TRISTAN UND ISOLDE
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Wiener Staatsoper
Wiederaufnahme
8.10.2000

Dirigent: Semyon Bychkow

Isolde - Waltraud Meier
Tristan - Gösta Winbergh
Brangäne - Mihoko Fujimura
Marke - Matti Salminen
Kurwenal - Peter Weber
Melot - Geert Smits


Von der Transsubstantiation
(Dominik Troger)

Während die Violinen durch das Vorspiel unglaublich zarte Liebesbande wanden, hoffte man schon auf die Erfüllung dieses eigentlich unerfüllbaren Tristan-Traumes. Denn was Wagner anno dazumal in schweizer-venezianischem Liebesschmerz auf das Notenpapier gebannt hat, ist ja wirklich schon von einem geradezu übermenschlichem Anspruch. Nun stand mit Semyon Bychkow auch ein Dirigent am Pult, dem man die Transsubstantiation dieser ekstatischen Leidenschaft schon zutrauen durfte. Es wogte dann über das Vorspiel auch wirklich gleich stürmisch weiter mit Isoldens, Waltraud Meiers, ersten liebesehnsuchtschmerzverzehrenden Ausbrüchen. Aber dann schien die See plötzlich geglättet und erst als der Hafen mit König Marke in Sicht kam, schlug einem dieser Tristan wieder über dem Kopf zusammen. Und so blieb es in Folge, ein im Detail sehr schön musiziertes Erlebnis, dass man nie und nimmer hätte missen wollen, das aber zugleich den Appetit auf die vollkommene Augenblicksvernichtung durch die Musik nicht zu stillen vermochte.
Seltsam, dass mir nach wie vor Zubin Metha als der begnadetere Tristan-Dirigent erscheint, dies umso mehr, weil er sonst bei Wagner oft keine so glückliche Hand bewiesen hat. Aber Metha, der ja für die letzte Aufführungsserie im 97er Jahre verantwortlich zeichnete, hat in diesem Falle jedenfalls mehr inneres Gespür für die so gern zitierten großen Bögen, für das Auf- und Abwogen dieser Musik, das einmal ganz unabhängig von den jeweiligen Gefühlsausbrüchen der Protagonisten zu betrachten ist.
Vielleicht lag es aber auch daran, dass Bychkow letztlich doch zuviel Rücksicht darauf nehmen musste, dass sowohl Meier als auch Gösta Winbergh, ihrem ureigensten Stimmcharakter nach, keine Isolde und kein Tristan sind. Winbergh ist kein Heldentenor. Da fährt, wie man so sagt, die Eisenbahn drüber. Und auch wenn er so manchen Heldentenor in seiner Darstellung und gesanglichen Ausdruckskraft hinter sich ließ, so blieb dieses eine Manko doch immer hörbar und gerade in einem so großen Haus, wie der Staatsoper, beständig präsent. Für Waltraud Meier, die man ja auch nicht als hochdramatischen Heldensopran bezeichnen kann, gilt, - wenn auch eingeschränkt - ähnliches. Aber ihre unnachamliche intensive Rollengestaltung lässt einen gerne über die wenigen Stellen hinweghören, wo eben urgierte Qualitäten gefragt sind. Ob es allerdings langfristig ihrer Stimme gut tut, sich ohne Netz in solchen Partien zu verausgaben, mag stark bezweifelt werden. Einzig bei Matti Salminen als Marke trafen sich alle Wünsche in jener Perfektion, die man als Sternstunde bezeichnen darf und von der man wieder viele Jahre zu zehren hat.
Mihoko Fujimura bot eine solide Brangäne. Geert Smits (Melot) fiel ebenfalls positiv auf, während Peter Webers Kurwenal noch einiges an Feinschliff braucht..
Damit aber kein falscher Eindruck entsteht: Diese Aufführung war wirklich großartig, aber es fehlte dieser letzte Kick, um die Zuhörer in jene Außerzeitlichkeit zu befördern, wo ihre eigene Existenz im wogenden Klangraum zu mystischer Extase fähig wird. Und wem das als zu hochgestochen erscheint: Was ist Isoldes Liebestod anderes als die Überwindung des Daseins im Nirwana der absoluten Liebe?