I VESPRI SICILIANI
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Wiener Staatsoper
9. September 2012
Wiederaufnahme

Dirigent: Gianandrea Noseda

Guido di Monforte - Gabriele Viviani
Arrigo -
Burkhard Fritz
Giovanni da Procida - Ferruccio Furlanetto
Elena - Angela Meade
Sire de Bethune - Alexandru Moisiuc
Vaudemont - Hans Peter Kammerer
Ninetta - Alisa Kolosova
Danieli - Marian Talaba
Tebaldo - Carlos Osuna
Roberto - Tae-Joong Yang


„Interessante Hausdebüts“

(Dominik Troger)

I vespri siciliani” zählt nicht gerade zu den „Rennern” unter den Verdi-Opern. Aber die Staatsoper hat ihre Produktion aus dem Jahr 1998 jetzt nach vier Jahren Absenz wieder in den Spielplan aufgenommen.

Als „Mischwesen“, gebildet aus einer historisierenden Grand opéra und der funkensprühenden Musik Verdis, gibt sich die „Sizilianische Vesper“ etwas spröde. Ohne einer leidenschaftlich agierenden Top-Besetzung geht da gar nichts. Die aktuelle Staatsopern-Wiederaufnahme machte einen als Zuhörer zwar nicht „rundum glücklich“, das leidenschaftliche Potential, das diese Oper besitzt, war aber in einigen Szenen deutlich spürbar.

Dass hier zuerst der Sänger des Procida, Ferruccio Furlanetto, genannt wird, überrascht nicht. Furlanetto hat schon in der Premiere gesungen. Er war an diesem Abend eine tragende Säule, mit ausgeruht klingendem Bass. Vor allem der vierte und fünfte Akt lebten vom unerbittlichen Rachedurst, mit dem er diese Figur zu Leben erweckte.

Gabriele Viviani, bestätigte mit seinem Rollendebüt als Monforte den guten Eindruck, den er 2007 bei seinem Hausdebüt in den „Puritanern“ hinterlassen hat. Sein Bariton klingt zwar nicht übermäßig füllig, hat aber Noblesse und ist für Verdi groß genug. Der Sänger agierte mit dem entsprechenden Stilgefühl wie die Arie am Beginn des dritten Aktes bewies. Sein Monforte besaß Autorität und war insgesamt eine stattliche Bühnenerscheinung.

Angela Meade steht derzeit vor allem in den USA hoch im Kurs. Jetzt gab sie mit der Elena ihr Staatsopern-Debüt. Die Sängerin hat in den letzten Jahren eine „Blitzkarriere“ hingelegt. Das Spinto-Fach, dem sie sich zunehmend widmet (im Jänner 2013 Debüt als „Troubadur“-Leonore an der Met), ist mit qualitätsvollen Stimmen ohnehin nicht überbesetzt. Mit der Partie der Elena und ihren gesangstechnisch anspruchsvollen „Stimmungsumschwüngen“ kam sie sehr gut zu recht – von den „Forte-Attacken“, bei denen die Spitzentöne eindrucksvoll über das Orchester segelten, bis zum sehnsuchtsvollen Piano samt Verzierungen. Dann und wann fehlte es ein wenig an der Lockerheit, was vor allem dem „Bolero“ einiges an spielerisch-virtuosem Glanz kostete. Unter Druck neigte die Stimme zu kurzwelligem Flackern und das hat mich etwas irritiert. Meades Sopran scheint mir insgesamt doch etwas (zu) jung für das Fach, in dem er reüssiert. Dass sie im weißen Hochzeitskleide wegen ihrer Körperfülle nicht unbedingt vorteilhaft aussah, tut nichts zur Sache. Bei dieser „Inszenierung“, die nur aus einer bühnenbreiten, steil ansteigenden Treppe besteht, tun Frau und Mann vor allem gut daran, auf die Stufen zu achten.

Burkhard Fritz konnte bei seinem Rollendebüt mit den oben genannten nicht mit halten. Er war schon nach dem Timbre seines Tenors beurteilt keine glückliche Wahl für eine so glutvolle Partie wie sie der Arrigo vorstellt. Das etwas fahl-nasale Timbre erinnerte nicht gerade an einen jugendlichen Liebhaber. Unsicherheiten bei seiner Arie am Beginn des vierten Aktes drückten zusätzlich auf die Sympathien beim Publikum. Der anschließende Szenenapplaus hielt sich in sehr engen Grenzen und es gab ein paar Zischer.

Die übrige Besetzung agierte mehr als Stichwortgeber. Der Chor verdient bei dieser Produktion ein Sonderlob – erstens hat Verdi ein paar tolle Chorszenen eingebaut, die mit Verve gesungen werden wollen – und zweitens birgt das Bühnenbild (wie schon erwähnt) Gefahrenpotential genug.

Das Hausdebüt des Dirigenten Gianandrea Noseda verlief günstig. Die Partitur wurde schön aufgefächert zu Gehör gebracht, in einem klaren, mehr analytischen „Klang“. Den sentimentalen Grundgehalt von Verdis Musik hätte man üppiger herausstreichen können. Die intimeren Momente gerieten deshalb etwas flach, die zupackenden griffig.

Der Stehplatz hätte noch viele Besucher vertragen – und der Schlussapplaus dauerte etwa sechs bis sieben Minuten lang. (Die Ansage, die am ersten Abend der neuen Saison am Beginn der Vorstellung vor Handy- und Fotoapparatgebrauch warnte, ist nicht mehr zu hören.)