LA TRAVIATA
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Staatsoper
16. Dezember 2014

Dirigent: Myung-Whun Chung

Violetta Valery - Ermonela Jaho
Alfredo Germont - Saimir Pirgu
Giorgio Germont - Vitaliy Bilyy
Flora Bervoix - Ilseyar Khayrullova
Annina -
Donna Ellen
Gastone - Carlos Osuna
Baron Douphol -
David Pershall
Marquis d'Obigny - Hans Peter Kammerer
Dottore Grenvil - Dan Paul Dumitrescu
Giuseppe - Dritan Luca
Kommissionär - Ion Tibrea
Domestico - Franz Gruber



33. Aufführung in dieser Inszenierung
(Dominik Troger)

Mit vier Vorstellungen von „La traviata“ hat die Staatsoper sich und das Publikum auf die kommende „Rigoletto“-Premiere am Samstag eingestimmt – und wahrscheinlich wäre es einem Teil des Stammpublikums nicht unlieb gewesen, hätte die Direktion die „Traviata“ als Neuinszenierung angesetzt und nicht den „Rigoletto“.

Am Pult stand Myung-Whun Chung, der nicht nur drei „Traviata“-Vorstellungen, sondern vor allem die musikalische Betreuung der „Rigoletto“-Premiere vom aus dem Amt geschiedenen Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst „geerbt“ hat. Chung, der vor einigen Jahren eine famose „Simon Boccanegra“-Serie an der Staatsoper dirigiert hat, schien die rührende Geschichte aus dem Pariser Liebesleben weniger aus der Reserve zu locken, als die Genueser Historie. Zwar spürten luzide Violinen im Vorspiel zum letzten Bild dem verwehenden Lebensatem Violettas nach und tauchten ihr Dahinscheiden musikalisch in ein mildes herbstliches Leuchten, aber so richtig aufwühlend wurde es eigentlich den ganzen Abend nicht. Vor allem das Gefühlsdrama des zweiten Aktes schleppte sich dahin.

Chung ließ eher kammermusikalisch spielen, sehr schön einzelne Instrumentengruppen herausgearbeitet, im Klang etwas trocken, mit feiner Brillanz in der schon angesprochenen zart illuminierten Abrundung, sowie mit viel Gefühl für rhythmische Nuancen. Mag sein, dass Chung in der Wiedergabe gleichsam ein Bild von Violetta einfangen wollte, der Musik eine gewisse „Leichtigkeit“ gebend, hat er doch in einem Interview in der aktuellen Publikumszeitschrift der Wiener Staatsoper gemeint, bei einem Vergleich der beiden Opern sei „Traviata“ offensichtlich die „Frau“ – „Rigoletto“ der „Mann“.

Jede Sängerin, die in dieser Inszenierung auf der leeren Bühne eine Viertelstunde lang „zu-Tode-torkeln“ muss, ist arm dran. (Vielleicht wollte Regisseur Jean-Francois Sivadier damit zum Ausdruck bringen, dass Violetta so pleite ist, dass sie sogar ihr Bett ins Pfandhaus bringen musste.) Ermonela Jaho wusste jedenfalls, was auf sie zukam. Sie hat die Partie schon mehrmals an der Staatsoper gesungen. Jahos Violetta lebt vom starken Einsatz der Sängerin, die den Lebens- und Liebeshunger der Figur gut herausbringt und das Publikum – wie der Applaus am Schluss bewies – mitzureißen vermag. Ihr Sopran klang allerdings schon etwas „derangiert“, da wurde im ersten Bild durch Kraft ersetzt, was in den Verzierungen locker-virtuos aus der Kehle perlen sollte, und das starke Vibrato verfolgte die Sängerin sogar in den lyrischeren Passagen. Im Piano war noch etwas von der reizvoll dunklen Färbung der Stimme zu hören, ein Liebreiz, der in der forcierten Art ihres Singens rasch verloren ging. Aber Jaho wäre nicht die erste Sängerin, die über ihre Expressivität das Publikum gewinnt.

Saimir Pirgu hat den Alfredo schon vor sechs Jahren an der Staatsoper gesungen. Die Stimme ist etwas „breiter“ und kräftiger geworden, hat für die feurigen Momente inzwischen genug Strahl- und Durchsetzungskraft. Beim schwungvoll vorgetragenen „O mio rimorso“ sang er allerdings die „Sicherheitsvariante“ ohne hohen Schlusston. Pirgus Tenor benötigte das erste Bild, um auf Touren zu kommen – bei den Piani „hakte“ es insgesamt ein wenig. Insofern kam ich zum Schluss, dass die Stimme möglicher Weise an Kraft zugelegt, aber dafür an lyrischer Flexibilität etwas eingebüßt haben könnte.

Vitaliy Bilyy – Hausdebüt in dieser Serie als Einspringer für Fabio Capitanucci – wirkte als Giorgio Germont blass, und der Verdi’schen Gesangslinie wusste er nicht viel „Belcanto“ abzugewinnen. Mehr Wirkung erzielte sein etwas rau timbrierter Bariton dort, wo er schon kräftiger ausholen durfte. Im Schlussbild wohnte Giorgio Violettas Ende teilnahmslos bei, stand dort wie „angeschraubt“. Man musste nur auf Dottore Grenvil seitlich im Hintergrund schielen: Dan Paul Dumitrescu machte es vor, wie ein Darsteller mit ganz einfachen Mitteln Spannung in seinen Körper bringen kann – ein kleiner Schritt in einem entscheidenden Moment, eine Verlagerung des Körperschwerpunktes nach vorne, eine leicht geneigte Haltung, so als ob man zu Hilfe eilen möchte etc.

Der Abend schloss mit viel Applaus für alle Beteiligten.