„Zu wenig gewürzt“
(Dominik Troger)
An
der Staatsoper eilen die Götter wieder ihrem Ende zu: der zweite
„Ring“-Durchgang hat am Freitagabend mit dem „Rheingold“ begonnen – und
hätte insgesamt mehr Würze gut vertragen.
Die
„Rheingold“-Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf bietet eine Mischung
aus nibelungengeprägter „Trivialkultur“ und „bürgerlicher Komödie“, die
ein anarchischer Loge zusammenhält. Sie hat ihre Reize, die in dieser
Vorstellung aber nur zum Teil ihre Wirkung entfalteten.
Zuallererst musste die Aufführung einen blassen Göttervater verkraften. Iain Patersons
Wotan erwies sich wieder als Kompromiss zwischen eher nüchternem
Timbre, zu wenig Stimmkraft, gepaart mit einiger Ausdauer. Dergleichen
löst schwer Begeisterungsstürme aus. Und die paar Buhrufe, die
sich beim Einzelvorhang in den Applaus mischten, klangen schon nach
einem enttäuschten Gesamtresümee seiner bisher doch recht farblosen
Wotan-Auftritte beim Staatsopern-„Ring“ 2025.
Die von der Regie vorgesehenen goldgierigen „Comic-Posen“ Alberichs und der sich intellektuell
schlängelnde Loge-Witz sind auch nicht wirklich zur Geltung gekommen. Jochen Schmeckenbechers Alberich
blieb zu ungefährlich, auch wenn er am Nibelungen nicht mit bösartigem
Humor gespart hat. Sein Bariton ist weicher, die Zurschaustellung
seiner Eroberungelüste, etwa wenn er im ersten Bild auf den großen
Rheingold-Kristall klettert, fehlte der Hang zur grellen Überzeichnung,
auf den die Regie abstellt. Das ist auch eine Frage des Typs, für den
Schmeckenbecher im Rahmen dieser Inszenierung letztlich zu seriös
bleibt. Ähnlich ging es mit Daniel Behles schön vorgetragenem Loge, der den züngelnden Intellekt hätte mehr konturieren können: öfters klang er mir auch zu leise.
Michael Laurenz hat im
letzten Staatsopern-„Ring“ vor zwei Jahren einen sehr guten Loge
gesungen – und jetzt gibt er einen nicht minder überzeugenden,
wortdeutlichen, zwergisch manieriert klagenden Mime. Nach dem Eindruck
vom ersten „Ring“-Durchgang war das keine Überraschung und lässt auch
von der kommenden „Siegfried“-Vorstellung am Mittwoch erwarten, dass
Michael Laurenz und Andreas Schager ihre „Familienstreitigkeiten“
wieder pointiert und kraftvoll austragen werden.
Als Entdeckung dieses „Rings“ darf schon jetzt die Edda von Anna Kissjudith bezeichnet werden, in deren Stimme sich die Tiefe von Erdas Urwissen apart spiegelte. Bekannt bewährt brachte sich Jörg Schneider als Froh ein und Regine Hangler war eine selbstbewusste und sopranstrahlende Freia; Monika Bohinec eine nicht minder selbstbewusste Fricka. Die beiden Riesen Ilja Kazakov und Kwangschul Youn hätten noch eine Spur bedrohlicher ausfallen können. Martin Häßlers Donner blieb mehr ein Wetterleuchten, bewährt die Alberich lockenden Rheintöchter.
Die Vorstellung begann sofort nach der Handy-Ausschalten-Lautsprecherdurchsage, Philippe Jordan
hatte schon seinen Platz eingenommen, ganz ohne Auftrittsapplaus. Das
Vorspiel klang aufgeraut: Dem Werden ist schon der Untergang eingeprägt
– ein philosophischer Beginn. Und Jordan schien einen Mittelweg zu
suchen zwischen der Pointiertheit des Konversationsstücks und breiter
angelegten Zwischenspielen. Die Hörner hatten – wie schon in der
„Götterdämmerung“ – ein paar „suboptimale“ Momente. Der Schlussapplaus
lag bei zwölf oder dreizehn
Minuten.
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