PETER SCHMOLL UND SEINE NACHBARN
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Theater a.d. Wien
23. Jänner 2019
Konzertante Aufführung

Dirigent: Roberto Paternostro

ORF Radio-Symphonieorchester Wien

Peter Schmoll, ein reicher Bankier - Paul Armin Edelmann
Martin Schmoll, sein Bruder und Teilhaber - Thorsten Grümbel
Minette, Martins Tochter - Ilona Revolskaya
Karl Pirkner - Sebastian Kohlhepp
Hans Bast, Peters Faktotum - Christoph Seidl
Niklas, ein Bauer - Johannes Bamberger

Erzähler - Nikolaus Habjan


„Nette Singspielrarität“
(Dominik Troger)

Die Raritätensammler unter den Wiener Opernfans pilgerten an diesem Mittwochabend ins Theater an der Wien, um der konzertanten Aufführung einer Jugendoper von Carl Maria von Weber beizuwohnen: „Peter Schmoll und seine Nachbarn“, eine komische Oper in zwei Akten aus dem Jahre 1802.

Das – nicht erhaltene – Libretto von Joseph Türk basiert auf dem gleichnamigen Roman von Carl Gottlob Cramer, einem Erfolgsautor in diesen Umbruchzeiten, der die Geschichte von Peter Schmoll und seiner Familie, Besitzer eines Bankhauses, vor dem Hintergrund der französischen Revolution und der anschließenden Koalitionskriege erzählt. Die komische Oper ist nach Webers eigenen Angaben bald nach ihrer Entstehung in Augsburg uraufgeführt worden, allerdings ohne Erfolg.

In den frühen 1960er-Jahren hat der Musikkritiker Willy Werner Göttig auf Basis der erhaltenen Gesangsnummern eine spielbare Fassung mit neuem Text erstellt, dabei allerdings auch die Handlung stark verändert. In der Version von Göttig hat sich Peter Schmoll in Minette, die Tochter seines Bruders Martin, verliebt (den Göttig als neue Figur hinzugedichtet hat), die ihrerseits aber in Karl Pirker, ehemaliger Lehrling im Bankhaus Schmoll, verliebt ist. Durch das Erscheinen von Martin Schmoll klärt sich die Lage, und es gibt ein Happy End. Diese Fassung lag der Aufführung im Theater an der Wien zugrunde.

Die konzertante Aufführung war außerdem um Nikolaus Habjan als Erzähler ergänzt worden, der mit einer seiner Puppen antrat (der Köchin Charlotte), die die Handlung um eine weitere Figur ergänzte. Charlotte kommentierte eigenwillig das Geschehen und fungierte neben dem Erzähler Habjan als humoristisches, die einzelnen Musiknummern verbindendes Element. Es mag überraschen, aber die genannten „Köche“ haben den Brei nicht verdorben, sondern es ergab sich eine nette, kurzweilige Aufführung, die dem Singspielcharakter und der Musik von Webers frühem Opus durchaus gerecht wurde. Der Abend dauerte inklusive Pause nur zwei Stunden.

Webers Musik schlägt einen naiven Singspielton an, allerdings mit einer gehörigen Portion Raffinesse versehen, was den Einsatz der Holzbläser betrifft. Überrascht hat die – im Vergleich zur restlichen Oper – fast überdimensionale Ouvertüre, die Weber einige Jahre nach der Komposition des „Peter Schmoll“ zu einer Konzertfassung umgearbeitet und veröffentlicht hat. Stilistisch ist Mozart unverkennbar, man wird auch an die Singspielhandlung des „Fidelio“ erinnert. Manchmal denkt man vielleicht schon an Lortzing und empfindet ganz allgemein „romantische Vorahnungen“. Die Aufführung im Theater an der Wien bewies jedenfalls die Tauglichkeit der Weber'schen Schöpfung, zum Beispiel als Kammeroper.

Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Roberto Paternostro sorgte für eine animierte Begleitung, hätte aber vielleicht noch ein bisschen „spritziger“ aufspielen können. Auf dem Podium kam es zur Wiederbegegnung mit einigen Kräften, denen man ihn Wien gerne öfter begegnen würde. Der Bass von Christoph Seidl ist zu schöner, kavaliersgemäßer Jugendlichkeit erblüht, die vor allem seiner Mittellage eine charmante, kernige Grundierung verleiht. Was Seidl für das Singspiel oder die deutsche Spieloper noch ein wenig abzugehen schien, war die lockere Natürlichkeit eines Komödianten, dem sich der Humor sozusagen „von selbst“ hinzugesellt und der nicht „gespielt“ werden muss. Sebastian Kohlhepp als Zukünftiger von Minette zeigte einmal mehr, dass er derzeit eine der vielversprechendsten lyrischen Tenorstimmen für das deutsche Fach besitzt.

Paul Armin Edelmann lieh dem Peter Schmoll seinen an Mozart geschulten, angenehm timbrierten, schlanken Bariton. Edelmanns Karriere währt jetzt auch schon über zwei Jahrzehnte und seiner Stimme ist wohltuend anzuhören, dass er ihren Wirkungskreis erkannt und sich danach auch bei der Repertoirebildung gerichtet hat. So konnte der Peter Schmoll auch noch nach Liebhaber klingen und das „Don Pasqualeske“ der Figur wurde nicht überzeichnet. Ilona Revolskaya sang eine passend kecke Minette. Thorsten Grümbel als Bruder Schmoll hätte vielleicht einen etwas volltönenderen Bass beisteuern können. Johannes Bamberger gab als Niklas wieder eine Kostprobe seines aufstrebenden lyrischen Tenors.

Das Theater an der Wien war an diesem Abend nur mäßig gefüllt, das anwesende Publikum sorgte für dankbaren, rund fünf Minuten langen Schlussapplaus.