DER FLIEGENDE HOLLÄNDER
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Wiener Staatsoper
12.2.2008

Dirigent: Ulf Schirmer

Daland - Walter Fink
Senta - Nina Stemme
Erik - Klaus Florian Vogt
Mary - Janina Baechle
Steuermann - Cosim Ifrim
Der Holländer - Alan Titus


Keine spukhafte Fernwirkung
(Dominik Troger)

In der 30. Aufführung dieser Produktion des „Fliegenden Holländers“ quietschten die Kulissen schon als wäre es die 300. Vorstellung. Aber irgendwie passte dieses Geräusch zum Outfit dieser Inszenierung, das nach gerade vier Jahren schon ziemlich abgespielt wirkt.

Wobei, diese Schäbigkeit des Ambientes, dieser Schiffsrumpf und diese hohen Landungsstege, das war schon zur Premiere kein Augenschmaus, füllte sich aber durch die gute Personenregie mit einigem Leben. Inzwischen ist hier die Exaktheit verloren gegangen und die wechselnden Besetzungen tun das Übrige dazu. Sogar Nina Stemme, die Premieren-Senta, konnte das mit dem Flammentod nicht mehr überzeugend über die Rampe bringen, und bis das Feuer endlich loderte, war sie schon längst die Versenkung hinabgestiegen. Es wäre an der Zeit, diesen Schluss, der von Ausführungsserie zu Aufführungsserie peinlicher wirkt, endlich ad acta zu legen.

Dabei hat die Inszenierung durchaus gute Momente, und wenn Stemme spielt, dann leben die auch wieder auf – wie Sentas Erschrecken beim Auftritt des Holländers. (Dass Alan Titus das absolute Gegenteil, von einer „dämonischen“ Bühnenerscheinung war, steht auf einem anderen Blatt.) Auch die Spinnstube ist gut gelöst. Der effektvolle Auftritt des Geisterchores im Schlussbild ist inzwischen stark verwischt und auch die Orgie beim Seemannschor hat ihre Schärfe längst verloren. Wahrscheinlich fällt das aber nur auf, wenn man den Vergleich hat.

Die Aufführung begann mit einem unspektakulären ersten Akt, bei dem ich mir den auffrischenden Südwind von ganzem Herzen herbeisehnte. Und als der kam, wurde wirklich (fast) alles besser. Walter Fink schien anfänglich keinen guten Tag zu haben, und wirkte wie ein Schiff in dichtem Nebel, das sich von Boje zu Boje hantelt. Der Steuermann von Cosim Ifrim tat es ihm ähnlich. Alan Titus, stimmlich prinzipiell in guter Verfassung, verschenkte den Auftrittsmonolog durch eine etwas schwerfällige Art, die dem Vortrag kein dramatisches Gerüst gab und weder gesangliche noch darstellerische Akzente setzte. Titus „wachte“ erst im langen Duett mit Senta auf und setzte am Schluss ein paar kräftige Töne. Doch die Rollengestaltung insgesamt war blass – und seine schauspielerische Umsetzung noch blässer.

Nina Stemme war wieder eine ausgezeichnete Senta. Das kurzwellige Vibrato in der Höhe ist mir früher bei ihr nicht aufgefallen (ich empfand es nicht als störend), außerdem dürfte die Stimme etwas schwerer geworden sein. Das mädchenhafte, das in der Premiere vor vier Jahren dem dunklen etwas breiten Timbre eine melancholisch-romantische Färbung verlieh, hat sich verflüchtigt. Aber ist es nicht logisch, wenn die Bühnenfiguren mit ihren InterpretInnen „erwachsener“ werden?

Interessant war die Erstbegegnung mit Klaus Florian Vogt, der einen lyrischen, schön aus dem Textfluss heraus entwickelten Erik sang. Vogt besitzt neben viel Gefühl für Nuancen ein hell aufblühendes, heldisches Material, gerade recht für einen Lohengrin. Etwas irritiert hat mich allerdings, dass gerade in der (unteren) Mittellage die Stimme manchmal nicht mehr gut zu tragen scheint. Das gab seinem Vortrag eine gewisse Inkosistenz.

Ulf Schirmer ließ laut und forsch aufspielen, brachte einige Dramatik hinein, und doch wurde die „Flaute“ des ersten Aktes zu deutlich spürbar. Dem Applaus nach zu schließen war das Publikum von der Aufführung angetan – und dass man einfach irgendwann hineinzuklatschen beginnt, wenn man glaubt, dass Schluss ist, daran muss man sich inzwischen sogar in Wien gewöhnen.