DIE WALKÜRE
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Wagner-Portal

Wiener Staatsoper
6.11.2011

Dirigent: Christian Thielemann

Siegmund - Christopher Ventris
Hundig - Eric Halfvarson
Wotan - Albert Dohmen
Sieglinde - Waltraud Meier
Brünnhilde - Katarina Dalayman

Fricka -
Janina Baechle
Helmwige - Donna Ellen
Gerhilde - Ildikó Raimondi
Ortlinde - Alexandra Reinprecht
Waltraute - Aura Twarowska
Siegrune - Ulrike Helzel
Roßweiße - Juliette Mars

Grimgerde - Monika Bohinec
Schwertleite - Zoryana Kushpler


Wagners Klang(t)räume
(Dominik Troger)

„Walküre“ unter Christian Thielemann. Schwelgerische Klang(t)räume begeisterten das Staatsopernpublikum – und das Haus war so voll wie schon lange nicht mehr.

Nach dieser „Walküre“ sah man viele verklärte Gesichter. Christian Thielemanns Klangmalereien haben verzückt. In seine große, aus Musik gebaute „Wagner-Andachtskathedrale” konnte man sich wunderbar hineinschmiegen. Und Wotans Abschied zauberte mit weicher Streichermusik einen Klangraum wie aus tausend Federkissen zum „Brünnhilden-Aufbetten“, ehe Loges Feuerzünglein tausendfältig emporloderten. Solcher Klangzauber ist heutzutage nahezu einzigartig: die weitgespannte Größe dieser Raummusik, ihr Farbenreichtum, ihr Mut zur romantischen Übersteigerung. Dem Applaus und dem Andrang nach zu schließen lechzt ein großer Teil des Wiener Publikums geradezu nach solch üppigen, leicht eingedunkelten Klängen, nach seelenvoller, schwelgerisch aufrauschender Romantik, von der das Orchester verschwenderisch zu geben bereit war.

Schon im ersten Aufzug, dessen Schlusstakte mit einem kurzen, mitreißenden Energieanfall exekutiert wurden, zeigten sich die besonderen musikalischen Qualitäten dieses Abends, die verführerischen Klänge der Streicher, die sehnsuchtsvollwebenden der Cellisten, mit gesättigten Farben, mit detailliert herausgearbeiteten Orchesterstimmen geschaffene Klangträume und Klangräume für Liebende. Der Walkürenritt zeugte nicht von leichtfüßigen Rappen bogenbewaffneter Steppenvölker, sondern diese Rosse hatten schon ein gewisses Gewicht zu tragen: das schwerer wiegende dunkle Erz von Brünne, Helm und Speer erglänzte in den sattgetönten Bläsern. Thielemann nahm aus Rücksicht auf die Sänger das Orchester phasenweise sehr stark zurück, trotzdem hielt die Spannung fast den ganzen Abend über an.

Die eigentliche Herausforderung lag bei den Sängerinnen und Sängern. Die „Krise des Wagner-Gesanges“, die Christian Thielemann im Jänner 2010 in einem Interview mit dem „Neuen Merker“ angesprochen hat, holt den Dirigenten fast an jedem Abend ein. Nun dürfte man sich über die in dieser Aufführung gebotenen Leistungen nicht beschweren, wäre man gewillt, sich nach der derzeitigen „Sängerdecke“ zu strecken – aber soll man die Mängel überhören, nur weil sich kaum Alternativen anbieten?

Es ist faszinierend zu wissen, dass Waltraud Meier bereits vor 19 Jahren ihr Sieglinden-Debüt in Wien gegeben hat. Es ist faszinierend zu hören und zu sehen, wie sie diese Partie nach wie vor auslebt und gestaltet. Die emotionalen Ekstasen wirken inzwischen freilich kontrollierter, den Sachzwängen einer vorsichtiger geführten Stimme untergeordnet. Dafür kann dann Meier auch im dritten Aufzug noch ihr „hehrstes Wunder“ bejubeln – diese Sängerin ist zweifelsohne ein Phänomen.

Christopher Ventris sang einen schönstimmigen Siegmund, in den ruhigeren Erzählpassagen geradezu ideal und mit gut gesetzten „Wälse“-Rufen. Aber das letzte Quäntchen an heldentenoraler Kraftaufwallung fehlte dann doch. Das zeigte sich vor allem im Finale des ersten Aufzugs, wo sein „Wälsungenblut“ noch einmal so richtig „aufkochen“ müsste. Eric Halfvarson hat das „schwarze“ Hunding-Hagen-Timbre, aber mir scheint, ich habe ihn schon „markiger“ gehört.

Der zweite Aufzug begann mit den etwas gewöhnungsbedürftigen „Hojotohos“ der Katarina Dalayman (Hausdebüt). Sie ist nicht die erste Sängerin, der diese Passage Mühe macht. Im weiteren Verlauf der Aufführung zeigte sich, dass sie durch Kraft ersetzt, wo es der Stimme an Breite, aber auch an Höhe mangelt. Die Mittellage schien mir für eine Sängerin dieses Faches überraschend fragil. Im emotionalen Ausdruck blieb sie für meinen Geschmack einiges schuldig, auch wenn sie als Bühnenerscheinung guten Eindruck machte. Zum Solovorhang gab es für sie nicht nur viel Beifall, sie wurde auch mit einigen Buhrufen konfrontiert.

Albert Dohmen hielt mit seinem Wotan bis zum Schluss durch und war möglicherweise die positive Überraschung des Abends. Sein Rollenportrait gewann im Laufe der Vorstellung deutlich an Profil, zeigte väterliche Gefühle und verfügte nach einem kontrolliert gesungenen Abschied noch über genügend Kraft für die finale Evokation des Feuergottes. Janina Baechles Fricka hat mich persönlich nicht so in Bann geschlagen, aber sie erfüllte problemlos ihre Aufgabe.

Der starke Schlussapplaus dauerte rund 17 Minuten. Thielemann wurde auch am Beginn der Vorstellung und nach den Pausen stark beklatscht.