LOHENGRIN
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Wagner-Portal

Wiener Staatsoper
23.11.2008

Dirigent: Leif Segerstam

Heinrich der Vogler - Ain Anger
Lohengrin - Robert Dean Smith
Elsa von Brabant -
Camilla Nylund
Friedrich von Telramund - Falk Struckmann
Ortrud, seine Gemahlin -
Janina Baechle
Der Heerrufer des Königs -
Morten Frank Larsen
Vier brabantische Edle -
Thomas Köber, Wolfram Igor Derntl,
Hiro Ijichi, Jens Musger

Vier Edelknaben - , Krisztina Exner, Regina Knauer,
Senta Fischer, Arina Holecek
Vier Kammerfrauen - Secil Ilker
, Denisa Danielova
Eliza Zurmann, Martina Parzer


Wagner - nicht nur für Nostalgiker
(Dominik Troger)

Die letzte von drei „Lohengrin“-Vorstellungen an der Wiener Staatsoper erfreute mit hochromantischem Orchesterklang und einer guten Ensembleleistung.

Mit Leif Segerstam, dem finnische Komponisten und Dirigenten, sind Wiener Wagnerianer derzeit auf dem Nostalgietrip. Seit seinem „Tristan“ vor zwei Jahren hat sich schnell herumgesprochen, dass man bei ihm noch Wagner „pur“ genießen kann, mit herrlich, warmstrahlendem Blech und sattgrundierten Streichern, die sich in langgeatmeten Bögen von Höhepunkt zu Höhepunkt schwingen. Da werden ein paar Jahrzehnte Interpretationsgeschichte lückenlos übersprungen und Segerstam wird zum mythenformenden Epiker mit dem Taktstock, der von langer weißer Haarpracht und einem Rauschebart umwölkt in seiner Jurte sitzt und mit verschmitztem Lächeln zu erzählen beginnt.

Besonders eindrucksvoll gerieten beispielsweise die Raumwirkung im Zwischenspiel im dritten Aufzug oder im Vorspiel die Schichtung der Streicher und der Bläser, die sich wie eine langsam aufstrahlende Woge zum Glanze des Grals entfalteten oder der mitreißend huldigende Schluss des ersten Aufzugs. Dazwischen gab es immer wieder diese Momente voll schwelgerischer Sehnsucht, die nicht verhetzt oder analytisch gebrochen, sondern mit romantischem Pathos ausgekostet wurden. Freilich, man musste sich dabei auf Segerstams Zeitmaß einlassen, der – wohl auch aufgrund seiner körperlichen Konstitution – eine gewisse irdene Trägheit mitbringt, die er aber als festgebaute Basis für seine breit konzipierten musikalischen Höhenflüge nützt. Willig folgte ihm das Orchester ins Reich der Sagen und Märchen und staffierte dieses mit fülligem Wohlklang aus: ein Genuss – nicht nur für Nostalgiker.

Das schwerblütige romantische Element kam bei den Debütanten dieser Aufführungsserie Robert Dean Smith (Lohengrin) und Camilla Nylund (Elsa) weniger zum Tragen. Robert Dean Smith sang einen mehr lyrisch ausgeformten Titelhelden, dessen Stimme im großen Staatsopernraum vor allem im ersten und zweiten Aufzug im Dramatischen ein wenig gepresst klang. Sehr schön hingegen und gerade richtig dosiert gelang die Brautgemachsszene – die in dieser Inszenierung bekanntlich „halbkonzertant“ vor dem Vorhang spielt, der saugenden Akustik der sonst weit geöffneten Bühne enthoben. Darstellerisch folgte Smith brav den seltsamen Anforderungen der Regie, wodurch die Schwächen dieser Produktion mehr bloßgelegt als übertüncht wurden (etwa beim insgesamt nur mehr als skurill zu bezeichnenden Zweikampf mit Telramund). Smith ist an einem kleineren Haus sicher eine ganz vorzügliche Besetzung. An der Staatsoper wird er zwangsläufig an Johan Botha und Peter Seiffert gemessen werden – ein Vergleich, bei dem er aufgrund seiner schlankeren, weniger raumgreifenden Mittel schwer reüssieren kann.

Camilla Nylunds Sopran wirkte etwas gestresst und eine Spur zu leise, zeigte in den dramatischen Passagen ein deutliches Flackern, so richtig zum Strahlen kam die Stimme kaum. Ihre Stärken lagen in den mehr lyrisch betonten Momenten. Auch ihr kam im Brautgemach das Bühnensetting mit seiner Auditoriumsnähe sehr entgegen, in der sich das Lyrisch-tragische der Situation überzeugend abmischte. Schauspielerisch konnte sie die Rolle der blinden Elsa glaubwürdig vermitteln (auch wenn man als Zuschauer von Aufführung zu Aufführung mehr an der Sinnhaftigkeit dieses Regieeinfalls zweifelt).

Von der Durchschlagskraft konnte nur Falk Struckmann als Telramund mithalten, seine Wagner Bösewichte haben das nötige stimmliche Gewicht und gefallen sich mit düster-verschlagenem Charakter in der Heldenpose. Janina Bächle versuchte es ihm gleich zu tun, energiegeladen ging sie ans Werk. Zusammengespannt ergaben die beiden ein bewährtes Paar heidnischen Aufbegehrens, dass vielleicht ein bisschen zu plakativ die Lichterfluten der Lohengrinwelt schwarznächtig umfärben möchte.

Ain Anger (ebenfalls Rollendebüt in dieser Serie) klang mir als König Heinrich mehr wie ein Prinz, die Stimme ist vielleicht noch eine Spur zu weich im Timbre, was ihr an Autorität kostet. Der Heerufer von Morten Frank Larsen (noch ein Debütant in dieser Lohengrin-Serie) war solide gesungen, mit einigen schönen, schon metallisch überhauchten Momenten.

Das Publikum spendete am Schluss reichlichen Beifall für alle Mitwirkenden, bei nicht all zu langem Applaus (etwas unter 10 Minuten).