LA TRAVIATA
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Wiener Staatsoper
9. März 2013

Dirigent: Paolo Carignani

Violetta Valery - Marlis Petersen
Alfredo Germont - Rolando Villazón
Giorgio Germont - Fabio Capitanucci
Flora Bervoix -
Lena Belkina
Annina -
Donna Ellen
Gastone - Carlos Osuna
Baron Douphol -
Marcus Pelz
Marquis d'Obigny - Hans Peter Kammerer
Dottore Grenvil - Alfred Sramek
Giuseppe - Dritan Luca
Kommissionär - Wataru Sano
Domestico - Franz Gruber



Enttäuschende Vorstellung
(Dominik Troger)

Rolando Villazón als Alfredo – das war nur ein Aspekt einer insgesamt wenig Freude bereitenden „La Traviata“-Aufführung an der Wiener Staatsoper.

Es ist keine zehn Jahre her, da hat Rolando Villazón nicht nur in Wien und Salzburg Triumphe gefeiert. Auf DVD ist noch reproduzierbar, was die Magie dieses Sängers ausgemacht hat. Aber was ist davon geblieben? Rolando Villazón ist durch eine schwere Stimmkrise gegangen. Sein Tenor ist „kleiner“ geworden. Zwar hat sich der schöne lyrische Tonfall der Mittellage erhalten und das breite baritonale Timbre gibt der Stimme nach wie vor ein ganz spezielles Flair – aber diese Stimme bedarf eines besonders pfleglichen Umgangs. Man konnte sich letztes Jahr an der Staatsoper bei seinem Nemorino davon überzeugen: liebenswürdig und bühnenpräsent, aber schon beim „Una furtiva lagrima" ahnte man die engen Grenzen, die dieser Stimme inzwischen gesetzt sind.

Bei seinem späten Alfredo-Debüt an der Staatsoper demonstrierte Villazon, was sein Tenor offenbar überhaupt nicht mehr verträgt: Wenn er im Eifer der Aufführung von ihm erzwingen möchte, dass er doch wieder so kräftig und emotional eindringlich erschallen möge wie in früheren Jahren. Die Tiefe brach weg, die Höhe klang immer dünner, und beinahe hätte der Abend schon beim „De‘ miei bollenti spiriti“ in einem Fiasko geendet, zumal sich Villazón das „O mio rimorso“ auch noch „gegönnt“ hat. Das Resultat war ein „Sprechgesang“ bis zur Heiserkeit und der Szenenapplaus fiel nur sehr kurz und mager aus. Glücklicherweise hatte Villazón dann Zeit, sich zu erholen – und nach der Pause mischte er sich mit einer leicht erfrischt klingenden Stimme wieder ins Geschehen ein, allerdings ohne in seinem fast schon störenden hyperaktivem Spiel nachzulassen. Aber viel länger hätte der Abend nicht dauernd dürfen.

Etwas zu „hyperaktiv“ agierte für meinen Geschmack auch Marlies Petersen als Violetta, die ich nach den Erfahrungen dieses Abends nicht zu ihren Glanzpartien zählen würde. Ihr Sopran ist eher hell, ihre Darstellung von der Ausstrahlung und dem ganzen Gehabe eher robust und zu wenig mädchenhaft. Die Koloraturen wurden recht flüchtig präsentiert. Ihre Stimme wirkte zu schwerfällig, wo sie von anmutiger Virtuosität belebt oder von tiefer Empfindung beseelt werden sollte, ebenso bei den Spitzentönen. (Sie sang kein „hohe Es" im „Sempre libera“ ).

Petersen spielte sehr expressiv und nahm auch die Regievorgaben ernst, sich immer wieder ein „Schlückchen“ genehmigen zu müssen. Es ist allerdings ein Grundproblem dieser Produktion, dass die Sängerinnen und Sänger auf eine fast leere Bühne gestellt werden und dort mehr oder weniger sinnvoll agieren sollen. Darunter litt auch die Sterbeszene, bei der der todkranken Violetta regiebedingt die „Bettruhe“ verwehrt wird: Dieses Da- und Dorthinrennen, dieses Gewandraffen und Schuhe-dann-doch-nicht-Anziehen, dieses zum Souffleurkasten wanken, dieses zu Bodenfallen und sich wieder Aufrappeln grenzte schon fast an eine Parodie. Man erinnere sich nur, wie herzergreifend Sängerinnen dieses Finale in der alten Produktion gestaltet haben – und die lagen dabei die meiste Zeit in ihrem Bühnenbett. Insofern darf man Petersen nicht ankreiden, was ein Grundfehler dieser Inszenierung ist.

Deutlich blässer als in der Premiere kam der Giorgio Germont von Fabio Capitanucci zur Geltung. Der Sänger verfügt eigentlich über einen schönen Bariton, der an diesem Abend aber nicht zur Bestform auflief und von einem ermüdenden Phlegma überschattet wurde. Vom ersten Auftritt an stand dieser Vater auf dem Abstellgleis.

Paolo Carignani nahm zum Glück Rücksicht auf die Sänger und deckte die Stimmen nicht zu. Spannender wurde die Aufführung dadurch allerdings nicht. Während der Vorstellung gab es an vielen passenden und unpassenden Stellen kurzen Applaus, der starke Schlussjubel überraschte.