DIE WALKÜRE
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Wiener Staatsoper
15.5.2013

Dirigent: Franz Welser-Möst

Siegmund - Simon O'Neill
Hundig - Ain Anger
Wotan - Tomasz Konieczny
Sieglinde - Camilla Nylund
Brünnhilde - Nina Stemme

Fricka -
Mihoko Fujimura
Helmwige - Donna Ellen
Gerhilde - Caroline Wenborne
Ortlinde - Alexandra Reinprecht
Waltraute - Stephanie Houtzeel
Siegrune - Margarita Gritskova
Roßweiße - Juliette Mars

Grimgerde - Zsuzsanna Szabó
Schwertleite - Zoryana Kushpler



Wagner-Geburtstags-Ring: Die Walküre

(Dominik Troger)

Mit der „Walküre“ wurde der „Wagner-Geburtstags-Ring“ an der Wiener Staatsoper fortgesetzt. Das Haus war wieder sehr gut besucht, viel Stammpublikum war anwesend. Man traf Bekannte, die man seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Auf dem Galerie-Stehplatz ging es fast so zu wie bei einem großen „Familientreffen“: einen 200. Geburtstag feiert man wirklich nicht alle Tage.

Doch das große Geburtstagsfest steht erst nächste Woche auf dem Kalender – und dabei wird keine Torte illuminiert, sondern gleich eine ganze Götterburg. Aber passt das nicht bestens zum exzentrischen Lebenswandel des Jubilars?

Der Wotan dieser „Ring“-Serie hätte auf jeden Fall genug Puste, um alle Flammen und Flämmchen einer riesigen Geburtstagstorte auf einen Streich auszublasen. Tomasz Konieczny verließen auch im Finale die Kräfte nicht. Er zitierte Loge kraftvoll herbei und schien mit dem finalen „nie“ nie aufhören zu wollen. Konieczny war ein bühnenpräsenter und stimmkräftiger Göttervater, der energisch für seine Sache eintrat. Durch seine markante Stimme neigte sich dieser Wotan in der Deutung mehr nach der sozialrevolutionären Seite des „Rings“. Die romantische Selbstverneinung scheint ihm weniger opportun. Ist es vorstellbar, dass sich dieser Göttervater auf Walhall zurückzieht, um dort auf Raben zu warten, die mit allerhand Neuigkeiten im Schnabel aus allerhand Weltgegenden heranflattern? Konieczny hat in dieser Rolle schon vor zwei Jahren an der Staatsoper debütiert, doch so energiegeladen hat er die Partie damals nicht bis zur letzten Note ausgekostet. Was man an Konieczny auch wieder gelernt hat: dass der „Rheingold“-Wotan eine Sache für sich ist – beide überzeugend auf einen Nenner zu bringen ist schwierig.

Siegmund hatte an diesem Abend vom alten Wälsungen die da und dort ins „Grelle“ spielende Stimmfärbung „geerbt“. Während Konieczny dieses Charakteristikum über den Abend gerechnet recht gut im Griff hatte, war Simon O’Neill mehr gefährdet, seinen kraftvollen sängerischen Attacken in der Stimmfarbe Nuancen zu verleihen, die das heroische Moment mehr unterminieren, als stützen. Neill bestand vor allem im Forte, die obere Mittellage „feuerte“ beständig, in der unteren gab es mehrmals akustische „Luftlöcher“ in denen ganze Worte verschwanden. Auf die Wälserufe setzte er sich fast noch länger drauf als sein Götter-Papa auf das Schluss-„Nie“. An Energien mangelte es weder Vater noch Sohn.

Camilla Nylund sang bei ihrem Sieglinden-Debüt an der Staatsoper die lyrischen Passagen sehr schön, umgab ihren stilvollen Sopran noch mit einem romantisch-mädchenhaften Flair, während bei den emotionalen Ausbrüchen die Stimme an ihre Grenzen kam und stark zu flackern begann. Für Passagen wie das „hehrste Wunder“ fehlte es an dramatischer Substanz (soweit mein Eindruck von der Galerie aus). Sie spielte und sang beherzt und riss zusammen mit O‘Neill das Publikum im ersten Aufzug mit. Als beide danach zusammen auf die Bühne traten, wurden sie gleich mit viel Bravo und Applaus gefeiert.

Ain Angers Hunding ist inzwischen zu einem mächtigen, bösen Clanchef gereift, mir kam er in früheren Vorstellungen (die auch schon wieder zwei Jahre zurückliegen) meist eine Spur zu nobel vor. Die Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf ist diesbezüglich nicht sehr aussagekräftig. Dass sich zum Beispiel die beiden Herren vor dem „Mahle“ in einer von Sieglinde getragenen Silberschüssel die Hände waschen, wirkt seltsam. Aber natürlich wird niemand ernsthaft fordern, dass man altnordische Trinksitten auf die Bühne bringt. (Wer sich diesbezüglich informieren möchte, sei auf einschlägige Saga-Literatur verwiesen.)

Und wie erging es Nina Stemme mit ihrer ersten Wiener „Walküren“-Brünnhilde? Sie servierte ihr „Auftritts-Hojotoho“ wie eine festgerüstete Schlachtenmaid, die Spitzentöne rammten wie Wurfspeere ein wenig träge ins Ziel, mehr vor sich hergeschoben, als lustvoll abgefedert. Die leichtere und in diesen Passagen oft wenig überzeugende „Plänkelkavallerie“ bekam das Wiener Publikum in den letzten Jahren allerdings oft genug zu hören. Der Kraftakt gelang zweifelsohne zur allgemeinen Bewunderung – und ab dann hatte ihr aparter, in der Farbe angedunkelter Sopran eher leichtes Spiel. Die Szenen zwischen Brünnhilde und Wotan im zweiten und dritten Aufzug wurden von Stemme und Konieczny mit Intensität gesungen und gespielt.

Bei Mihoko Fujimuras Fricka hatte sich der seelische Gram, den ihr Wotan seit dem stürmischen Einzug in Walhall bereitet hat, ein wenig auf die Stimme geschlagen. Ihr Mezzo klang etwas „abgespannt“. Die Walküren sorgten wieder für ein hektisches Helden-Gejage, und unterfütterten es mit gesanglicher Solidität.

Franz Welser-Möst am Pult war wieder zügig unterwegs. Die Spannung hielt eigentlich recht gut, die Schlusssequenz des ersten Aufzugs ab „Siegmund heiß‘ ich“ wurde etwas verschenkt, und Wotans Abschied samt Feuerzauber verhuschte mir zu schnell. Ein bisschen mehr gefühlvolles Pathos hätte das Finale nach viereinhalb Stunden (inklusive zweier Pausen) schon vertragen. Was die „Klangqualität“ des Abends betrifft, spielte das Orchester nicht in philharmonischer Bestform. Aber eine Steigerung gegenüber dem „Rheingold" war unverkennbar.

Der Schlussapplaus war stark, dauerte aber nur zehn Minuten lang. Das fällt bei einer mit viel Stammpublikum gefüllten Staatsoper doch unter eine kürzere Applauslänge?!