DIE WALKÜRE
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Wiener Staatsoper Dirigent: Franz Welser-Möst |
Siegmund -
Christopher Ventris |
Wotan
ist kein Vorbild für den Vatertag Die beiden „Solo“-Walküren am 5. und 12. Juni erwiesen sich als begrüßenswerte Spielplanbereicherung. Beide Vorstellungen waren besetzungsidentisch: trotzdem hinterließ die Aufführung am 12. Juni einen besseren Eindruck. Die Aufführung vom 12. Juni war am Stehplatz gut besucht, das Stehparterre sogar ausverkauft. Der „Vatertag“ wird wohl nicht der Grund dafür gewesen sein, eher das städtetouristisch genützte Pfingstwochenende. Wotan wäre auch kein gutes Beispiel für werdende und gewordene Väter. Brünnhildes in spitze Runen geschnittene Memoiren trügen wohl den Titel: „Hilfe, ich war die Tochter eines Politikers!“. Eva Johannson sang eine unermüdlich-ermüdlich klingende Titelheldin. Ohne solche Marathonspezialistinnen könnte man nicht landauf, landab den „Ring“ aufführen – aber so richtig gute Brünnhilden sind derzeit Mangelware. Der Verschleißfaktor ist hoch, und wer sich Durchhaltevermögen erwirbt, ergötzt nicht immer die Ohren der Zuhörer. Johannson war an diesem Abend aber besser in Form als eine Woche zuvor – wie eigentlich alle Mitwirkenden. Mit ihrem langen Blondhaar ist sie vom Aussehen für die Rolle prädestiniert und ihr Spiel ist immer überzeugend. Dass Tomasz Koniecnys charakterstarke Stimme nicht so recht zum Klischee eines umtriebig-sonoren „Göttervaters“ passt, könnte in einer „modernen“ Inszenierung sogar von Vorteil sein. Aber als idealen Wotan würde ich ihn trotzdem nicht bezeichnen, dafür ist er ist als Alberich zu gut. Wenn man das berücksichtigt, dann gelang Koniecny wieder eine überzeugende Leistung. Besonders hervorzuheben wäre etwa das „Spannunghalten“ in der langen Erzählung im zweiten Aufzug, die mit herrischem Selbstverständnis initiierte „Heimschickung“ Hundings, sein energische Art, mit der er seine Töchter in die Schranken verwies. Sogar beim „Logerufen“ im Finale schonte er sich nicht, auch wenn man hier schon ein wenig heraushörte, dass die Partie alle Ressourcen ausschöpft. Eigentlicher „Stern“ des Abends war Christopher Ventris. Vor einer Woche hat ihm die Partie im ersten Aufzug etwas Mühe bereitet, an diesem Abend punktete er mit schönem, heldischem Stimmmaterial, auch bei den Wälserufen und beim „Notungbeschwören“. Meist schlug in der Höhe prachtvolles Metall durch. Nur das aufzugbeschließende „Wälsungenblut“ geriet ihm auch an diesem Abend etwas knapp. Der Sänger hat am 21. September 2003 als Siegmund in Wien debütiert. Ich notierte damals: „Ventris gehört aber unter die Kategorie vielversprechend. Er sagt über sich: „I'm a strong lyric“ (...) und seine Stimme besitzt eine helle, angenehm-klingende Grundierung und eine natürliche Kräftigkeit, die auch den Ton in großen Häusern trägt. Das Debüt gelang ihm jedenfalls und es war weit mehr als ein Achtungserfolg.“ Seine Stimme hat sich seither die lyrische Flexibilität erhalten und an metallisch-viriler Grundierung zugelegt. Manchmal erfüllen sich Versprechen wirklich! Seine bräutliche Schwester, Ricarda Merbeth, hat bei ihrem Wiener Sieglinden-Debüt letzten Sonntag auf mich etwas verhalten gewirkt. An diesem Abend ging sie stärker aus sich heraus, einige Stellen im zweiten und dritten Aufzug gelangen intensiv, die „Siegfried-Bejubelung“ sogar richtig mitreißend. Aber bei vielen entscheidenden Stellen, an denen genuine Sieglinden ihre Pluspunkte sammeln, öffnet sich ihr Sopran nicht zu der erhofften strahlender Überzeugungskraft. Sie scheint mit der Sieglinde etwas über ihre Verhältnisse hinauszugehen. Ain Angers Bass ist agil und schönstimmig, durchaus bedrohlich, mit nobler Tiefe. Den bösartigen Sippenchef entdecke ich aber nach wie vor nur rudimentär an ihm. Das hat auch mit der Inszenierung zu tun und der Personenregie von Sven-Eric Bechtolf (Anger war in der Premiere mit dabei). Ist Hunding nicht eine Vorform Hagens und zählt das Hunding zugeordnete Motiv nicht zu den brutalsten im ganzen „Ring“? Bechtolf machte aus Hunding einen fiesen Großbürger, der stattlich ausstaffiert, beweglich und eloquent Siegmund und Sieglinde die „Leviten“ liest. Dadurch wird der Mythos schon zu verfeinert und entschärft. Michaela Schuster war eine persönlichkeitsstarke Fricka – nicht immer von stimmlichem Wohlklang begleitet. Nadia Krasteva verdoppelte sich und lieh der Grimgerde und (!) der Schwertleite ihre Stimme. Zoryana Kushpler spielte die Schwertleite und verzichtete wegen einer akuten Kehlkopfentzündung auf das Mitsingen. Wäre es einem aufgefallen, hätte man das Publikum vor dem dritten Aufzug nicht darüber informiert? Die Walküren klangen insgesamt etwas harsch, aber das haben Schlachtmaiden so an sich. Franz Welser-Möst sorgte für einen zügig dirigierten Abend mit vielen, schön heraus gearbeiteten Details und üppig ausgekostetem Wagner-Klang. Etwas problematisch war wieder der erste Aufzug, wo sich die Spannung für meinen Geschmack zu langsam aufbaute. Das Publikum applaudierte und „bravote“ an die neun Minuten lang. Es könnten ein, zwei Buhrufe darunter gewesen sein. Mir wurde nachher erzählt, zumindest eines hätte dem Dirigenten gegolten. Ich habe das von meinem Platz aus nur sehr unbestimmt wahrgenommen – und finde das in Anbetracht der ansprechenden Aufführung auch nicht sehr wichtig. |