SIEGFRIED
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Wiener Staatsoper Dirigent: Peter Schneider |
Siegfried
- Stefan Vinke |
„Viele
Rollendebüts“ Die Wiener Staatsoper ist im ersten „Ring“-Durchgang dieser Saison beim „Siegfried“ angekommen. Jede Menge an Wiener Rollendebüts gaben dem Abend einen zusätzlichen Reiz. Stefan Vinke gab sein Staatsopern-Rollendebüt als Siegfried. Ein Vergleich mit Stephen Gould, der in den letzten Jahren zu dem Wiener Siegfried avanciert ist, lag auf der Hand: Bei Vinke ist Siegfried mehr der Halbstarke und weniger der naive Held, der seine Aggressivität gegenüber Mime unter einem natürlich-fröhlichen Gemüt verbirgt. Das hat auch damit zu tun, dass Gould über eine reicher timbrierte Stimme verfügt, als der sehnigere Vinke, der mit einem helleren, einfärbigen und nicht gerade ausdrucksstarken Tenor ans Werk geht. Vinkes Stimme scheint nicht übermäßig groß, aber gut fokussiert zu sein, und – nicht minder wichtig – mit ausreichend „Metall“ und viel sportlicher Ausdauer gesegnet. Er hat sich im ersten Aufzug nicht geschont, sehr gute Schmiedelieder gesungen, und auch im Finale mit Brünnhilde bestanden. Die lyrischen Passagen – zum Beispiel die im Wagner’schen Märchenwald geäußerte Muttersehnsucht des Helden – entwickelten aber nur eine eher rudimentäre Poesie. (Das Flötenschnitzen gelang Vinke übrigens mit viel Humor. Diese Einlage hat etwas „Papagenohaftes“ an sich, sie soll dem Publikum wahrscheinlich noch einmal die ganze knabenhafte Unverdorbenheit dieses Kerls vermitteln und ihm Sympathie einbringen, bevor es ans blutige Drachenschlachten geht.) Wolfgang Ablinger-Sperrhacke hat bei seinem Wiener Rollendebüt ebenfalls zu überzeugen gewusst. Er sang den Mime ausgesprochen wortdeutlich und fast schon zu „schön“, hätte da und dort ruhig ein wenig mehr zwergische Grellheit einbringen können. Auch im Spiel blieb er humorvoll pointiert, seriös, gönnte er sich weder gesanglich noch darstellerisch eine Anflug von bissiger Karikatur. Mag sein, dass die Verschlagenheit dieses Charakters dadurch ein wenig auf der Strecke blieb, ebenso wie das Wehklagen der gepeinigten Kreatur. Tomasz Konieczny hat nach der Absage von Bryn Terfel den Wanderer übernommen. Koniecznys energiegeladener und markiger Bassbariton war ein großer Mehrwert an diesem Abend. Er mischte schon den ersten Aufzug auf, der bis zu seinem Auftritt etwas zähflüssig geraten war. Überhaupt waren die „Nebenfiguren“ an diesem Abend stark präsent: das „amikale“ Zwiegespräch zwischen Wanderer mit Alberich in Person von Jochen Schmeckenbecher ebenso von großer Intensität wie die Erdaerweckung, bei der Okka von der Damerau mit ihrem Wiener Rollendebüt sich gleich in die Herzen und Ohren der Wiener Wagnerfans gesungen hat: was für eine edle und gehaltvolle Stimme. Hier konnte man endlich wieder einmal die Tiefe dieser Rolle spüren und ihre urmythische Verbundenheit mit dem „Weltganzen“. Sorin Colibans Fafner brachte seinen Gusto auf Trank und Fraß mit orgelndem Bass zum Ausdruck, und das Waldvögelein der Hila Fahima (auch Rollendebüt am Haus) lockte Siegfried mit amselhaft flüchtiger Grazie. Petra Langs erste Wiener „Siegfried“-Brünnhilde behagte mir weniger: ein für mich zu deutlich auf Sopran „frisierter“ Mezzo, der aber für meinen Geschmack schon eine Spur zu schlank geriet – in der Mittellage nicht sehr breit basiert. Die Spitzentöne gelangen zwar mit unterschiedlicher Qualität, aber hier vermochte Lang im Vergleich zu schon gehörten „Siegfried“-Brünnhilden durchaus zu reüssieren. Für die „Götterdämmerung“ vermag sie hoffentlich mehr an heldischer „Gravität“ aufzubringen. Peter Schneider am Pult zählt beim „Ring“ nicht gerade zu den Geschwindigkeits-Weltrekordhaltern. Der Abend dauerte bei weitgehend konzentriertem Spiel und genussvoll ausgekostetem „wienerischem Klangerleben“ bis gegen halb Elf. Fazit: Viel Applaus gab es am Schluss für die laut Programmzettel 21. „Siegfried“-Aufführung in der aus dem Jahr 2008 stammenden Inszenierung von Sven Erik Bechtolf. |