LOHENGRIN
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Wiener Staatsoper
15. Juni 2018

Dirigent: Sebastian Weigle

Heinrich der Vogler - Günther Groissböck
Lohengrin - Robert Dean Smith
Elsa von Brabant - Annette Dasch*
Friedrich von Telramund - Jukka Rasilainen*
Ortrud, seine Gemahlin - Elena Zhidkova*
Der Heerrufer des Königs - Adrian Eröd

Vier brabantische Edle -
Wolfram Igor Derntl, Martin Müller, Michael Wilder, Dominik Rieger
Vier Edelknaben - Secil Ilker, Kaya Maria Last, Barbara Reiter, Viktoria Schwindsackl

* Rollendebüt am Haus


Das Leder rollt (nicht) im Lohengrin
(Dominik Troger)

Die Wiener Staatsoper hat auf ihrer Bühne wieder einmal den Gasthof zum Lohengrin aufgebaut. Die Lederhosen und Gamsbärte würden gut zum „Freischütz“ passen. Man sollte die neue, verunglückte „Freischütz“-Produktion in das „Lohengrin“-Bühnenbild übersiedeln.

Der Abend stand natürlich ganz im Schatten der ersten Spiele bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland. Und wie soll man sich auf einen „Lohengrin“ konzentrieren, wenn zeitgleich Cristiano Ronaldo antritt – und drei Tore schießen wird (wie man nach der Vorstellung bei der Heimfahrt im Life-Ticker liest)? Aber es war wirklich ein Fußballer in der Staatsoper – zumindest sein „Leiberl“. Ich weiß zwar nicht, warum man mit einem Trikot von Kevin Kampl (!) in die Oper geht, in einem Dress von Bayer Leverkusen (!!), aber der Besucher, dem Aussehen nach aus dem Fernen Osten gebürtig, saß auf der Galerie, und er blieb – man soll keine Vorurteile haben (!!!) – bis zum Schluss.

Wenn wir schon beim Thema sind, weltmeisterlich war das nicht wirklich, was bei dieser ersten Aufführung der aktuellen „Lohengrin“-Serie geboten wurde. Aber Günther Groissböck würde als König Heinrich natürlich für die deutsche Nationalmannschaft antreten müssen – und wäre für selbige eine weltmeisterliche Unterstützung (die Ungarn haben sich allerdings gar nicht qualifiziert, ein findiger Dramaturg müsste das Libretto also an die WM anpassen und auf „Azteken-Wut“ umändern). Annette Dasch war mehr eine Elsa für den zweiten und vor allem den dritten Akt – im Fußball also ein sogenannter „Joker“. In der Lyrik des ersten Aktes klang ihr Sopran zu unstet und die Spitzentöne waren zu „aufgesetzt“. Als Bühnenerscheinung wirkte sie mehr „praktisch“ als „romantisch“.

Robert Dean Smith – als Einspringer für Christopher Ventris – würde als Lohengrin einen verlässlichen Verteidiger abgegeben, mit solidem Handwerk, aber sollte sich ein Schwanenritter nicht als Stürmer mit Strahlglanz profilieren? Da war Jukka Rasilainen aus anderem Holz geschnitzt, grimmig und durchsetzungsstark wie ein Diego Costa – und Elena Zhidkova, stimmlich mit „Stahlwadeln“ ausgestattet, sang ein furioses „Entweihte Götter“ und bot eine starke Bühnenpräsenz. Der Heerrufer des Adrian Eröd wäre nach meinem Eindruck kein Matchwinner gewesen. Sebastian Weigle und das Staatsopernorchester hätten auf dem grünen Rasen für keine Zauberkunststücke gesorgt, aber manch effektvollen Angriff vorgetragen.

Das Publikum schien mit dem Gebotenen durchwegs zufrieden – aber es wird an der Staatsoper so selten Wagner gespielt, dass man sich es fast nicht mehr leisten kann, „kritisch“ zu sein. Und jetzt geht es weiter mit Peru gegen Dänemark – und die Fußballwelt wundert sich über den zweiten, am heutigen Tag verschossenen Elfmeter ...