SIMON BOCCANEGRA
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Konzertante Aufführung
Konzerthaus
17.4.2013

Dirigent: Massimo Zanetti

Wiener Symphoniker
Wiener Singakademie

Simon Boccanegra - Thomas Hampson
Jacopo Fiesco - Carlo Colombara
Amelia - Kristine Opolais
Paolo - Luca Pisaroni
Pietro - Igor Bakan
Gabriele Adorno - Joseph Calleja
Hauptmann - Andrew Owens
Dienerin Amelias - Gaia Petrone



„Korsar und Staatsmann“
(Dominik Troger)

Das Wiener Konzerthaus lud am 13. und am 17. April zu konzertanten Aufführungen von Giuseppes Verdis Simon Boccanegra". Die Aufführungen wurden für eine CD-Veröffentlichung mitgeschnitten und die Besetzung war hochkarätig. Nachfolgende Anmerkungen beziehen sich auf den zweiten Termin.

Vor allem Thomas Hampson in der Titelpartie und Joseph Calleja als Gabriele Adorno sorgten für einen Abend erster Güte, emotional intensiv und klangschön spielten die Wiener Symphoniker unter der Stabführung von Massimo Zanetti.

Thomas Hampson hat schon vor Jahren den Simon Boccanegra vorzüglich an der Staatsoper interpretiert. Aber bei einer konzertanten Aufführung sind die Sänger doch noch mehr gefordert, weil sie selbst und ihre Stimme ganz im Mittelpunkt stehen, ohne die emotionale Unterstützung des Schauspiels und der Szene. Es ist zum Beispiel schwieriger, im Konzertsaal einen wirkungsvollen Operntod zu sterben. Wenn man sich spektakulär zu Boden fallen ließe, könnte das als medizinischer Notfall verstanden werden.

Bei Hampson verhauchte der Simon Boccanegra mit einem fast schon vergeistigt wirkenden „Maria” auf den Lippen, dann ließ er den Kopf auf die Brust sinken und verharrte regungslos. Ein schönes, stimmungsvolles, symbolisches „Sterben“, das zum Gesamtbild eines Dogen passte, dem von Hampson ein nobles, in der Senatsszene durchsetzungsfähiges Ansehen verliehen worden war.

Hampsons Bariton überzeugte mit lyrischer Kantabilität und präzisem Ausdruck. In der schon genannten Senatsszene musste er etwas forcieren, ohne dass er dabei seinen Bariton über die Grenzen des geschmackvollen Vortrags getrieben hätte. Hampson erfüllte die Figur mit staatsmännischem Format und mit viel Stilgefühl, das auch im familiären Gefühlsleben unverkennbar erhalten blieb. Andere Interpreten kolorieren möglicherweise die Vaterfigur stärker, Hampson wahrte nach meinem Eindruck eine kleine, aber spürbare Distanz des „schönen Ausdrucks”.

Einen prächtigen Gabriele Adorno gab Joseph Calleja. Calleja hat die Partie noch nicht oft gesungen, was für seine sorgsame Karriereplanung spricht. Er wechselte kontrolliert zwischen strahlkräftiger Spinto-Attacke und gehaltvollen Piani, die von ihm als Ausdrucksmittel oft genützt wurden. Er gab der Figur eine starke Präsenz, woran auch das inzwischen schon beinahe „sprichwörtlich” gewordene „Schellack-Timbre” seines Tenors einen wichtigen Anteil hatte. Sein Gabriele Adorno stand an diesem Abend auf einer Augenhöhe mit Boccanegra und war dem Dogen ein würdiger Nachfolger.

Fiesco fand in Carlo Colombara einen profilierten, aber etwas nüchternen Interpreten. Die düster-dramatischen Momente wurden für meinen Geschmack zu wenig betont. Um als Gegenspieler von Thomas Hampsons Simone Boccanegra zu punkten, fehlte es dann doch ein wenig an Ausstrahlung und stimmlicher Exklusivität.

Kristine Opolais hatte in dieser komplexen Familienkonstellation den schwierigsten Stand, ihr Sopran klang ein wenig hart und in der Höhe schon leicht flackrig und mit abnehmender Klangschönheit bei den Spitzentönen. Die gefühlsbewegenden Momente in ihrer Auftrittsarie „Come in quest'ora bruna“ kamen nicht so „dolcissimo” wie ich es mir gewünscht hätte. Opolais sang sie routiniert, aber zu wenig „raffiniert". Es war denn auch mehr der Gesamteindruck, den ihre nicht wirklich zum Aufblühen neigende Stimme hinterließ, der einer zustimmenderen Wahrnehmung meinerseits im Wege stand. Vielleicht weil das junge, verliebte Mädchen nicht mehr so deutlich herauszuhören war?

Luca Pisaroni sang einen gepflegten, aber nicht sehr „bösen” Paolo. Die einsatzfreudige Wiener Singakademie konnte es an dramatischer Wucht mit dem Staatsopernchor nicht aufnehmen. Die Wiener Symphoniker waren von Massimo Zanetti sehr gut präpariert worden. Dass das Staatsopernorchester die Klangschönheiten des Werkes eine Spur subtiler zum Leuchten bringt, sei aber trotzdem erwähnt. Das konnte man etwa bei der Einleitung des ersten Aktes nachvollziehen, wenn Verdi schon in „frühimpressionistischer” Klangmalerei verharrt. Aber die Symphoniker spielten mit schönem satten Streicherklang und boten eine spannende Wiedergabe des Werkes. Der Schlussapplaus feierte die Protagonisten, dauerte aber nur rund sieben Minuten lang.