IL TROVATORE
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Il Conte di Luna - Artur Rucinski |
„Leonora auf Wienbesuch“ Der „Troubadur“ ist im neuen Jahrtausend zu einem raren Gast auf der Staatsopernbühne geworden. Zuerst wurde die Oper sechszehn Jahre lang überhaupt nicht gespielt und dann ist die Neuproduktion von 2017 bereits nach zwei Jahren wieder vom Spielplan verschwunden – bis zur aktuellen Wiederaufnahme am letzten Sonntag. Über die Gründe könnte spekuliert werden, etwa dass die Neuinszenierung des Filmregisseurs István Szabó im Jahr 1993 dem Werk im Repertoire langfristig betrachtet keine „Flügel“ verliehen hat. Daniele Abbados Entwurf von 2017, der die Handlung in den spanischen Bürgerkrieg verlegt, hat der Oper auch kein Glanzlicht aufgesetzt. Diese Saison gibt es aber noch eine zweite Aufführungsserie, und deshalb darf gemutmaßt werden, dass „Il trovatore“ damit fürs erste aus seinem Wiener „Dornröschenschlaf“ wieder „aufgeweckt“ worden ist. Die zweite Aufführung der Wiederaufnahme überraschte gleich mit einer neuen Leonora. Rachel
Willis-Sørensen
ist für die erkrankte Maria Agresta eingesprungen – und das offenbar
recht kurzfristig, wie die Sängerin selbst auf Instagram ihren
Followern mitgeteilt hat. (1) Willis-Sørensen ist derzeit eine viel
beschäftigte Leonora, hat die Partie erst im Herbst an der New Yorker
Metropolitan Opera gesungen. Derzeit weilt sie bei Proben für eine
„Trovatore“-Serie in London. Die Sängerin ist laut Online-Spielplan der
Staatsoper auch für den 8. Februar angesetzt. Für die vierte
Vorstellung wird Marina Rebeka als Ersatz für Maria Agresta angegeben. Den Grafen Luna verkörperte Artur Rucinski. Der Sänger hat die
Partie bereits 2013 (!) im Theater an der Wien gesungen – doch erst
mit dieser „Il trovatore“-Serie gab er sein Hausdebüt
an der Staatsoper. Prüfstein für jeden Luna ist das „Il
balen del suo sorriso“ – dem mehr an gesanglicher Geschmeidigkeit und sinnlichere Timbrefülle gut getan hätte.
Sein Bariton klang mir dafür zu trocken: Er wirkte insgesamt mehr wie ein etwas raubeiniger „Kerl“ mit intrigantem Einschlag, wenn man es so umschreiben
darf. Dass ich seinen Luna 2013 durchaus mit „Noblesse“
verknüpft habe, ließ sich für mich nicht
mehr nachvollziehen, möglicherweise hat sich hier das einst reichhaltigere Timbre schon etwas abgeschliffen? Vittorio Grigolo verfügt über keinen Tenor, der mit metallisch unterlegten Acuti die Stretta zum „Reißer“ macht. Eindrucksvoller gelangen zum Beispiel die Szenen mit Azucena, wo Grigolos sonnengereifter Tenor – mit leicht melancholischem Farbton abgemischt – überzeugend und vom Sänger gut gezügelt zur Geltung kam. Manricos finale Eifersucht gegenüber Leonora setzte er dann zwar etwas überzeichnend in Szene, aber Grigolo möchte, so hat man den Eindruck, dass das ganze Auditorium genauso für die Oper brennt wie er selbst. Beim Schlussbeifall war er wieder ganz „Animateur“, forderte das Publikum gestisch mehrmals zu stärkerem Applaus auf – und schließlich wurden es auch rund sieben Minuten. Für die wahrscheinlich in Summe überzeugendste solistische Einzelleistung sorgte Clémentine Margain als Azucena, die es stimmlich „rund“ und kräftig „lodern“ ließ, und die zusammen mit Grigolo der Aufführung auch die meiste Leidenschaft bescherte. Positiv aufhorchen ließ wieder llja Kazakov, dieses Mal als Ferrando. Der Staatsopernchor hat sich die Verdischen Gustostückerl zum allgemeinen Genuss natürlich nicht entgehen lassen. Das Orchester unter Pier Giorgio Morandi bot solide Kost fürs Repertoire, die Arien gerieten manchmal (zu) träge, wenn Verdi Feuer macht, dann war das auch im Orchester einigermaßen zu spüren. Im Haus waren wieder
viele Touristen. Erst im Jänner wurde eine Studie der Wirtschaftskammer
Wien veröffentlicht, laut der 40 Prozent der Staatsopernbesucher
aus dem Ausland kommen, 20 Prozent aus den anderen Bundesländern
– und 40 Prozent aus Wien. Was das wohl für die Zukunft bedeutet?! (2) (1) https://www.instagram.com/rachelwillissorensen/reel/DFslsJOt1pE/ |