LOHENGRIN
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Wiener Staatsoper
28. Oktober 2018

Dirigent: Simone Young

Heinrich der Vogler - Kwangchul Youn
Lohengrin - Andreas Schager
Elsa von Brabant - Alza van den Heever
Friedrich von Telramund - Evgeny Nikitin
Ortrud, seine Gemahlin - Petra Lang
Der Heerrufer des Königs - Clemens Unterreiner
Vier brabantische Edle -
Wolfram Igor Derntl, Daniel Lökös, Johannes Gisser, Jens Musger
Vier Edelknaben - Kyoko Nukumi, Irena Krsteska, Anna Lach, Sabine Kogler

* Rollendebüt am Haus


Laut wars
(Dominik Troger)

Die Wiener Staatsoper hat die Saison 2018/19 nicht gerade zum „Richard-Wagner-Jahr“ erklärt. Ganze 11 Aufführungen verteilen sich im Spielplan über zehn Monate. Den Beginn der immer spärlicher werdenden Wagner-Pflege im Haus am Ring machte eine „Lohengrin“-Serie mit einem mit Spannung erwarteten Rollendebüt: Andreas Schager in der Titelpartie.

Regisseur Andreas Homoki und Dramaturg Werner Hintze haben sich eine ganz besondere „Lohengrin“-Version nach Wagners Opus ausgedacht und einen leicht ironisierenden „Heimatroman“ auf die Bühne gestellt. Die Handlung spielt in einem älplerischen Gasthof, fesche Dirndln und Lederhosen bestimmen die Szene. Die Begeisterung für die Inszenierung (eine Koproduktion mit dem Opernhaus Zürich) hat sich schon bei der Premiere im Jahr 2014 in Grenzen gehalten – und sie hat seither nicht unbedingt zugenommen.

Was mit Sicherheit von der zweiten Aufführung der aktuellen Serie behaupten werden kann? Leise wars nicht! Simone Young am Pult kostete die Wagner’sche Romantik in vollen Zügen aus, schon das Vorspiel öffnete sich zu einem breiten gewaltigen Strom wie die Schelde vor Antwerpen bei 100-jährigem Hochwasser. Das Finale des ersten Aufzugs tobte heftig und auch in Folge wurde das Orchester bei reschem, zu undifferenziertem Spiel in der Lautstärke viel zu wenig eingebremst.

Andreas Schager passte mit seinem Lohengrin bestens zur von der Orchesterleiterin vorgegebenen Gangart. Er sang den Schwanenritter mit kräftiger, raumgreifender Stimme. Während sich Tenöre der Partie oft mehr von der lyrischen Seite nähern und dann möglicherweise den stimmlichen Strahlglanz vermissen lassen, ist es bei Schager umgekehrt: Er hat keine Probleme ein Haus wie die Staatsoper zu füllen und sich mit einem lauten Orchester anzulegen, aber die lyrischen Töne erforderten von ihm eine nicht unüberhörbare Selbstbeschränkung – und für die poetische Nuancierung blieb dann zu wenig Raum.

Das Ergebnis klang für mich zu eindimensional und ein wenig „hölzern“ (und an diesem Abend auch musikalisch ein bisschen „ungefähr“). Schagers Lohengrin wusste das Schwert zu führen, aber von der Süße der Liebe wusste er wenig zu berichten – und die Gralserzählung geriet ihm mehr zu Aneinanderreihung von Verszeilen und nicht zum schwelgerischen Höhepunkt von Lohengrins Bühnendasein.

„Stimmkultur“ war an diesem Abend insgesamt eher ein Fremdwort. Zugegeben, eine Ortrud muss so richtig „reinpowern“. Petra Langs inzwischen schon zu Sopranehren gekommener Mezzo geiferte und kämpfte unermüdlich. Ortrud verbiss sich so fest in Elsas „Wadeln“, dass ihr im Laufe des zweiten Aufzugs sogar ein wenig die Stimmkräfte schwanden. Die Elsa der Elza van den Heever lukrierte im Dramatischen gewisse Vorzüge, während ihr die lyrischen Romantizismen durch ihren oft kurzwellig-flackrig klingenden Sopran ein wenig „zerrannen“. Die Sängerin hat vor acht Jahren im Theater an der Wien die Agathe gesungen, vor zwei Jahren an der Staatsoper die Ellen Orford. Von der leichten Silberauflage ihres Soprans – so mir erinnerlich – war an diesem Abend wenig zu hören. Im Spiel wirkte sie teils fast übertrieben, aber das passte zum Inszenierungsrahmen.

Kwangchul Youns Bass klang spröder als schon gehört: ein etwas müde wirkender König, der einen Lohengrin als Stütze an seiner Seite gut gebrauchen konnte. Evgeny Nikitin sang einen ordentlichen, den Buchstaben „r“ gefährlich „rollenden“ Telramund. Er legte sich voll ins Zeug, und oft bekam sein Bariton eine leicht grelle, „übersteuernde“ Beifärbung. Clemens Unterreiner sang einen im Spiel engagierten Heerrufer, der sich auch mal schützend vor den König stellt, wenn Telramund mit einem Messer wachelt. Unterreiner war in dieser Partie besser aufgehoben, als so mancher Kollege aus dem Ensemble, der in den letzten Jahren als Heinrichs Aktentaschenträger fungieren durfte. Der Chor – durch die Schachtelkonstruktion der Bühne zusammengepfercht und quasi „verstärkt“ – nahm es an Lautstärke mit dem Orchester locker auf.

Dem starken Beifall nach zu schließen, der am Schluss den Ausführenden rund sieben Minuten lang entgegenbrandete, war die zweite Aufführung der laufenden Serie ein voller Erfolg.