TRISTAN UND ISOLDE
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Wiener Staatsoper
15. März 2017

Dirigent: Mikko Franck

Tristan - Stephen Gould
König Marke - Kwangchul Youn
Isolde - Petra Lang
Kurwenal - Matthias Goerne
Melot - Clemens Unterreiner
Brangäne - Sophie Koch
Hirt - Carlos Osuna
Stimme des Seemanns - Bror Magnus Todenes
Steuermann - Marcus Pelz


Affektierte Isolde trifft auf Naturburschen
(Dominik Troger)

An der Wiener Staatsoper hat Richard Wagners weltentsagendes Beziehungsepos „Tristan und Isolde“ für drei Vorstellungen auf den Spielplan zurückgefunden. Die Aufführungsserie bescherte dem Wiener Publikum jede Menge an Rollendebüts.

Für ein neues Wiener-„Tristan“-Feeling sorgten: Mikko Franck am Pult, Stephen Gould als Tristan, Petra Lang als Isolde, Sophie Koch als Brangäne und Kwangchul Youn als Marke. Aber die ideale Kombination war das nicht – zumindest nach dem Eindruck, den die zweite Vorstellung am Mittwoch hinterließ.

Vor allem der erste Aufzug blieb weit hinter den Möglichkeiten zurück. Schon das spannungslos wie Stückwerk vorgetragene Vorspiel verhieß wenig Gutes – und als Petra Lang mit affektierter Gestik wie ein Isolden-Parodie die Hände rang, konnte kaum noch eine richtige „Tristan“-Stimmung aufkommen. Die Tiefe der Seelenregung war diesem Wildfang schwerlich anzumerken, sie wurde mit kokettem Gehabe überspielt. Lang agierte im ersten Aufzug wie ein ungezogenes Kätzchen, dass dann und wann die Krallen ausfährt, um Brangäne oder Tristan das Gesicht zu zerkratzen. Aber würde sich eine Isolde solch seichtgründiger Gemütsverfassung einen Todestrank brauen lassen? Mit dem zweiten Akt glättete sich dieses überzeichnende Rollenbild. Lang hat zuletzt an der Staatsoper die Brangäne gesungen, also einen Fachwechsel vorgenommen, ohne aber ihren Sopran auf eine breitere Basis zu stellen. Er klang immer wieder stark forciert und schien mir für die Partie eigentlich zu leichtgewichtig. Auch hatte ihre Stimme einen Zug ins Grelle, der sich kaum mit liebedürstender Weltverneinung vertrug.

Das Dirigat von Mikko Franck fand zwar den ganzen Abend lang nicht den großen Bogen und der Spannungsaufbau hielt sich in Grenzen, aber nach dem ersten Aufzug stellte sich ein „movus vivendi“ ein, der letztlich auch den Protagonisten entgegenkam – und vor allem die tenorale Säule, auf die dieser Abend gebaut war, gewähren ließ. Denn selten begegnet man einem Sänger, dem ein Tristan so leicht und locker über die Lippen kommt wie Stephen Gould: so raumfüllend, so konditionsstark und doch so dynamisch differenziert, und der mit markanten, metallisch unterlegten Kraftausbrüchen ebenso begeisterte wie mit dem Legatoschmelz seiner wie von feinem Met überflossenen Tenorstimme, mit der er die Liebesnacht erwärmte. Im ersten Aufzug gab sich dieser Tristan noch (zu) naiv und zurückhaltend, aber auch später gebar er keine von Weltschmerz angekränkelten Helden. Mit großer Natürlichkeit nahm dieser Mann sein Schicksal an, ein ganz „unphilosophisches“ Schicksal, wenn man es so ausdrücken darf, ein „gerader Michel“, dem das Leben schlussendlich übel mitgespielt hat.

Matthias Görne ließ einen verquollen klingenden Kurwenal hören, der erst im dritten Aufzug mehr Konsistenz zeigte, dann auch recht wortdeutlich – ein kernigerer Bariton würde der Partie aber mehr Charakter verliehen haben. Sophie Kochs Brangäne wurde im ersten Aufzug von starkem Vibrato geplagt, im zweiten Aufzug klang ihr Mezzo gehaltvoller. Kwangchul Youn zeichnete ein tief empfundenes Marke-Porträt, allerdings mit einem stark wabernden Bass, der nicht mehr viel Jugendfrische verriet. Clemens Unterreiner war ein effizienter Melot.

Das Publikum schien dem Applaus nach zufrieden und Stephen Goulds Meisterleistung kann am kommenden Sonntag noch einmal bestaunt werden.