LA SONNAMBULA
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Wiener Staatsoper
16.3.2011

Musikalische Leitung: Evelino Pidò

Graf Rodolfo - Giovanni Battista Parodi
Teresa - Aura Twarowska
Amina - Sarah Coburn
Elvino - Stefan Pop
Lisa - Ileana Tonca
Alessio - Tae Joong Yang
Ein Notar - Martin Müller

„Interessante Rollendebüts
(Dominik Troger)

Bellinis „Schlafwandlerin“ darf derzeit auf der Staatsopernbühne wieder ein „Nickerchen“ halten und über ein lawinenbeschädigtes Klavier balancieren. Die Aufführungsserie bietet dem Wiener Opernpublikum die Begegnung mit interessanten Neuengagements. Besprochen wird die 2. Aufführung der laufende Serie.

Im Mittelpunkt einer „Sonnambula“-Aufführung steht natürlich das Schicksal Aminas – und die US-amerikanische Sopranistin Sarah Coburn gibt in dieser Aufführungsserie ihr Hausdebüt. Coburn ist in einem Alter, das man auch bei Sängerinnen noch nennen dürfte. Von der Persönlichkeit her wirkt sie etwas zart und nicht sehr groß, zeigt aber viel Ausstrahlung und Bühnenpräsenz. Die Stimme hat eine gute Resonanz und erweist sich nicht nur in den Spitzentönen als überraschend tragend und durchschlagskräftig. Nachdem sich in letzter Zeit bei einigen Staatsopern-Debüts die Stimmen für das Haus als (eher) zu klein herausgestellt haben, eine positive Überraschung.

Coburn verstand es, die gegensätzlichen Anforderungen der Partie unter einen Nenner zu bringen: von der einfühlsamen Verliebten bis zum effektvollen chorbegleiteten Schluss-Furioso – ohne dass man da und dort viele Abstriche hätten machen müssen. Sie agierte im Verzierungswerk sehr sicher, mit „Höhe“ und einem guten Ausdrucksgefühl für die Bellini'sche Romantik. Was nicht ganz mitspielte war das Timbre: Ihr Sopran klang etwas kühl mit einer Spur von Metall und brachte den Belcanto nicht mit feinen, sanften Farbschattierungen zum Erblühen. Ihr geschauspieltes Schlafwandeln sah zudem ein bisschen danach aus, als müsse sie noch mit den Augen blinzeln, um keinen „Unfall“ zu bauen – und die finale Koloraturkaskade wurde mit ebensolchem „Sicherheitsgefühl“ durchsungen. Hier wird die Erfahrung helfen, dass aus dem „Tischfeuerwerk“ noch ein richtig „großes“ wird.

Noch jünger an Jahren war der Elvino des Abends, denn Tenor Stefan Pop ist gerade mal Mitte 20. Pop war schon vor rund einem Jahr einspringender Weise als Alfredo zu Staatsopernehren gekommen. Möglicherweise liegt ihm der Alfredo besser, für das Belcanto-Raffinement fehlte es doch an Feingefühl. Das charakteristische helle Timbre seines Tenors entwickelte sich erst unter leichtem Krafteinsatz – sozusagen ein Nemorino mit aufkeimenden Spinto-Qualitäten. Die lyrischeren Stellen klangen dagegen ziemlich „flach“. Die Stimme dürfte gut in der oberen tenoralen Mittellage fundiert sein und kam dann effektvoll übers Orchester. Die Höhe zeigte sich noch entwicklungsfähig. Pops Rollenzeichnung besaß eine „originale“, jugendliche Naivität, die dem Elvino als etwas unreifem Muttersöhnchen gut anstand. Es wird spannend sein, wie sich Pops vielversprechende Stimme in den nächsten Jahren entwickelt.

Giovanni Battista Parodi gab dem Grafen ein leicht aufgerautes Gepräge. Parodi zählt ebenfalls zu der jungen, aufstrebenden Sängergarde. Aber auch ihn würde ich nicht als Bellini-Belcantisten einstufen. Dass Ileana Tonca über Bühnenpräsenz verfügt, kommt ihr in einer Rolle wie der Lisa sehr zugute. Diese Partie ist eigentlich ziemlich undankbar, hat gleich am Beginn eine nicht ganz unheikle Arie und steht doch immer im Schatten der Amina. Sie meisterte diese Herausforderung (ausgenommen von ein paar etwas zu „unschlank“ ersungenen Spitzentönen). Insgesamt hinterließ das gesamte Ensemble einen guten Eindruck. Die musikalische Leitung lag in den Händen von Evelino Pidò. Seine Dirigat überzeugte durch romantische Klangfülle und Gestaltungsfreude. Das war recht ansprechend.

Das Auditorium spendete knappe fünf Minuten Schlussapplaus und einiges an Bravorufen bei den Einzelvorhängen. Der Stehplatz war nicht sehr gut besucht.

Anmerkungen zur Inszenierung findet man bei der Premierenbesprechung (19.10.2001).