LOHENGRIN
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Staatsoper
27. April 2025

Musikalische Leitung: Christian Thielemann

Heinrich der Vogler - Günther Groissböck
Lohengrin - Klaus Florian Vogt
Elsa von Brabant - Camilla Nylund
Friedrich von Telramund - Jordan Shanahan
Ortrud, seine Gemahlin - Anja Kampe

Der Heerrufer des Königs - Attila Mokus
Vier brabantische Edle - Juraj Kuchar, Wolfram Igor Derntl, Panajotis Pratsos, Ferdinand Pfeiffer

Vier Edelknaben - Lühn-Skibinski Daliborka, Segarra Maria Isabel, Jefferies Charlotte, Nakayama Mari

„Zum Glück gibt es die Musik
(Dominik Troger)

Weiter geht es mit den Christian-Thielemann-Festspielen an der Wiener Staatsoper. Auf die „Arabella“ folgte der „Lohengrin“. Camilla Nylund reiste von der Donau gleich an die Schelde und aus dem „Serebrennikov-Parsifal-Gefängnis“ wurde eine Woche nach Ostern eine ganze Abteilung einsitzender Sänger nach Brabant abkommandiert.

In Brabant sieht es allerdings auch nicht so toll aus, die „Lohengrin“-Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito ist vor allem eine schlechte Parodie. Ob Chefredakteur Klingsor Feuilletonleiterin Kundry mit heißem Kaffee anschüttet oder ob Lohengrin aus der Brabanter-Kanalisation „miechtelt“ – einen großen Qualitätsunterschied kann ich nicht darin erkennen. Spannender ist, dass Sergio Morabito in der neuen Saisonvorschau nicht mehr als Chefdramaturg des Hauses aufscheint – woran sich aber mangels weiterer Informationen jetzt keine weiteren Gedanken knüpfen lassen. Und weil ich mir auch weitere Gedanken über diese missratene „Lohengrin“-Inszenierung mit ihrer „Täter-Opfer-Umkehr“ ersparen möchte, sei gleich auf den musikalischen Teil des Abends eingegangen.

Die Titelfigur war bei Klaus Florian Vogt wieder sehr gut aufgehoben, der nach dem österlichen Staatsopern-„Parsifal“ den Vater mit dem Sohn eingetauscht hat. Er  passte mit seiner hellen Gralsstimme zwar nicht in dieses halblustige Inszenierungskonzept, hob aber zusammen mit dem Orchester unter Christian Thielemann den „Marktwert“ der Aufführung beträchtlich.

Vogts Tenor gibt seit vielen Jahren die Partie in unanfechtbarer Qualität, die Mittellage ist über die Jahre etwas kräftiger und breiter geworden,  und wo es passt, lässt er Wagners Text mit knabensopranartiger Keuschheit erblühen. Das gefällt zwar nicht allen im Publikum, ist aber klug kalkuliert, und taucht die Figur in eine engelsgleiche Milde, die einem „Gralsboten“ gut ansteht. Selbst seine Liebe zu Elsa hat etwas Ätherisches an sich: eine Lichtgestalt eben, ein Gottgesandter – und sogar im Brautgemach meint man zu spüren, dass diesem Lohengrin das gnadenvolle Seelenheil seiner Angetrauten wichtiger sein könnte, als sehr menschliche Bedürfnisse.


Camilla Nylund war unlängst als Arabella im Gesamteindruck überzeugender. Ihre erste Wiener Elsa liegt aber auch schon siebzehn Jahre zurück. Die Naivität Elsas ist ein wenig den Karrierejahren zum Opfer gefallen, auch wenn ich schon früher den Eindruck hatte, dass ihr im Vergleich die Richard-Strausschen-Frauenfiguren besser liegen. Nylunds Elsa spielte ihre Stärken vor allem im zweiten und dritten Aufzug aus, die Stimme klang insgesamt etwas fahl und unstet. Anja Kampe, in Wien zuletzt als von heißem Kaffee bedrängte Journalistin Kundry im Einsatz, gab eine robuste Ortrud, stimmkräftig, wo es darauf ankam; Jordan Shanahan war ein zahmer Telramund, von der Inszenierung fast schon tolpatschig zu nennender Lächerlichkeit preisgegeben.  

Das „Königtum“ war diesem Abend kein „Aushängeschild“ – bei Günther Groissböck hat womöglich der Gefängnisaufenthalt im Serebrennikov-Gulag noch nachgewirkt, wo er unter dem Decknamen „Gurnemanz“ in Haft gewesen ist; auch der Heerrufer (Attila Mokus) hat seit der Premiere stimmlich nicht zugelegt. Heinrichs chorale Mannen haben kräftig getönt, das sollen sie auch.

Christian Thielemann hat wie in der Premierenserie letzte Saison vom feinen Gralsglänzen bis zum martialischen Heerlager die ganze Bandbreite seiner Wagner-Exegese ausgekostet. Die Violinen feilten am Beginn des Vorspiels allerdings noch an der klanglichen Feinadjustierung. Insgesamt kann man sich wie nach der ersten „Arabella“-Aufführung noch eine Steigerung im symbiotischen Verschmelzen aller Teile vorstellen – die Inszenierung ausgenommen, die ist nicht mehr zu retten. Weitere „Lohengrin“-Aufführungen folgen noch am 1. und 4. Mai.

Die Länge des Schlussapplauses lag bei einer Viertelstunde, was heutzutage schon beachtlich ist. Den deutlich stärksten Applaus gab es für Vogt und Thielemann, in den schwächeren Beifall für König Heinrich mischten sich ein paar Buhrufe.