DIE WALKÜRE
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Wagner-Portal

Wiener Staatsoper
5.6.2011

Dirigent: Franz Welser-Möst

Siegmund - Christopher Ventris
Hundig - Ain Anger
Wotan - Tomasz Konieczny
Sieglinde - Ricarda Merbeth
Brünnhilde - Eva Johansson

Fricka - Michaela Schuster
Helmwige - Elisabeta Marin
Gerhilde - Caroline Wenborne

Ortlinde - Alexandra Reinprecht
Waltraute - Aura Twarowska
Siegrune - Sophie Marilley
Roßweiße - Juliette Mars
Grimgerde - Nadia Krasteva
Schwertleite - Zoryana Kushpler


Wotan als Charakterkopf
(Dominik Troger)

Interessante Rollendebüts brachte eine Vorstellung von Richard Wagners „Walküre“ in der Staatsoper. Im Mittelpunkt stand der Wotan von Tomasz Konieczny, der sich nach seinem großen Erfolg als Alberich dem Wiener Publikum jetzt als Göttervater präsentierte.

Tomasz Konieczny ließ keinen Wotan „klassischen“ Zuschnitts hören. Sein heller, markanter Bassbariton verlieh dem Gott einen jugendlichen, dynamischen, manchmal leicht grell gefärbten Charakter, der von einer lauernden Gefährlichkeit geprägt wurde. Das sicherte ihm im zweiten Aufzug viel Aufmerksamkeit, etwa in der spannend vorgetragenen Erzählung, ließ im Abschiednehmen des dritten Aufzugs aber die sonore Breite vermissen, mittels der sich das berührende Fluidium dieser Vater-Tochter-Beziehung hätte entsprechend entfalten können. Konieczny war schon als Alberich ein bühnenwirksamer Darsteller gewesen – und als Wotan stand er diesem um nichts nach, verortete ihn zwischen herrischer Autorität, rebellischer Depression und liebender Vatergeste. Fazit: etwas gewöhnungsbedürftig, aber beeindruckend. Das Publikum dankte ihm schlussendlich mit viel Beifall und Bravorufen.

Das Wotanskind der Eva Johansson agierte nicht so glücklich. Die Anfangs-„Hojotohos“ waren noch nie dieser Brünnhilde Stärke gewesen, aber auch im weiteren Verlauf des Abends präsentierte sich ihr Sopran immer wieder mit intonationsgetrübter Höhe und insgesamt schon etwas ermüdet klingendem Timbre.

Der zweiten Rollendebütantin, Ricarda Merbeth, fehlte im ersten Aufzug diese zündende, liebeshungrige Energie, ohne der dem Wintersturm kein Wonnemond zu folgen vermag, fast gänzlich. Sie schien vielmehr die Demut einer Elisabeth oder einer Elsa im Herzen zu tragen, ohne das rebellische Aderngeflecht einer Wälsungentochter. Im zweiten Aufzug und vor allem im kurzen Part des dritten ging sie stärker aus sich heraus. Aufjubelnden „Sieglinden-Tonfall“ habe ich bei ihr kaum herausgehört.

Christopher Ventris konnte das Spannungsdefizit des ersten Aufzugs nur bedingt ausgleichen, weil er selbst etwas unausgewogen sang. In forcierten Passagen verlor die Stimme immer wieder kurz ihr Metall und das finale „Wälsungen-Blut“ kam nur mehr rudimentär zum „Erblühen“. Offenhörlich tat ihm die Pause gut: Im zweiten Aufzug steigerte er sich deutlich und war wieder souverän unterwegs. Ain Anger gab einen schönstimmigen, mir in Summe zu agilen Hunding. Die Hinterlist war spürbar, bodenständige „Bassbedrohung“ empfand ich bei ihm weniger.

Michaela Schuster kam als Fricka deutlich besser zur Geltung, als noch vor einem Jahr in der „Tannhäuser“-Premiere als Liebesgöttin. Und bei den Walküren hatte Nadia Krasteva ihr Grimgerden-Debüt. Wotans Töchter schlugen sich insgesamt recht wacker.

Das Staatsopernorchester unter Franz Welser-Möst brachte den ersten Aufzug nicht so richtig auf Touren – aber das war womöglich im Sinne der Sänger. Ab dem zweiten Aufzug wurde eine spannende, schön musizierte Aufführung realisiert. Die besten Welser-Möst-Abende sind die, die gleichsam so „nebenbei“ im Repertoire passieren.

Das Bühnenbild wurde im zweiten Aufzug bekanntlich verändert. Man sieht jetzt die weißen Felssteine aus dem „Rheingold“. Warum dort aber auch zwei Goldköpfe aufgestellt sind, die aus dem von Alberich geraubten Schatze stammen – keine Ahnung. Besser als Brünnhildes Kinderzimmer ist diese Lösung allemal. Die Heldenjagd der Walküren wirkt nach wie vor ziemlich läppisch. Der Feuerzauber entfaltet nach wie vor seine Wirkung – er ist wahrscheinlich eine der optisch gelungensten Passagen des Bechtolf-„Rings“.

Das Publikum applaudierte sieben Minuten lang (nach anderer Zeitnehmung neun Minuten). Nur bei Eva Johansson brach die Zustimmung deutlich ein. Der Stehplatz hätte noch einiges an Besuchern vertragen.