LOHENGRIN
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Wiener Staatsoper
4.10.2009

Dirigent: Leif Segerstam

Heinrich der Vogler - Ain Anger
Lohengrin - Peter Seiffert
Elsa von Brabant - Petra Maria Schnitzer
Friedrich von Telramund - Wolfgang Koch
Ortrud, seine Gemahlin -
Petra Lang
Der Heerrufer des Königs -
Markus Eiche
Vier brabantische Edle - Franz Gruber, Dritan Luca, Michael Wilder, Mario Steller
Vier Edelknaben - Jung Won Han-Gallaun, Maria Gusenleitner, Zsuzsanna Szabó, Evelyn Saul
Vier Kammerfrauen - Wilma Maller, Hannelore Auer, Jozefine Monarcha, Gabriella Bessenyei


Lohengrin nach altem Rezept
(Dominik Troger)

Man spielt „Lohengrin“ und keiner geht hin? Ganz so weit ist es noch nicht, aber der schlecht besuchte Stehplatz, auffallende Lücken im hinteren Parterre und zumindest zwei leere Logen, sind doch eher unüblich. Für die Sonntagnachmittagsvorstellung am 11.10. gibt es noch (Onlineverkauf, Stand 5.10.) um die 650 (!) Karten, vor allem im teuren Segment. Ist ein Schelm, wer denkt, dass das mit der Inszenierung von Barrie Kosky zu tun haben könnte?

Direktor Holender war sogar persönlich im Haus, um sich wieder einmal an dem neongelben Osterhasen zu erfreuen und dem ebenso gefärbten Plastikkirchlein. Doch es wäre ungerecht, hier nur die Optik zu bemühen: Koskys Idee von der „blinden Elsa" ist leider keine wirklich gute gewesen - obwohl sicher eine sehr interessante.

Nein, Ironie aus, interessant ist sie, aber schwer auf der Bühne zu realisieren - noch dazu in einem Repertoirebetrieb mit wechselnden Besetzungen. Außerdem - und das muss man Kosky einfach vorwerfen, hätte es einer viel aufwendigeren und zwingenderen Personenführung bedurft, um Elsas Blindheit in die Wagner'sche Bühnendramatik einzubinden. Wobei sein Versuch, die Handlung quasi als inneres Erleben Elsas darzustellen, in einem vor allem in Schwarz- und Grautönen gehaltenen Bühnenbild (bis auf die paar grellen Plastikelemente), letztlich doch wieder schwer auf die Optik drückt. Das Kunststück, die Zuschauerschaft „wie eine Blinde" sehen zu lehren, ist ein ziemlich schwieriges.

Die vielgescholtene Vogelprozession im zweiten Aufzug halte ich persönlich nach wie vor für die einzige wirklich gelungene Szene, allerdings nur dann, wenn man sie nach dem romantisch-poetischen Gehalt der begleitenden Musik beurteilt und als Visualisierung der blinden Elsa versteht. Sie hat etwas zutiefst melancholisches und doch schwingt im Leuchten der weißen Blumenstraußblüten auf der halbdunklen Bühne eine unschuldige Hoffnung mit. Aber es ist mir durchaus bewusst, dass dieser persönliche Eindruck kaum mehrheitsfähig ist. Immer wieder amüsant anzusehen ist Lohengrins grotesk-mächtige Fernwirkung im Gottesgericht. Et cetera. Kaum zu glauben, dass es diese Produktion schon auf 25. Aufführungen gebracht hat.

Musikalisch bot der Abend wieder das Vergnügen von Leif Segerstams „old fashioned“ Wagnersound, der dem Staatsopernorchester sehr gut steht. Das Vorspiel allein war schon eine Freude, die herrlichen Violinklänge, die Bläserschichte darüber gelegt, das ruhige Einschwingen, die im Klang immer klare, ganz aus dem Fluss der Musik entwickelte mächtige Steigerung. Der Finne behandelt Wagner ohne Ressentiments oder psychologische Verfeinerung. Er belässt den Instrumenten ihre Feinfühligkeit, aber auch ihr Gewicht und ist dabei auf Wohlklang ebenso bedacht wie auf eine nachvollziebare dynamische Differenzierung.

Die Besetzung bot erprobten Wagnergesang auf hohem Niveau. Elsa und Lohengrin stellten ein bekanntes Sängerduo: Petra Maria Schnitzer und Peter Seiffert. Peter Seiffert ist nach wie vor ein stattlicher Lohengrin, dessen Stimme mir persönlich für die Partie inzwischen schon eine Spur zu „schwer“ geworden ist. Das ätherische Leuchten des Grals wurde kaum mehr zum Klingen gebracht, eine gewisse Anspannung in der Höhe war offenbar nicht unvermeidbar. Das stärkte einerseits die Dramatik, nahm der Figur aber viel von ihrem überirdischen Charisma. Petra Maria Schnitzer bot als Elsa ebenfalls eine irdischere Variante, weniger die verträumte Maid. Ihre besondere Stärke lag, wie auch in früheren Aufführungen, in der Brautgemachszene, wo Elsas innere Kämpfe dramatisch akzentuiert wurden.

Als Telramund debütierte Wolfgang Koch. Es war ein überaus gelungenes Debüt. Seine Stimme ist noch frisch genug, um wortdeutlich alle Register des Ausdrucks zu ziehen und sich dabei eine gewisse Kantabilität zu bewahren. Petra Lang sang eine raumfüllende Ortrud, herausfordernd, manchmal schon eine Spur zu stark das dramatische Potential ihrer Stimme forcierend. Ihre Ortrud ist eine selbstbewusste, gebildete Frau, ganz im Gegensatz zur träumerischen Elsa.

Ain Angers König Heinrich war mir zu wenig autoritär und markig, was an dem Timbre seines Basses genauso liegt, wie an der Inszenierung, die den obersten Heerführer ein wenig belanglos durch die schwarzgraue von haarbüstenartigen Antennen gezeichnete Landschaft führt. Markus Eiche sang einen schönstimmigen, gar nicht brüllenden Heerrufer. Stark präsent war der Chor.

Der starke Schlussapplaus für den musikalisch ansprechenden Wagner-Abend dauerte rund zehn Minuten.