DIE WALKÜRE
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Wiener Staatsoper
18.3.2001

Dirigentin: Simone Young

Siegmund - Wolfgang Schmidt
Hundig - Matti Salminen
Wotan - Falk Struckmann
Sieglinde - Waltraud Meier
Brünnhilde -
Deborah Polaski
Fricka - Marjana Lipovsek


Walküre mit Aufwärmphase
(Dominik Troger)

Manchmal braucht es einfach seine Zeit, bis so ein Opern-Werkl in Schwung kommt - und das ist jetzt keineswegs despektierlich gemeint. Aber im ersten Aufzug bemühten sich alle Beteiligten vergebens, jenen schicksalsträchtigen Sog zu erzeugen, der Siegmund und Sieglinde zusammengepaart in die lauschige Vorfrühlingsnacht hinausschwappt. Das hat auch, aber nicht allzu sehr, mit Waltraud Meier zu tun, deren Sieglinde in den Spitzentönen deutliche Erosionsspuren zeigte und die die jubelnde Klanglichkeit vermissen ließen, zu der sie früher einmal fähig gewesen war, sondern vor allem mit Wolfgang Schmidt, der die Partie "nach besten Wissen und Gewissen" abarbeitete, mit der ihm eigenen klanglichen Schärfe, die jeden Schmelz liebestaumelnder Verzückung von vornherein im Keim erstickt. Nun, er ist sicher ein besserer Siegfried, wo man ihm seine etwas ungehobelte Gesangeskultur durchaus als ein dieser Rolle adäquates Stilmittel auslegen könnte. Immerhin bemühte er sich um diesen weicheren, lyrischeren Ausdruck und vor allem die Todesverkündigung, aber jetzt sind wir schon im zweiten Aufzug, gelang sehr berührend und mit verzweifelndem Widerspruchsgeist. Weil auch Simone Young das Orchester nicht richtig ankurbeln konnte, blieb der urwüchsige Hunding von Matti Salminen, die einzige wirklich überzeugende Ausbeute dieses ersten Aufzugs.

Mit dem zweiten Aufzug änderte sich das Bild. Falk Struckmann begann seinen Wotan gleich ganz selbstbewußt und schonungslos. Er ist kein nobler Göttervater, dazu fehlt seiner Stimme auch diese sonore Breite. Dafür versteht er sich auf eine klare Diktion und weiß, was er singt, auch entsprechend emotional auszudeuten - und das wiegt bei den langen Monologen doppelt. Insofern hatte er mit Deborah Polaski eine ideale Partnerin, weil deren Brünnhilde, sich auch in den heldischen Höhen weniger zu Hause fühlt. Ihre gefühlvolle Rollengestaltung verleitet zum "Mit-Leiden" was in Wagner-Schopenhauerschem Sinne der Ring-Deutung ja auch das Falscheste nicht sein kann. In diesen Rahmen passte auch Marjana Lipovsek als akzentuierte, Wotan-herausfordende Fricka. Nachdem Waltraud Meier in diesem zweiten Aufzug wieder zu ihrer unglaublichen Expressivität zurück fand, die alle Beckmesserein Lügen straft, und nachdem Wolfgang Schmidt, wie bereits angedeutet, eine gewisse Wandlungsfähigkeit seiner stimmlichen Ressourcen deutlich machte, stand hier einer aufwühlenden Walküre nichts im Wege. Auch vom Orchester gelangen die Todesverkündigung und die anschließende Überleitung zum verderbenbringenden Zweikampf sehr schön und impulsiv.

Der dritte Aufzug brachte dann aber keine weitere Steigerung. Zuerst gab es gleich ein paar unerfindliche Buhs für Simone Young, die vom Auditorium sogleich beherzt zurückgewiesen wurden. Dann zeigte sich aber weiterhin, dass ihre Walküreninterpretation ein wenig Gefahr lief, sich in einer (an und für sich wünscheswerten) romantischen - und leider etwas trägen - Breite zu verlieren. Die Chance, dieser Breite, wie einem breitdahinwogenden Strom, verschiedene Farbschattierungen abzulauschen und sie durch eine wohlausgemessene Landschaft über geschickt integrierte Steilstufen fließen zu lassen, konnte wahrscheinlich mangels Proben nicht wahrgenommen werden. So war denn das Blech manchmal ein wenig grob und unsauber im Ansatz, die Flöten spielten sich da und dort unangenehm schrill in den Vordergrund, und die allgemeine Sättigung des Raumes mit musikalischer Verzückung wollte sich nicht so recht einstellen. Vielleicht sollte sich Young neben dem einfühlsamen Nachzeichnen der Wagnerschen Partitur doch auch verstärkt ihren martialischen Grobheiten ausliefern, und ihrem Zynimus. Denn all die Liebesverwirrungen des Rings sind ja nur ein Vehikel für Wotans "Willen zur Macht" und dessen weiser, aber nur mühsamen akzeptierter Selbstverleugnung. Auch diese Unbedingtheit des Schicksals blieb unempfunden.