DIE WALKÜRE
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Wiener Staatsoper Dirigent: Jeffrey Tate |
Siegmund
- Peter Seiffert |
Freitag „Rheingold“, Samstag „Walküre“: Die Staatsoper war wieder sehr gut besucht. Der Kartendrucker bei der Stehplatzkassa ging diesmal nicht ein, so wie am Vortag. Einer würdigen Aufführung stand also nichts mehr im Wege. Jedenfalls gab es den ganzen Abend lang keinen Zweifel daran, dass Wagners Musik von Jeffrey Tate „würdig“ dirigiert wurde – und dass er dieser Musik viel Raum und Entfaltungsmöglichkeiten ließ, sie im ersten Aufzug auf einen langsam fortschreitenden Ruhepol fokussierend, ja fast schon „zelebrierend“, was der Spannung aber einigermaßen abträglich war. Doch das Finale, in dem sich Peter Seiffert als Siegmund mit Heldenmut ins „Wälsungenblut“ stürzte, zog plötzlich an – insofern war der kollektive Jubelausbruch nach dem Fallen des Vorhangs nachvollziehbar. Und ab dem zweiten Aufzug begann sich der Abend auch für mich immer stimmiger zu runden. Peter Seiffert fiel der Siegmund an diesem Abend nicht „in den Schoß“. Imposante gesangliche Momente mischten sich mit Textproblemen und anderen Ungenauigkeiten, und das schwerfällige Vibrato, in das die Stimme immer wieder verfiel, deutete an, dass dieser Wälsungensohn schon sehr viele Bühnengefechte ausgefochten hat. Trotzdem lag ihm das Publikum zu Füßen. Denn letztlich verblassten diese Einwände zum Beispiel vor den außerordentlich langen Wälserufen – oder wie es dem Sänger gelang, seinen inzwischen schon schwer gewordenen Tenor behutsam durch die Liebeslyrik des Wonnemonds zu manövrieren. Trotzdem hat Seiffert der zweite Aufzug stimmlich wohl mehr behagt, als der erste. Und weil Ain Anger als Hunding auch eine mächtige Bühnenerscheinung war und sich mit seinem Bass genug Bedrohungspotenzial ersang, ergab das ein kampfstarkes Heldentreffen auf der Staatsopernbühne. Die Sieglinde der Gun-Brit Barkmin (Rollendebüt am Haus) musste teils etwas forcieren, die Stimme klang ein bisschen metallisch in der Höhe, und war insgesamt vielleicht eine Spur zu „leicht“. Aber die Sängerin sang sich ausgesprochen einsatzfreudig in die Herzen des Publikums. Für einen gesanglichen und darstellerischen Höhepunkt sorgte Elisabeth Kulman als Fricka: eine liebende Frau mit Grundsätzen, von der Entwicklung der Dinge zuerst überrascht und seelisch angegriffen, dann sehr konsequent Wotan in die Schranken weisend. Eine begehrenswerte, selbstbewusste Fricka, die das Ringen um den Gemahl ohne Gezank führte, auch zu anschmiegsamen Tönen fähig, aber genauso klar und prägnant ihr Anliegen auf den Punkt bringend. Aus diesem plastisch ausgefeilten Rollenporträt ließ sich schließen, dass Fricka immer noch berechtigte Hoffnungen hegt, ihren Gemahl wieder ganz für sich zu gewinnen. Der Wotan von Tomasz Konieczny zeigte sich in dieser Szene fast beschämt und durchaus liebevoll. Das enge emotionale Zusammenspiel von Wotan und Fricka im „Rheingold“ und in der „Walküre“ war bis jetzt der interessanteste Aspekt dieser „Ring“-Serie: ein noch recht jung wirkendes „Ehepaar“ (auch vom Aussehen und den Stimmen her), das deutlich gezeigte Gefühle für einander hegt und offenbar mit der Beziehung noch nicht abgeschlossen hat. Tomasz Konieczny begann seinen langen Wotan-Abend etwas „knödelnd“, sang sich dann in der Erzählung frei, die er wirkungsvoll und spannend zu gestalten wusste. Seine markante, auch in der Höhe kräftige Stimme erzeugte dort Aufmerksamkeit, wo andere Sänger in der „Pflichtübung“ verharren. Dass Koniecznys Kraft (fast immer) bis zum Finale reicht und noch Loge mit einem Rufzeichen hinter der Stimme herbei zu zitieren vermag, ist natürlich eindrucksvoll. Dass der Sänger nicht wirklich über ein „Wotan-Timbre“ verfügt, ist schade, obwohl er sich in der Aussprache stark verbessert hat und die Stimme nicht mehr so grell färbt wie seinerzeit beim Alberich. Linda
Watson sprang als Brünnhilde wieder einmal in einem Wiener
„Ring“ ein, diesmal für Nina Stemme. Die Sängerin
bot in dieser Partie eine routinierte Mischung aus Heroik und Herzenswärme,
und durfte sich ebenfalls beim Schlussvorhang über starken Beifall
erfreuen. Die
Aufführung kam insgesamt sehr gut beim Publikum an – auch das
Dirigat von Jeffrey Tate, dessen Zugang an eine mehr „romantische“
Deutungstradition anschloss, wurde eifrig bejubelt. |