TANNHÄUSER
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Wiener Staatsoper
20.11.2011

Dirigent: Franz Welser-Möst

Hermann, Landgraf von Thüringen - Sorin Coliban
Tannhäuser - Stephen Gould
Wolfram von Eschenbach - Matthias Goerne
Walter von der Vogelweide - Herbert Lippert
Biterolf - Alexandru Moisiuc
Heinrich der Schreiber - Peter Jelosits
Reinmar von Zweter - Il Hong
Elisabeth, Nichte des Landgrafen - Anne Schwanewilms
Venus - Iréne Theorin
Ein junger Hirt - Ileana Tonca
Vier Edelknaben - Anna-Maria Birnbauer, Arina Holecek,
Kaya Maria Last, Jozefina Monarcha


Vom Siegfried zum Tannhäuser
(Dominik Troger)

„Tannhäuser“ an der Staatsoper. Viele Rollendebüts sorgten für eine spannende Vorstellung. Im Mittelpunkt des Interesses: Stephen Gould in der Titelpartie.

Letzten Sonntag noch „Götterdämmerungs“-Siegfried, diesen Sonntag Rollendebüt als „Tannhäuser“. Aber Stephen Gould hat seine blendende Siegfried-Form „konserviert“. Vom Beginn bis zum Finale war Gould mit kraftvollem, wortdeutlichem Gesang unterwegs. Sein Tannhäuser sprühte voll jugendlicher Energie, ganz ohne leidenden, selbstquälerischen „Unterton“. Gould ließ schon im Venusberg des ersten Aufzugs stimmlich „nichts anbrennen“, bewahrte sich im zweiten Aufzug eine erstaunliche Durchschlagskraft und liefert als Draufgabe noch eine packende Romerzählung. Dabei war seine Stimme fast immer locker, so als wäre es für sie die größte Selbstverständlichkeit, den Tannhäuser zu singen.

Johan Botha, der in der Premiere vor eineinhalb Jahren die Titelpartie verkörpert hat, hat die Rolle subtiler, lyrischer, musikalisch feiner gesungen, wirkte aber in einigen Passagen stimmlich deutlich „gestresst“. Botha war mehr der „Minnesänger“, Gould brachte dank seiner breiteren, hellen Mittellage, mehr den „Heldentenor“ zum Vorschein – und solange sich seine Stimme so flexibel zeigt wie an diesem Abend, hat man als Zuhörer damit mehr gewonnen als verloren. An Goulds Leistung darf man auch künftige Rollenvertreter messen. Es wird in seiner Generation nicht viele geben, die ihm derzeit das Wasser reichen können.

Anne Schwanewilms rollendebütierte als Elisabeth. Was Gould an Jugendlichkeit in die Partie einbrachte, hat auf Elisabeth nicht abgefärbt. Schwanewilms Sopran wirkte auf mich etwas kühl, rollendeckend, aber nicht erblühend. Auch im Spiel blieb mir die Sängerin zu distanziert. Ihre Elisabeth schien verhärmt, ihr Leid zu tief in der Seele vergraben. Das Gebet im dritten Aufzug war für ihren Stimmcharakter passender.

Iréne Theorin stellte sich als Venus erstmals dem Wiener Publikum vor. Die schwedische Sängerin ist – laut Kurzbiographie auf dem Programmzettel – eifrig im hochdramatischen Fach unterwegs. Sie bot eine emotional intensive Venus, das kurzwellige Flackern ihrer nicht mehr ganz „frisch“ klingenden Stimme war aber schwer zu überhören. Die Höhen zeigten schon eine Tendenz zur Grellfärbung. An diesem Abend war ihre expressive Art ein Gewinn und belebte positiv die in dieser Inszenierung langatmige Venusberg-Szene.

Matthias Görne war wieder als Wolfram zu hören. Seine „romantisch-lyrische“ Rollenauslegung ist Labsal in dieser – ich denke, man darf das inzwischen so schreiben – missglückten Inszenierung von Claus Guth. Görnes Bariton klingt immer ein bisschen weich und „gaumig“– mal weniger, an diesem Abend wieder etwas mehr. Das hebt die Stimme deutlich von den Mitsängern ab und mag etwas gewöhnungsbedürftig sein.

Ein weiterer Rollendebütant: Sorin Coliban als jugendlich wirkender Hermann mit schönem Bass. Für meinen Geschmack sollte der Landgraf eine gesetztere Stimme haben, ist er doch ganz Autoritätsperson und gegenüber Elisabeth „väterlicher“ Ratgeber.

Herbert Lippert gab ein gelungenes Rollendebüt als Walther von der Vogelweide: ein gefestigter lyrischer Tenor, sicher, aber von begrenzter Strahlkraft. Ileana Tonca sang den Hirten (noch ein Rollendebüt) – die Partie bedarf vielleicht einer leichteren Stimme. Die Version mit dem Sängerknaben Alois Mühlbacher in der Premierenserie hat auf mich authentischer gewirkt.

Der Abend begann sehr geruhsam und schien sogar im ersten Aufzüngeln des Venusbergs noch die Müdigkeit eines hochnebeligen Novembersonntags zu spüren, aber gegen das Ende der Ouvertüre hin setzte Franz Welser-Möst schon eine heftige musikalische Steigerung. Der Abend gestaltete sich in Folge recht ansprechend mit einer guten Mischung aus Spannung- und Entspannung, sinnlichem Streicherspiel und heftigeren Orchesterausbrüchen. Das summierte sich im Verein mit den Sängern zu einem gelungenen Wagner-Abend, der vom Publikum beim Schlussvorhang mit knapp zehnminütigem Beifall bedacht wurde.