DER FLIEGENDE HOLLÄNDER
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Wiener Staatsoper
1.10.2004

Dirigent: Ulf Schirmer

Daland - Walter Fink
Senta - Nina Stemme
Erik - Stuart Skelton
Mary - Daniela Denschlag
Steuermann - Cosim Ifrim
Der Holländer - Falk Struckmann


Aus gutem Schiffsholz gebaut
(Dominik Troger)

Kernig ist er schon, der Holländer-Struckmann, „kantabel“ weniger. Ob er sich Sentas Treue erzwingen möchte? Aber Senta-Stemme lässt sich gerne mitreißen. Sie folgt ihm mit jubelnder Treue in den Tod. Struckmann und Stemme, sie haben diese Aufführung geprägt.

Falk Struckmanns Holländer ist einer, der das „Wagner’sche Forte“ braucht. Hat er es, dann geht die Stimme auf, strebt wohltönend nach oben, festgebaut und elastisch. Muss er den sehnsuchtsvollen geben, den erlösungsschmachtenden, merkt man schnell eine gewisse Ungelenkigkeit, so wie wenn das mächtige Holländerschiff durch seichtere Küstengewässer zu steuern hat. Zum Glück bewahrt Struckmann immer die Übersicht, was Back- und was Steuerbord betrifft, und auch wenn er da und dort mal eine Silbe verschluckt, um flüssig im Kielwasser zu bleiben - man wird ihm das nicht übel anrechnen. Struckmann ist ein herrischer Holländer und hat Publikum, Senta und Daland stets im Griff.

Nina Stemme hat wieder jede Nervenfaser zum Vibrieren gebracht. Bei ihr wirkt nichts aufgesetzt oder erzwungen, natürlich entwickelt sich die Stimme von einem breiten, wehmütig schattierten Grund zu soliden, kräftigen Spitzentönen, die etwas heller färben und der Senta einen sehnsuchtsvollen, irgendwie gespaltenen Charakter verleihen. Dabei vermittelt sie große Intensität, auch im Spiel. Körperliche Gestik und Stimme verschmelzen zu einer exzellenten Rollengestaltung.

Der Daland von Walter Fink fiel gegenüber Stemme und Struckmann deutlich hörbar ab. Der Steuermann von Cosim Ifrim kam etwas angespannt über die Rampe. Ob sich die Mary der Daniela Denschlag auch „in echt“ bei so einer aufgeregten Mädchenschar durchsetzen könnte? Sie schien mir selbst noch mehr Mädchen als Amme. Der Erik von Stuart Skelton klang weniger forciert als der Erik von Torsten Kerl, bei einem ähnlichen Timbre. Des „Hochlands Blume“ musste aber auch er sich schwer erringen, hier lyrischere Töne suchend. (Sowohl Mary als auch Erik gaben ihr Rollendebüt.) Das Orchester unter Ulf Schirmer klang frischer, aufgehellt, das Werk in der Stimmungsskala breiter auffächernd, als das düstere Ozawa’sche, aufs Ende hingetrimmte Schicksalsdrama. Manchmal wurde es ein wenig (zu) laut.

Die Inszenierung geht langsam ihrer choreographischen Exaktheit bei den Chorstellen verlustig. Auch bei mancher Kulissenbewegung haperte es am richtigen Timing. Der Schluss, ja, der Schluss. Hat man sich jetzt doch dazu entschieden, die Illumination dieser rechteckigen Versenkung ganz aufzugeben?! Denn diesmal fing nichts Feuer, sondern vor der Versenkung fauchte plötzlich Bühnennebel hoch, um Sentas Feuertod schamvoll in Rauch zu hüllen. Die Massenbumserei im dritten Akt wirkte auch nicht mehr so feuchtfröhlich wie bei der Premiere. (Die könnte man eigentlich ganz weglassen...)

Der Stehplatz war nicht ausverkauft. Manche BesucherIn waren nachher überrascht, dass es KEINE Pause gegeben hat. Diesen an und für sich sehr begrüßenswerten Umstand sollte man vielleicht noch deutlicher kommunizieren. Der Applaus für Holländer und Senta war ziemlich prächtig. Insgesamt ein schöner Leistungsbeweis der Staatsoper, die doch gleichzeitig auch in Japan weilt, um dort gastzuspielen.