IL TROVATORE
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Staatsoper
4. September 2017

Dirigent: Marco Armiliato


Il Conte di Luna - George Petean
Leonora - Maria José Siri
Azucena - Luciana D`Intino
Manrico - Yusif Eyvazov
Ferrando - Jongmin Park
Ines - Simina Ivan
Ruiz - Jinxu Xiahou
Un vecchio zingaro - Michael Wilder
Un messo - Oleg Zalytskiy



„Saisonstart“

(Dominik Troger)

Mit Giuseppe Verdis „Il trovatore“ startete die Wiener Staatsoper in die Saison 2017/18. Durch die Absagen von Anna Netrebko und Marcelo Álvarez wurde die Besetzung für den „season opener“ neu durchgemischt. Als Leonore sprang Maria José Siri ein, als Manrico Yusif Eyvazov – beide mit ihrem Staatsopern-Rollendebüt.

Der rosa Zettel am Plakat, der den Besuchern drohend entgegenleuchtete, galt aber Anna Netrebko und keiner ganz kurzfristigen Umbesetzung. Netrebko hatte ihre Absage auf Grund einer Verkühlung bereits am Sonntag über ihren Facebook-Account bekanntgegeben. Vor dem kärntnerstraßenseitigen Eingang rudelten Kartenbesitzer, die ihre Tickets los werden wollten. 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn hätte hier noch aus einem „wohlsortierten“ Sitzplatzangebot ausgewählt werden können. Einige Plätze im Parkett sind dann während der Vorstellung sogar frei geblieben.

Während der rosa Zettel für seine Leserinnen und Leser also keine Überraschung mehr bereit hielt, die rot gepolsterten Gerüststangen, die im Eingangsfoyer die Eintretenden begrüßten, waren eine. In der Septemberbausgabe der Publikumszeitschrift der Staatsoper verspricht der Direktor des Hauses in seinem Editorial dem Publikum zwar ein „generalsaniertes Vestibül“, aber das war wohl zu optimistisch gedacht: zumindest das Gerüst steht noch.

Am Platz im Zuschauerraum angekommen begrüßte die Besucher das neue Untertitelsystem. Die Displays sind jetzt deutlich größer und können viel mehr: Neben der Librettoanzeige in Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch und Japanisch lassen sich u.a. weitere Informationen zur aktuellen Vorstellung, zum Spielplan, zum Haus abrufen. Es sind softwaremäßig noch nicht alle Möglichkeiten umgesetzt, jeder Um- und/oder Neubau braucht eben seine Zeit.

Befürchtungen, die Displays könnten gelangweilten Opernbesuchern als „Spielzeug“ dienen, wurde dankenswerter Weise ein Riegel vorgeschoben: Während der Vorstellung läuft nur der Text mit – und sonst nichts. Die Schrift ist (zu) klein gehalten, füllt nur einen schmalen Bereich der verfügbaren Fläche. Störendes Streulicht gibt es so gut wie keines. Das alte Untertitelsystem war im September 2001 eingeführt worden.

Mit „Il trovatore“ hat die Staatsoper eine ihrer neuesten Produktionen gleich renommeelüstern an den Beginn der Saison gestellt. Trotzdem wirkte die Inszenierung von Daniele Abbado wenige Monate nach der Premiere bereits verstaubt und abgespielt – und sie diente den Sängerinnen und Sängern vor allem als Rahmen zum Abliefern von Standardgesten.

Marco Armiliato dirigierte einmal mehr auswendig. Er war die treibende Kraft im Orchestergraben, zog die Spannung – vor allem in den Ensembles – immer wieder an. Das „Finetuning“ betreffs Klangabstimmung und Lautstärke bedarf für die Folgevorstellungen allerdings noch der Nachjustierung. Maria José Siri war dem Staatsopernpublikum bereits als Tosca und Maddalena bekannt. Ihre Stimme ist etwas leichtgewichtiger als jene Netrebkos, das Timbre nicht so satt und betörend. Es besitzt aber einen weichen lyrischen Kern, der allerdings in der Höhe und in der Attacke des öfteren etwas überdehnt wurde. Sie bot eine gute Leistung – auch abzüglich Einspringerbonus.

Yusif Eyvazov gab den Manrico. Das metallischkörnige Timbre seines Tenors ist sehr charakteristisch und Geschmackssache, aber es „glättete“ sich im Laufe des Abends merklich. Bei Spitzentönen oder beim kraftvollen Aussingen gesellte sich ein reizvolles Squillo hinzu und die Stimme klang auffallend klarer. Weil der Sänger einigen stilistischen Gestaltungswillen erkennen ließ, war der Gesamteindruck einem Manrico schon angemessen: ein junger Mann der Tat, ein legerer, sympathischer Draufgänger, der auch mitreißen kann und Leben auf die Bühne bringt.

George Petean (ebenfalls Rollendebüt am Haus) hätte sich ein bisschen an Draufgängertum von diesem Manrico abschauen können. Sein Graf war ein eher ruhiger, aber durchaus viriler „Typ“. Das „Il balen del suo sorriso“ wurde von ihm sehr schön gesungen, zu einem langen Bogen gespannt, zählte zusammen mit den emotional und mit düsterer Gesangestiefe unterfütterten Auftritten der Azucena von Luciana D’Intino zum Besten, was der Abend zu bieten hatte. Jongmin Park steuerte mit seinem prächtigen jungen Bass wieder den Ferrando bei.

Das Publikum bedachte den Eröffnungsabend nur mit knapp sechs Minuten langem Schlussapplaus.