SIEGFRIED
|
Home |
Wiener Staatsoper Dirigent: Franz Welser-Möst |
Siegfried
- Stephen Gould |
„Wagner-Geburtstags-Ring:
Siegfried“ Schwüles Gedünst umwaberte die Staatsoper schon am späten Nachmittag, als sich der Vorhang zum „Siegfried“ hob. In der zweiten Pause zeigte sich Wotan im Osten. Von einigen Blitzen begleitet jagte er, hinter dunklem Gewölk verborgen, zum Brünnhildenstein. Die Feuerpolizei räumte sicherheitshalber knapp vor Ende der Pause die Terrassen wegen Unwettergefahr. Die Fortsetzung gabs dann im Haus: Wotan beschwor Erda, diskutierte ausführlich mit Siegfried und räumte dann mehr oder weniger freiwillig das Feld. Tomasz Konieczny war auch als Wanderer stimmkräftig und „angriffig“, und der Sänger hat mit diesem „Ring“ seinen Weg zum Wotan gemacht: einem machthungrigen Wotan, mehr energiegeladen als stimmschön, getragen von einer starken Bühnenpräsenz. Wotan als umtriebiger und unermüdlicher Agitator, der schlussendlich und konsequenter Weise sogar eine Revolution gegen sich selbst anzettelt? Dieser Wotan ging „sehenden Auges“ in den Untergang – ein Resultat gescheiterter Machtpolitik und ohne romantisierende Weltverneinungsgelüste. (Der„Walküren"-Wotan gelang ihm mitreißend, beim Wanderer war der dritte Aufzug nicht mehr ganz so überzeugend, der „Rheingold"-Wotan kam an beide nicht heran.) Stephen Gould zeichnete den Siegfried wieder mit der ihm eigenen Unbekümmertheit. Kraftvoll und locker sang er sich durch den Abend, in Spiel und Ausdruck ein bisserl „bärig“, juvenil-naiv, und wenns drauf ankam brutal, mit einem biegsamen Heldentenor ausgestattet, dessen leicht baritonaler Glanz auch in den kraftfordernden Passagen nicht verloren ging. Er bildete mit Nina Stemme ein ideales Paar. Stemme sang eine ausgezeichnete Brünnhilde, mit warmgetönten, kraftvollen Spitzentönen. In der Walküre wirkte Stemme auf mich in Spiel und Emotionalität eine Spur zu statisch, aber diese Partie hat die Sängerin noch nicht so lange im Repertoire. Die „Siegfried“-Brünnhilde hat Stemme schon 2008 in der Premiere dieser Produktion gesungen – wie Gould den Siegfried. Und beide sind inzwischen in diese Partien hineingewachsen und eine Klasse für sich. Gerhard A. Siegel sang und spielte einen köstlich-geifernden Mime, mit stark konsonantenbetonendem und wortdeutlichem Gesang. Den ersten Aufzug wird man zu den Höhepunkten dieses „Rings“ zählen dürfen: Gould mit fulminantem Schmelz- und Schmiedelied, Siegel als boshaft-kindischer Alberich, und Konieczny als forscher Wanderer, der dann – und das ist einer der wirklich guten Regieeinfälle dieser Inszenierung – Mime sogar die Daumenschrauben anlegt. Wolfgang Bankl tat sich mit dem Alberich an diesem Abend leichter als im „Rheingold“, auch Anna Larssons Erda war besser bei Stimme. Ain Anger vermochte als Fafner bedrohlich zu wirken, aber auch zu berühren; etwas „leichtgewichtig“ das Waldvögelein (Iride Martínez). Schade, dass das Orchester auch im „Siegfried“ meinem Eindruck nach nicht zur Bestform aufgelaufen ist. Es wurde meist in „Einheitslautstärke“ gespielt, die feinere dynamische Abstufungen vermissen ließ. Das Klangbild war mehr „grobkörnig“, als von feingewebter Transparenz. Bei eher flottem Dirigat durch Franz Welser-Möst ging die situationsausdeutende Spannung und Emotionalität oft verloren. Der Schlussapplaus dauerte eine Viertelstunde lang – alle wurden umjubelt, natürlich Gould und Stemme besonders stark. Schon nach dem zweiten Aufzug durfte sich Gerhard A. Siegel über viele Bravorufe freuen. Am
Mittwoch endet der „Ring“ zum 200. Geburtstag von Richard
Wagner mit der „Götterdämmerung“ punktgenau zum
Jubiläum. Beginnzeit 16:30! |