DIE WALKÜRE
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Wiener Staatsoper
17.4.2005

Dirigentin: Simone Young

Siegmund - Christian Franz
Hundig - Matti Salminen
Wotan - Falk Struckmann
Sieglinde - Susan Anthony
Brünnhilde - Lisa Gasteen

Fricka - Petra Lang
Helmwige - Irmgard Vilsmaier
Gerhilde - Ricarda Merbeth

Ortlinde - Salina Cvilak
Waltraute - Janina Baechle
Siegrune - Stella Grigorian
Roßweiße - Waltraud Winsauer
Grimgerde - Antigone Papoulkas
Schwertleite - Daniela Denschlag


Energetischer Wotan
(Dominik Troger)

Die Staatsoper steht mitten im zweiten Ring-Zyklus dieser Saison. Die Walküre brachte sehr gute sängerische Leistungen: am energiegeladenen Wotan von Falk Struckmann führte kein Weg vorbei.

Nicht von Anfang an, aber Schritt für Schritt, mutierte diese „Walküre“ zu einer – für das Repertoire – sehr gelungenen Aufführung. Wesentlichen Anteil daran hatte Falk Struckmanns kerniger und wirkungsmächtiger Wotan. Ob Verzweiflungswut im zweiten Aufzug inklusive Speer-auf-den-Boden-knallen oder ob Hunding-zu-Fricka-schicken: Struckmann verbreitet zwar nicht die noble Grandezza altehrwürdigen Götteradels, aber es tut wohl, wenn die sängerische Ökonomie einmal nicht den ganzen Abend bestimmt. Gerade an den erwähnten Beispielen wird deutlich, wie man expressive Akzente setzen kann (und wie sehr man sie oft vermisst), gleichsam als Salz in der Suppe der langen, eloquenten Wagner'schen (Selbst-)Gespräche, die bei Struckmann ebenfalls treffend aufgehoben waren. Dabei hat Struckmann auch am Schluss noch genug Power, um Loge brachial-herrschaftlich herbeizurufen. Er scheut nicht das sängerische Risiko, er bezwingt einen als Zuhörer. Ihm war heftiger Applaus sicher.

Ganz anders der Siegmund von Christian Franz: ein Heldentenor mit Belcanto-Qualitäten, von den kräftigen Wälserufen bis zur ausdifferenzierten Liebeslyrik des Wonnemondes. Seine Stimme trägt hier wie dort. Nuancenreich folgt Franz dem Wort-Sinn, mit klarer Diktion – fast schon altmodisch zu nennende Tugenden, durch die sich Wagners Dichtung als „Drama“ dem Zuhörer jedesmal in immer wieder neuen Facetten und Schattierungen erschließt.

Lisa Gasteen als Brünnhilde hatte an dem fesselnden dritten Aufzug viel Anteil. Sie konnte Struckmanns herrischem Wotan durchaus „Kontra“ geben, um mit kräftigem, selbstbewusstem Gesang das Vaterherz zu rühren. Ihr Timbre hält eine gute Balance zwischen warmer, mitfühlender Emotionalität und einer heldischen Klarheit, die den Spitzentönen leider fehlt. Dass sich Brünnhilde mit ihrem Speer in jugendlicher Unbekümmertheit die Nägel manikürt – als Hojotoho-Abschluss – schaut etwas seltsam aus, obwohl es ihr einen mädchenhaften Zug verleiht, der ganz passend ist. Denn da ist Brünnhildens Welt noch in Ordnung als Wotans Liebkind und Heldenerkieserin.

Susan Anthony gefiel mir gesanglich als Sieglinde besser als im Oktober, eine gelungene Darbietung, die mir allerdings mit ihrem amerikanischen Touch und einer gewissen Posenhaftigkeit stilistisch nicht so recht behagte. Grimmig wie gewohnt in Erscheinung und Gesang: Matti Salminen als „Parade-Hunding“. Petra Lang war eine integere Fricka. Sie scheint noch einen letzten Rest von Sympathie für Wotan zu empfinden, beginnt mit ernsthaftem Bitten. Es gibt noch keinen totalen Ehekrieg. Aber eine letzte berührungheischende Geste bleibt im Ansatz stecken. Wotan ist mit seinen Gedanken schon ganz woanders.

Das Orchester ließ sich vor allem im dritten Aufzug von Simone Young zu großflächigem, romantischem Gewoge anstacheln, als Zuhörer konnte man sich ganz auf den Wellenkamm schmeißen, um mitzusegeln. Hingegen gerieten mir weite Strecken des ersten Aufzugs zu langatmig. Filigrane Motivarbeit ist im Repertoire ohnehin Luxus, da zählt mehr der summarische Gesamteindruck und der passte. Alle Beteiligten wurden mit sehr viel Applaus verabschiedet.