DIE WALKÜRE
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Staatsoper
2. Juni 2025

Dirigent: Philippe Jordan

Siegmund - Andreas Schager
Hundig - Kwangchul Youn
Wotan - Iain Paterson
Sieglinde - Simone Schneider
Brünnhilde - Anja Kampe
Fricka - Monika Bohinec
Helmwige - Regine Hangler
Gerhilde - Jenni Hietala
Ortlinde - Anna Bondarenko
Waltraute - Szilvia Vörös
Siegrune - Isabel Signoret
Grimgerde - Stephanie Maitland

Schwertleite - Freya Apffelstaedt
Roßweiße - Daria Sushkova



„Kammersänger-Titel für Siegmund“

(Dominik Troger)

Nach zwei Jahren also wieder ein „Ring“ im Haus am Ring: In der „Walküre“ gab Andreas Schager sein Staatsopern-Rollendebüt als Siegmund – und nach der Vorstellung wurde ihm auf offener Bühne der Titel Kammersänger verliehen.

Es ist also wieder Juni und es ist wieder „Ring“-Zeit in Wien. Das pausenfrohe Flanieren auf der Terrasse hat leider der Regen verhindert. Die Wetterlage ist am Wochenende gewittrig gewesen, Donner hat sich seit dem „Rheingold“ am letzten Mittwoch weiter eifrig mit dem Sammeln vom schwülem Gedünst beschäftigt. Diese „Rheingold“-Vorstellung hat der Rezensent nicht besucht, sie sei aber, so wurde ihm berichtet, ansprechend gewesen. Aber mit der „Walküre“ beginnen die „Mühen der Ebene“.

Doch „Mühen“ kannte zumindest Siegmund keine. Andreas Schager machte gleichsam den Sohn zum Vater – und wie muss dann erst der „richtige“ Siegfried tönen, wenn schon sein Vater Siegmund die „Wälserufe“ in weltrekordverdächtiger Länge ins Haus trompetet. Dieser Siegmund sang wie mit blank gezogenem Schwert, dessen Schneide mit hellem, leicht grell getöntem Metall durch Stock und Stein dringt. Psychologische Raffinesse wird man bei solchem Helden nicht finden, der, vom Schicksal gestählt, dank kräftiger Glieder und guter Lunge vatersuchend durch die Urwälder Germaniens streift. Die Textsicherheit ging damit nicht ganz konform – sei's drum.

Schager war an diesem Abend dem Applaus nach der Liebling des Publikums. Ob man den Siegmund wirklich so „offensiv“ singen muss, ob er nicht auch ein bisschen mehr „Gemüt“ und tenoralen Schmelz verträgt, darüber hätte man in der Pause auf der Terrasse eifrig diskutieren können – hätte es nicht geregnet. Aber vielleicht gleißt am kommenden Sonntag nach dem ersten Aufzug „Siegfried“ nicht nur die Sonne von Andreas Schagers Tenor?

Seine bräutliche Bühnenschwester war bei Simone Schneider sehr gut aufgehoben: Schneider ist dem Wiener Publikum inzwischen als bewährte Sieglinde bekannt. Dieses Mal ist sie (wie schon 2022) für Lise Davidsen eingesprungen. Schneider besitzt einen kompakten, hellen Sopran, der nicht nur beim „hehrsten Wunder“ aufstrahlt und eine passende Bühnenpräsenz. Der beide bedrohende Hunding wurde von Kwangchul Youn bei seinem Rollendebüt an der Staatsoper ausreichend unsympathisch ausstaffiert. Ganz „frisch“ klang Youns Bass zwar nicht mehr, aber „schwarz“ genug, um der Figur die autoritären Züge eines Bösewichts zu verleihen. (Nachdem Falk Struckmann beide Vorstellungen der „Götterdämmerung“ abgesagt hat, wird Samuel Youn als Hagen einspringen, nicht Kwangchul Youn, wie hier irrtümlich zu lesen war.)

Iain Paterson sang einen deklamatorisch ausgerichteten, stimmsparenden Wotan, öfters mit eigenartiger nasaler Verfärbung, und ingesamt zu kraftlos, um auch den aufbegehrenden Gott fühlbar zu machen. Das Resultat war etwas einförmig und substanzlos, konnte bei Wotans langem Monologisieren im zweiten Aufzug fast ein wenig „säuerlich“ wirken: ein nach Frickas Vorhaltungen im Gemüt schon an seinen Plänen (ver)zweifelnder „Walvater“. Bei Wotans Abschied wurde dann auf „Reserve“ geschaltet. Die Fricka lag bei Monika Bohinec in zwar unsteter, aber griffig argumentierender Kehle.

Anja Kampe hat 2013 zweimal die Sieglinde an der Staatsoper gesungen, jetzt folgte ihr Wiener Rollendebüt als Brünnhilde. Sie brachte Brünnhildens Jubelrufe mit Geschick gut über die Rampe, und bewies im Zwiegespräch mit Siegmund, dass ihre eher hell timbrierte Stimme auch über ausreichend emotionale Wärme verfügt. Ihr Sopran ist fürs Haus kräftig genug und die Sängerin bot ein sympathisches Rollenporträt.

Das Orchester unter Philippe Jordan kam eigentlich erst nach der Wotanserzählung in Schwung, am eindringlichsten – auch wegen der Sänger – gelang der zweite Teil des zweiten Aufzugs. Der etwas fülligere Klang des Jordanschen Wagner ist grundsätzlich zu begrüßen, allerdings mischt sich öfters eine leicht schroffe „Kantigkeit“ hinein, am merklichsten bei den Orchestervorspielen. Das Finale mit Wotans Abschied kam nicht so recht ins Schwelgen – was aber auch den nachlassenden stimmlichen Kräften Wotans geschuldet war.

Nach der Vorstellung wurde auf offener Bühne Andreas Schager die Kammersängerwürde verliehen. Staatsoperndiektor Bogdan Roščić zeichnete in seiner Laudatio kurz den Weg des Sängers von ersten Anfängen in Wien über die Operette bis zum gefeierten Heldentenor nach. An der Staatsoper hat Schager erst 2017 mit dem Apollo („Daphne“) debütiert und bis dato zwei Premieren bestritten: „Freischütz“-Max (2018) und Tristan (2022). 

Die Verleihung selbst nahm Theresia Niedermüller, Leiterin der Sektion Kunst und Kultur im Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport vor. Schager nützte seine kurze Dankesrede vor allem dazu – um sich zu bedanken. Dass er sich auch beim Staat Österreich bedankte, war bemerkenswert: Schließlich sei es ihm hierzulande möglich gewesen, als Sohn von Nebenerwerbslandwirten diese Sängerkarriere zu machen. Es ging dann schon auf 23 Uhr und das Publikum verließ nach dem Festakt rasch das Haus..