DIE WALKÜRE
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Wagner-Portal

Wiener Staatsoper
22. Juni 2014

Dirigent: Cornelius Meister

Siegmund - Peter Seiffert
(2. Aufzug Gesang: Herbert Lippert, Spiel: Peter Seiffert)
Hundig - Ain Anger
Wotan - Tomasz Konieczny
Sieglinde - Gun-Brit Barkmin
Brünnhilde - Nina Stemme
Fricka - Elisabeth Kulman
Helmwige - Regine Hangler
Gerhilde - Olga Bezsmertna
Ortlinde - Hyuna Ko
Waltraute - Stephanie Houtzeel
Siegrune - Ulrike Hetzel
Roßweiße - Juliette Mars

Grimgerde - Zsuzsanna Szabó
Schwertleite - Zoryana Kushpler



„Siegmund im Doppelpack“

(Dominik Troger)

Turbulente „Walküre“ an der Wiener Staatsoper: Peter Seiffert als Siegmund musste wegen einer Laryngitis nach dem erste Aufzug aufgeben. Herbert Lippert sprang für den zweiten Aufzug ein und sang vom Bühnenrand, während Seiffert die Rolle mimte.

Peter Seiffert wurde schon am Beginn der Vorstellung angesagt, begann vorsichtig, klang ab den Wälserufen schwer angeschlagen und quälte sich mit viel sängerischem Pflichtgefühl durch die letzte halbe Stunde. In der Pause wurde in den Foyers eifrig spekuliert, wer ein möglicher Einspringer sein könnte. Der Name Lippert fiel – wohl auch deshalb, weil dieser zwei Tage zuvor als Bacchus eingesprungen war. Vor Beginn des zweiten Aufzugs trat der Staatsoperndirektor auf die Bühne. Er meinte, Seiffert würde sein Stimmen gefährden, sollte er weiter singen, und kündigte wirklich Herbert Lippert als Einspringer an.

Lippert, der vom Blatt singend für einen reibungslosen zweiten Aufzug sorgte, während Peter Seiffert die Partie auf der Bühne spielte, ließ allerdings keinen Heldentenor hören, sondern eine nach wie vor mehr lyrisch ausgerichtete Stimme, teilweise zu leichtgewichtig und mit zu wenig Strahlkraft ausgestattet. Seifferts Mühen im ersten Aufzug überschatteten zudem Ain Angers bedrohlichen Hunding und die aufopferungsvoll gesungene Sieglinde von Gun-Brit Barkmin, die in den dramatischeren Passagen etwas forcieren musste mit manchmal schon leicht „fragilen“ Jubeltönen.

Ab dem zweiten Aufzug „regierte“ Nina Stemme als Brünnhilde – und das aparte Timbre ihrer Stimme, die Strahlkraft und die Fülle ihres Soprans sorgten verbunden mit ihrer Bühnenpräsenz einmal mehr für ein Rollenporträt der Sonderklasse. Stemme sang die Partie gleichsam mühelos, und das leicht dunkle Timbre ihres Soprans war dann noch der Schlagobersgupf als Draufgabe. Diese „Walküren“-Brünnhilde zeigte Charakter mit Tiefgang, auf dem die weitere Entwicklung der Figur bestens aufbauen kann. So wies ihr Rollenporträt über eine unbekümmerte Schlachtenmaid, deren Stimme mit Schwertstahl zum Kampf frohlockt, deutlich hinaus.

Sie und der Wotan von Tomasz Konieczny harmonierten zudem im Spiel. Koniecznys kraftvoller, umtriebiger Wotan, dem die Energie auch im Finale nicht ausging, konnte mit der Bühnenpräsenz von Stemme durchaus mithalten. Allerdings ist Koniecznys Wotan bekanntermaßen keiner, der mit verschwenderischer, breiter Samtstimme Brünnhilde in den Schlaf wiegt. Aber es wäre zu einseitig, Koniecznys Wotan nur an seiner raubeinigen Stimme zu messen: im Zusammenspielen und -singen mit Brünnhilde und Fricka zeigte dieser Wotan auch Gefühl und Sensibilität. Konieczny hat den „Walküren“-Wotan jetzt schon einige Male am Haus gesungen, nach meinem Eindruck ist er nicht nur in der Rolle gereift, sondern sein großes Plus ist seine Gestaltungsgabe, die ihn auch im langen Monolog nicht verlässt. Konieczny ist ein Sänger, der einen zum Zuhören zwingt – und das, obwohl seine Diktion nach wie vor nicht immer optimal ist.

Elisabeth Kulmans Fricka gab eine elegante Wotansgemahlin, liebend, aber seelisch getroffen, die ihrem Ehemann die Schwachpunkte in seiner Argumentation deutlich vor Augen führt. Kulman gelang es in dieser Rolle, alle Fricka-Klischees einer frustrierten, keifernden Göttergattin Lügen zu strafen. Sie zog Fricka den Keppelzahn und zeigte die Figur auf dem Höhepunkt ihrer Leidenschaftlichkeit und ihrem Begehren: eine verführerische Frau, die Wotan schnell den Kopf verdrehen würde, wäre dieser nicht schon mit ihr verheiratet. Dass ihr klangschöner Mezzo die passenden Nuancen setzte, versteht sich dabei von selbst. Auch das Zusammenspiel mit Konieczny funktionierte wieder sehr gut wie schon in der ersten, der beiden „Walküre“-Vorstellungen.

Nachdem Jeffrey Tate die ganze zweite „Ring“-Serie krankheitsbedingt abgesagt hat, kam Cornelius Meister zu einem unerwarteten Einspringen. (Für die anderen drei Abende wurde Adam Fischer engagiert). Der erste Aufzug begann etwas holprig und dann zog ohnehin der Überlebenskampf von Siegmund alle Aufmerksamkeit auf sich. Den zweiten und dritten Aufzug bestimmte ein eher zügiges Tempo, das Zügeln der Lautstärke gelang nicht immer, aber über weite Strecken wurde mit Konzentration agiert und einem gutem dramatischen Gespür.

Die Aufführung schloss mit viel Jubel, ganz besonders für Nina Stemme.