigte aber auch die gebotene Empfindsamkeit, wenn es Britten verlangt.

Der Stehplatz hätte noch viele Besucher vertragen. Der mit starkem Beifall und Bravorufen dargebrachte Schlussapplaus dauerte rund 12 Minuten, wobei man im Publikum viele „langgediente“ Opernbesucher sah.

Anmerkungen zur Inszenierung findet man bei der Premierenbesprechung (12.2.2001).