LOHENGRIN
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Wiener Staatsoper
21. Mai 2016

Dirigent: Graeme Jenkins

Heinrich der Vogler - Kwangchul Youn
Lohengrin - Michael Weinius
Elsa von Brabant - Camilla Nylund
Friedrich von Telramund - Thomas Johannes Mayer
Ortrud, seine Gemahlin - Michaela Schuster
Der Heerrufer des Königs - Adam Plachetka

Vier brabantische Edle - Martin Müller, Hiro Ilichi, Jens Musger, Franz Gruber
Vier Edelknaben - Irena Krsteska, Kaya Maria Last, Isabel Seebacher, Sabine Kogler


Im Wirtshaus zum Lohengrin
(Dominik Troger)

„Oans, zwoa, drei... gsuffa” – Männer in grünem Jägerloden machen eine alpenländische Wirtsstube unsicher und so manches üppige Dirndldekolleté weitet die Augen bierschwangerer Burschen. Richtig! Die Wiener Staatsoper spielt „Lohengrin“, eine romantische Oper von Richard Wagner.

Nach der Premiere im Jahr 2014 ging diese von Regisseur Andreas Homoki erarbeitete Inszenierung zuerst einmal nach Zürich – und es wäre zu wünschen gewesen, man hätte diese Koproduktion mit dem dortigen Opernhause gleich ganz dem „Amüsement" der Schweizer Wagnerianer überlassen. Aber jetzt ist der alpenländische Schwanenritter doch wieder nach Wien gereist. Und deshalb müssen sich die Wiener (plus sehr vielen Touristen) solidarisch das Leid mit den Schweizern teilen – schließlich darf sich das Kahlengebirge als letztes I-Tüpfelchen der Alpen fühlen.

Die vier Vorstellungen zwischen dem 10. und dem 21. Mai waren von zwei wichtigen Umbesetzungen geprägt: Graeme Jenkins am Pult hat alle Abende an Stelle von Jap van Zweeden übernommen – und es gab insgesamt drei verschiedene Interpreten des Lohengrin zu hören, die Burkhard Fritz ersetzen mussten. Es sangen der Premieren-Lohengrin Klaus Florian Vogt in der ersten, sowie Herbert Lippert 2x und bei der finalen Vorstellung, die hier besprochen wird, kam der schwedische Tenor Michael Weinius zu seinem Hausdebüt.

Weinius ist ein „gelernter“ Bariton, der Mitte der 2000er-Jahre in das Tenorfach gewechselt ist. Gesanglich machte Weinius eine gute Figur, sein Auftritt in weißer Unterwäsche als „Lohengrin“-Embryo war optisch allerdings nicht so toll. Zumindest in diesem Punkt, der gewissermaßen eine körperliche Indisposition evoziert, ist diese Produktion eine Zumutung allen Sängern gegenüber, die keine sportlichen Idealmaße auf die Bühne bringen. Die Gralserzählung mit schön in die Kopfstimme verlagerter Taube wusste zu überzeugen – und Weinius besaß auch Kraft genug, um den Helden und befragten Gemahl mit entsprechendem Nachdruck zu vertreten. Das Timbre ist ganz leicht gekörnt, die typisch helle Lohengrin’sche Farbprägung blieb etwas nüchtern, ohne jenen „entschwebenden Glanz“ hervorzurufen, der diesem Helden den weichen Lichtschein übernatürlicher Glorie hinzugesellt. Weinius steigerte sich im Laufe des Abends, vor allem der dritte Aufzug wusste zu überzeugen.

Camillia Nylunds Elsa lebte von der lyrisch-silbrigen Poesie ihres Soprans, die von einem starken Flackern begleitet sich meist in einem leicht sehnigen Durchhaltevermögen verwirklichte, anstatt mit aufblühendem Glanz zu überzeugen. Darstellerisch hat sich Nylund als Premierenbesetzung diese Produktion verinnerlicht und spielte überzeugungsstark. Ihre Gegenspielerin wurde von Michaela Schuster gegeben: Eine stimmlich schon sehr herbe Ortrud, mit zu großen Problemen in den lyrischen Passagen, und einer eruptiven, von starkem Vibrato begleiteten „Überzeugungskraft“, wenn es ans Eingemachte ging. Im Spiel war Schuster einprägsam, ihrem Hohn würde ich als Telramund oder Elsa nicht ausgesetzt sein wollen, und wie sie auf dem weißen Linnen der Hochzeitstafeln herumstiefelte und die Blumenbuketts in den Chor kickte, das hatte was für sich.

Thomas Johannes Mayer wirkte auf mich bei der Anklage Elsas zu farblos – seinem an sich schön timbrierten Bartion fehlte ein wenig die metallische, boshafte Prägnanz. Bei seiner aufrührerischen Tätigkeit im zweiten Akt brach ihm kurz die Stimme weg, aber er erholte sich rasch davon und brachte seinen Part gut über die Runden. Kwangchul Youn war ein König Heinrich mit passender Autorität. Youn ist ein Sänger der fast immer hohes Niveau bietet und mich doch selten wirklich mitzureißen vermag. Adam Plachetka bekam der Heerrufer nicht gut, starkes Vibrato und forcierte, überspannte Töne hört man von ihm sonst nicht.

Die Produktion hat nicht nur einen großen Nachteil, aber einer ist besonders hervorzuheben: die auf der Bühne aufgestellte Wirtshausschachtel gibt dem Chor zu viel Power. Wenn dann noch das Orchester so loslegt wie unter Graeme Jenkins, dann tobt der deutsche Heerverband schon gewaltig durch die Staatsoper. Jenkins ließ das Blech martialisch aufspielen – und die Streicher haben sich beim Spinnen eines ätherisch schwebenden „Gralslichtes“ zurückgehalten. Der Abend fand aber – abgesehen von der Lautstärke – zu einer passablen Grundspannung und die orchestralen Höhepunkte wurden gut herausgearbeitet. Jenkins servierte – um auf der Ebene der Inszenierung zu bleiben – ein zünftiges alpenländisches Wirtshausmenü. Solche Kost ist allerdings nicht jedem verträglich.

Rund sechs Minuten Schlussapplaus beschlossen einen soliden Repertoireabend.