DIE WALKÜRE
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Wiener Staatsoper Dirigent: Adam Fischer |
Siegmund
- Christopher Ventris |
Nach einem „Ring“-Durchgang hat die Wiener Staatsoper dem Publikum noch eine Solo-„Walküre“ als Nachschlag serviert. Vielleicht war diese Aufführung als Belohnung für wagner-affine Teilnehmerinnen und -nehmer des Wien-Marathons gedacht, damit sich diese nach dem sommerlich warmen Laufevent bei einer „Walküre“ erfrischen können. Ich weiß jetzt nicht, ob man für das Vorzeigen der Startnummer bei der Stehplatzkassa mit einem Gratisticket belohnt worden ist, aber die Belegung des Galeriestehplatzes hat auf keinen starken Zustrom gestählter Wadeln schließen lassen. Auf der Opernterrasse brütete vor dem Beginn um 16:30 die Sonne wie sonst kaum noch im April, dafür konnten die Damen in der zweiten Pause bei angenehm lauen Temperaturen das Abendkleid spazieren führen und die Herren mit umgehängtem Sakko promenieren. Wer hat sich da noch an die klirrenden Winterstürme im heurigen März erinnert? Die „Winterstürme“, das ist das Stichwort, denn allzu stürmisch ging es im ersten Aufzug nicht zu. Das lag vor allem an Christopher Ventris, der wie immer in den ruhigen lyrischer Passagen seine Vorzüge ausspielen konnte, dessen Tenor aber von den Wälsungenrufen an, ein wenig „unter Druck“ zu geraten schien. Aber der glühende, das Geschehen vorwärtstreibende Siegmund ist Ventris auch in der Vergangenheit eher nicht gewesen. In der Todesverkündigung punktete der Sänger wieder mit seiner nach wie vor angenehm klingenden, verlässlichen Stimme. Als Sieglinde hat sich in den beiden „Walküren“ Simone Schneider erstmals dem Wiener Publikum vorgestellt. Schneider führte einen hellen, noch eher schlanken Sopran ins Treffen, in kühleres Weißgold getaucht und von einer leicht metallischer Konsistenz, dessen „Legierung“ aber erst im Laufe des ersten Aufzugs genügend Festigkeit erreichte. Höhepunkt ihres Sieglinden-Daseins war das „Hehrste Wunder“, dass mit Emphase und wie mit gleißender Leuchtschrift geschrieben ins Auditorium strahlte. Tomasz Konieczny ist als Wotan Dauergast an der Wiener Staatsoper. Die Nachteile und Vorzüge seiner Stimme sind bekannt – und dass er auch im Finale für ein hausfüllendes Logerufen noch genug „Puste“ hat, hinterlässt jedes Mal erneut einen starken Eindruck. Wer sich einen Wotan mit fülligerer Stimme wünscht, der wird von Konieczny nicht bedient, aber sein Wotan besitzt eine forschende und unternehmerische Spannkraft, die gerade recht in unsere heutige, unpoetische, radikal gewinnorientierte Epoche passt. Letztlich sind die Sängerinnen und Sänger auch nur Kinder ihrer Zeit. Michaela Schuster gab eine konsequent noch auf Liebe hoffende (sie erzwang von Wotan einen Kuss), stimmlich aber nicht mehr in der Blütezeit jungen Eheglücks stehende Fricka. Yongmin Park lieh dem Hunding wieder seinen jungen Bass, der mit seiner dunklen Farbe dem Hunding einiges an Bedrohungspotenzial verpasste. Iréne Theorien hinterließ als Brünnhilde in der „Walküre“ einen viel stärkeren Eindruck als im „Siegfried“. Abgesehen vom kurzwelligen Schwingen ihrer Stimme servierte sie die „Hojotoho“-Rufe mit viel Geschick und entledigte sich den Anforderungen der Partie mit einer guten emotionalen Mischung aus Gefasstheit und Berührtheit. Ihre Schwestern assistierten solide. Das Orchester unter Adam Fischer sorgte für einen genussvollen, ungekünstelten Wagnerabend, an dem vor allem der gefühlvoll-saftige Klangteppich der Streicher faszinierte, auf dem sich zum Beispiel Siegmund und Sieglinde im ersten Aufzug oder Siegmund und Brünnhilde in der Todesverkündigung poetisch ausleben konnten. Beim Blech gelang nicht alles perfekt, aber das hat den wohlgerundeten Gesamteindruck kaum gestört. Fazit: Starker Beifall. |