STIFFELIO
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Wiener Staatsoper
19.11.2004

Dirigent:Marco Armiliato

Stioffelio - José Cura
Lina -
Hui He
Stankar - Renato Bruson
Raffaele - Cosim Ifrim
Jorg - Johannes Wiedecke
Federico - Peter Jelosits
Dorotea - Asa Elngren

Nagende Eifersucht
(Dominik Troger)

„Stiffelio“ hatte in Wien 1996 Premiere. Die Produktion war vom Royal Opera House Covent Garden übernommen worden. Jetzt wurde sie aus dem Wiener Repertoire verabschiedet.

„Stiffelio“ liegt, ähnlich wie „Luisa Miller“, an einer Art von Nahtstelle zwischen dem funkensprühenden Frühwerk Verdis und seinen „Opernhits“. Ein halbes Jahr vor „Rigoletto“ uraufgeführt (1850) vereinigt das Werk klassische Belcanto-Formen mit damals durchaus neuen Versuchen, den Gesetzmäßigkeiten der „Nummernoper“ zu entkommen. Am besten zeigt sich das an Stiffelio selbst, der keine einzige klassische „Arie“ singen darf und in der durchgestalteten Anlage der Partie fast schon veristische Tendenzen vorwegnimmt. Diese Mischung führt immer wieder zu reizvollen Ergebnissen. Problematischer ist die Handlung, die das Thema „Untreue“ an einem Pastorenehepaar durchspielt und noch einen an militärischen Ehrbegriffen geschulten „Vater“ hinzugesellt. Da wirkt manches überzeichnet, im Realismus der psychologischen Ausgestaltung weniger zwingend als etwa in der keine vier Jahre später uraufgeführten „Traviata“.

Die Staatsoper hatte die drei Hauptpartien prominent besetzt, dem restlichen Ensemble wird man guten Willen nicht absprechen können (obwohl der auch nicht immer etwas hilft). Das Orchester konnte sich hingegen kaum zu einer solchen Willensbezeugung aufraffen. Aber das ist bei dieser Art von Werken ein altbekanntes Übel. Marco Armiliato sachwaltete am Pult den äußeren Umständen gemäß und durchaus mit Gespür für den dramatischen Fortgang der Handlung. Bühnenbild und Kostüme dieser Produktion sind an historischem Realismus kaum zu überbieten (ein besonders Schmankerl, der ausgestopfte Fuchs an der Wand). Eine personenbezogene Regie, die die Abgründe im bigotten Ambiente besser vermitteln könnte, hat dieser Inszenierung von Anfang an gefehlt. (Die Premierenbesetzung der Wiener Erstaufführung am 26.10.1996: Carreras, Zampieri, Bruson. Dirigiert hat Fabio Luisi.)

José Cura gab denn „Stiffelio“. Er kommt mir wie jemand vor, der ohne Rücksicht auf Verluste querfeldein marschiert. Manchmal ist ein schöner Ausblick dabei, aber oft hat man das Gefühl, Cura marschiere mitten durchs Gestrüpp. Und genauso klingt, was er singt. Stilistisch ist da nicht viel zu machen, Piano kennt Cura kaum, meistens agiert er in Rage. Seine füllige, angedunkelte, breite Mittellage kommt mangels Technik nur punktuell zum Tragen. Oft genug erscheinen an ihrer Stelle Rudimente, die Cura dann mit viel Einsatz, Kraft und leichter nasaler Einfärbung zusammenhält. Auch schauspielerisch ist ihm zum Pastor in Beziehungskrise kaum etwas eingefallen.

Seine Bühnengemahlin, Hui He als Lina, hatte schon im Frühjahr als Butterfly in der Volksoper überzeugt. An der Staatsoper zeigte sich jetzt, dass sie eine „große Stimme“ hat, raumfüllend, fast metallisch. Sie hat mit der Partie keine Probleme, auch wenn ihr vielleicht ein wenig Wärme im Timbre abgeht, (was Linda in ihren depressiven Momenten noch feinfühliger gezeichnet hätte). Sie traf auch das schauspielerische Element besser, als ihr ausrastender und schicksalshadernder Gemahl. Renato Bruson als Oberst Stankar musste viel Routine bemühen. Starker Ausdruckswille und gesangliche Möglichkeiten gingen des öfteren nicht mehr zusammen. Für den Jorg von Johannes Wiedecke gilt, was ich weiter oben vom „guten Willen“ geschrieben habe.

Übermäßige Stimmung kam bei mir nicht auf. Bruson erhielt meiner Einschätzung nach am meisten Beifall, auch viele Bravos. Cura deutlich weniger.