GÖTTERDÄMMERUNG
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Staatsoper
15. Juni 2025

Dirigent: Philippe Jordan

Siegfried - Andreas Schager
Gunther - Clemens Unterreiner
Hagen - Samuel Youn
Alberich - Jochen Schmeckenbecher
Brünnhilde - Anja Kampe
Gutrune - Regine Hangler
Waltraute - Szilvia Vörös
Nornen - Monika Bohinec, Szilvia Vörös, Regine Hangler
Rheintöchter - Ileana Tonca, Isabel Signoret
, Stephanie Maitland


„Siegfrieds Ring

(Dominik Troger)

Der erste Durchgang des „Rings“ ist absolviert. Die „Götterdämmerung“ wurde seitens des Publikums mit rund elf Minuten langem Schlussapplaus bedacht. So viel lässt sich aber jetzt schon resümierend sagen: Es war der „Ring“ des Andreas Schager.

Bereits sein Abschied von Brünnhilde im Vorspiel geriet zu einem Höhepunkt der ganzen Aufführung. Die von Richard Wagner eingeforderte Ergriffenheit loderte in ihm und in Brünnhilde und verband sich zu einer flammenden Liebeserklärung: „Heil dir Brünnhilde, prangender Stern / Heil dir Siegfried, siegendes Licht“ – und das Orchester spielte rauschend dazu und so taumelte der Held liebestrunken und weltbegierig hinab zum Rhein und setzte mit seinem Schifflein an zu munterer Fahrt.

Bei den Gibichungen hat Siegfried dann noch ein bisschen pubertär rangelnd mit Gunther jugendliche Männlichkeitsrituale probiert, aber Gunther war dazu nicht aufgelegt. Beeindruckend war, wie „hautnah“ Andreas Schager bei seiner Rückkehr zum Brünnhildenfelsen die Wirkung des Tarnhelms simulierte, stimmlich mit leicht angedunkeltem baritonalem Ton – in den Bewegungen stockend, seinen jugendlichen Überschwang einbremsend. Das Schwert, das Siegfried dann als moralische Wacht zwischen sich und der seelisch gebrochenen Brünnhilde auf der Lagerstätte aufpflanzt, wollte zuerst nicht stecken bleiben und kippte zur Seite – ein bezogen auf die Handlung aussagekräftiger Lapsus.

Zwar hat Schagers Siegfried im zweiten und dritten Aufzug nicht mehr ganz diese Intensität erreicht, die er der Figur im Zustand adoleszenter Naivität verliehen hat, aber Siegfried ist nach dem Genuss von Hagens Trank auch ein „anderer“ geworden. Doch bei der Begegnung mit den Rheintöchtern blitzte dieser jugendliche Anarchismus der hehrsten Helden der Welt noch einmal erfrischend auf – und danach geht es für Siegfried ohnehin ans Abschiednehmen. Schagers Tenor zeigte bis zum Schluss keine Ermüdungserscheinungen: insgesamt betrachtet eine imposante Darbietung.

Dergleichen hätte man sich auch von Anja Kampe als Brünnhilde gewünscht. Kampe lieh der Wotanstochter ihren hellen, warm timbrierten Sopran und viel darstellerische und emotionale Überzeugungskraft. Die Sängerin gewann das Publikum über ihre Emotionalität und gute Rollengestaltung, punktete gesanglich allerdings vor allem mit ihrem Durchhaltevermögen. 
Clemens Unterreiner war nach 2022 und 2023 wieder in die Rolle von Gibichs Sohn geschlüpft. Seine Rollengestaltung hat viel für sich: Gunther als etwas weichkerniger Schönling, der sich beim Gedanken gefällt, mit Brünnhilde auch sein „Heldenimage“ aufpolieren zu können. Stimmlich blieb er an diesem Abend etwas blass. Seine Bühnenschwester sang wieder Regine Hangler, bei ihr war die Gutrune gut aufgehoben und entwickelte im Rahmen ihrer wenigen Möglichkeiten auch Charakter.

Ohne Hagen würde sich das Leben der beiden wahrscheinlich anders gestaltet haben. Samuel Youn war aber nicht wirklich ein schwarzbassiger Hagen, auch wenn sich die Stimme für diesen düsteren Kerl ausreichend grimmig getönt zeigte. Youn ist für Falk Struckmann eingesprungen, gab an diesem Abend sein Hausdebüt, hat aber bereits vor einigen Jahren im Theater an der Wien den Holländer gesungen. Auch als Hagen war er hierzulande schon zu hören gewesen: in diesem seltsamen „Ring“-Projekt des Theaters an der Wien im Dezember 2017.

Nach einem noch eingermaßen ansprechenden ersten Aufzug fehlte ihm im zweiten die archaische Durchschlagskraft, und ich dachte mir bald, er hätte vielleicht besser den Alberich gesungen – aber der hatte ja nicht abgesagt: Jochen Schmeckenbecher absolvierte seinen Kurzauftritt bewährt. Das Regiekonzept von Sven-Eric Bechtolf, das Hagen im wahrsten Sinne des Wortes als „Dirigenten“ der Gibichungschen „Heiratspolitik“ auf die Bühne stellt, hatte sich Youn gut verinnerlicht, vielleicht wäre ein bisschen mehr Sarkasmus angebracht gewesen. Solide das übrige gesangliche Umfeld, mächtig die Mannen des Staatsopernchores.

Das Orchester unter Philipp Jordan hatte die besten Momente im Vorspiel, ab der Gibichungenhalle begann sich dann die musikalische Energie langsam zu verflüchtigen. Die Spieldauer für den ersten Teil lag bei rund zwei Stunden, also eigentlich noch moderat. Manches wirkte dann doch ziemlich träge wie die Waltrautenszene. Unsauberes Spiel bei den Blechbläsern hat nicht nur den dritten Aufzug punktuell „gewürzt“. Das Finale war mir ein Spur zu schnell dirigiert, aber da mögen die Geschmäcker verschieden sein. Die Aufführung der „Walküre“ und vor allem des „Siegfried“ haben mehr erwarten lassen – aber Andreas Schager hat ohnehin alles überstrahlt.

Beim Schlussvorhang mischten sich offenbar ein paar Buhrufe in den Einzelvorhang für Samuel Youn, die ich aber nur als ziemlich unfokussiert wahrgenommen habe. Für Philippe Jordan wurde ein Blumenstrauß geworfen. Sehr stark war der Applaus für Schager und Kampe.