DIE WALKÜRE - I. Aufzug
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Volksoper
16. Jänner 2024
Konzertante Aufführung

Dirigent: Omer Meir Wellber

Siegmund - Julian Hubbard
Hundig - Andreas Hörl
Sieglinde - Christiane Libor



„Kurzer Wagnerabend in der Volksoper“

(Dominik Troger)

Wer sich angesichts winterlicher Temperaturen nach dem Frühling sehnt, konnte sich am Dienstagabend in der Volksoper eine konzertante Portion „Lenz“ abholen. Gespielt wurde der erste Aufzug von Richard Wagners „Die Walküre“.

Seit der letzten Saison hat die Volksoper eine eigene Konzertreihe auf den Spielplan gesetzt, die Omer Meir Wellber als Musikdirektor des Hauses ins Leben gerufen hat. Folgt man seinen Ausführungen im Jahresprogramm 2022/23, dann soll dadurch die künstlerische Perspektive des Orchesters erweitert und ein neues, weniger musiktheateraffines Publikum angesprochen werden. (Wellber hat sein Amt allerdings mit Ende 2023 wegen zukünftiger künstlerischer Verpflichtungen in Hamburg zurückgelegt, und es wird abzuwarten sein, wie es kommende Saison mit dieser Konzertreihe unter seinem Nachfolger Ben Glassberg weitergeht.)

Aber ob das Publikum wirklich in die Volksoper pilgert, um zum Beispiel die III. Symphonie von Felix Mendelssohn Bartholdy zu hören (Termin 14. Februar) oder die I. Symphonie von Dmitri Schostakowitsch (16. Mai) oder Friedrich Guldas Konzert für Violoncello und Blasorchester (29. Juni)? Das Konzertangebot in Wien bietet eine Überfülle an Veranstaltungen, in der Termine in „Randlagen“ leicht untergehen. Die Strahlkraft der Konzerte scheint man seitens der Volksoper außerdem eher vorsichtig zu bewerten, weil die Galerie erst gar nicht in den Verkauf kommt. Bei diesem konzertanten „Walküren“-Aufzug war das Parterre geschätzt rund zu zwei Drittel gefüllt – und ich selbst hätte den Termin beinahe übersehen.

Stutzig machte der Blick auf den Programmzettel, demnach war das Konzert von 19.30 bis 21.15 Uhr angesetzt. Aber keine Sorge, es wurde nichts dazukomponiert, keine Pause eingeschoben, um Hundig beim Schlafen zuzusehen, oder ein neuer „Langsamkeitsrekord“ aufgestellt: Auch an der Volksoper hat der erste „Walküren“-Aufzug eine Spieldauer von knapp über einer Stunde. (Und so manche Besucher werden sich gedacht haben, dass dieses Konzert doch gar ein bisserl kurz gewesen ist.)

Die Besetzung war noch geändert worden: In der Monatsvorschau ist Stefan Cerny als Hunding angegeben, an seiner Stelle trat aber Andreas Hörl an, ehemaliges Mitglied des Wiener Staatsopernensembles. Mit Christiane Libor wurde als Sieglinde eine für viele mittlere Bühnen unersetzliche und verlässliche Wagner-Interpretin aufgeboten. Julian Hubbard hat schon vor zwei Jahren in Klagenfurt den Siegmund gesungen, war also auch keine „Neuentdeckung”. Omer Meir Wellber stand selbst am Pult. Er scheint für den ersten Aufzug der „Walküre“ persönliche Sympathie zu empfinden, hat ihn konzertant zum Beispiel bereits 2018 in Manchester aufgeführt und erst vor wenigen Monaten an der römischen Oper.

Leider entwickelte sich der Abend nicht ganz so positiv wie erhofft. Julian Hubbard entpuppte sich als leichtgewichtiger, noch recht lyrisch veranlagter Wagnerheld. Er forcierte viel, sang ab den „Winterstürmen“ auf Durchhalten und konnte leider nicht verhindern, dass ihm das finale „Wälsungenblut“ daneben ging. Andreas Hörl tat seiner Rolle mit etwas fahlem Bass so weit Genüge, die Gefährlichkeit des Charakters wurde für mich allerdings nur selten spürbar. Christiane Libor hat die Sieglinde mit viel Emotionalität versehen und befand sich auf der Höhe der Erwartungen. Libor bot keine hellstrahlende Sieglinde, sondern ihr Sopran – inzwischen schon Brünnhilden geeicht – klang etwas dunkler, mit leichter Wehmut versehen. Die Solisten waren links (das Liebespaar) und rechts (Hunding) vor dem Dirigentenpult platziert (Blick auf die Bühne).

Im Vorspiel drängten sich die Celli stark in den Vordergrund, die Bläser blieben die ganze Aufführung eher dezent. Das Orchester saß auf der Bühne, vorne die Streicher, dahinter die Bläser. Der Klangeindruck im Stehparterre war schlank und „unbeschwert“, entsprechend blass verhuschte Hundings Auftritt, während später der Lenz aus den Streichern mit fast schon impressionistischer Stimmungsmalerei hervorleuchtete. Ich hatte den Eindruck, Omer Meir Wellber wollte an diesem Abend Wagner nicht von seiner düsteren Seite zeigen, sondern ihm gefühlvoll schwärmerische Töne entlocken – ehe er dann im Finale ekstatisch das Tempo anzog. Die Bläser agierten nicht ganz unfallfrei – aber das war eben die Tücke an diesem, in einigen Details etwas schlecht bestirnten Abend.

Es folgten rund sechs Minuten Schlussapplaus – und nach keinen 75 Minuten war das Konzert vorbei.