SIMON BOCCANEGRA
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Staatsoper
29. März 2019

Dirigent: Philippe Auguin

Simon Boccanegra - Placido Domingo
Jacopo Fiesco - Kwangchul Youn
Amelia - Eleonora Buratto
Paolo - Marco Caria
Pietro - Dan Paul Dumitrescu
Gabriele Adorno - Francesco Meli
Hauptmann - Lukhanyo Moyake
Dienerin Amelias -
Lydia Rathkolb


„Simon Boccanegra, 86. Aufführung in dieser Inszenierung*
(Dominik Troger)

„Simon Boccanegra“ an der Wiener Staatsoper: Placido Domingo ist wieder als Sänger der Titelpartie zu Gast. Anbei einige Anmerkungen zur dritten Vorstellung der aktuellen Aufführungsserie.

Es scheint inzwischen weitgehender Konsens darüber zu herrschen, dass der Simon Boccanegra von allen Bariton-Partien, mit denen Placido Domingo seinen „Karriereherbst“ noch in einen zeitweiligen „Spätsommer“ verwandelt hat, die nachhaltigste und überzeugendste ist. In Wien hat er die Partie erstmals 2011 gesungen und sie seither schon über 10-mal im Haus am Ring verkörpert. Ihre musikalische Anlage und ihr Charakter kommen dem Sänger entgegen. Natürlich ist nicht zu überhören, dass Domingo nicht mehr so jung ist, wie im Jahr 2011. Ab einem gewissen Lebensalter zählt für den Körper jedes Jahr „doppelt“..

Nun überrascht einerseits wie kompakt die Stimme des Sängers immer noch klingt, andererseits sind ihre Kraftreserven bereits limitiert. Domingo verwaltet das geschickt, muss in der Senatsszene viel Zurückhaltung üben, und nützt nach der Pause den großen Vorteil, dass er bald vom Gift angekränkelt den sterbenden und abschiednehmenden Vater spielen darf. Und wenn das Gift seine Wirkung tut und er trotz seinen Alters gekonnt zu Boden stürzt, dann liefert er auch noch einen „stuntmäßigen“ Beweis für seine körperliche Fitness. Insofern hat sich seit seinem Wiener Erstauftritt als Boccanegra eigentlich wenig verändert.

Sein Gegenspieler wird in dieser Aufführungsserie von Kwangchul Youn verkörpert. Youn kam damit zu seinem späten Fiesco-Debüt an der Wiener Staatsoper – seinem zu späten Fiesco-Debüt. Sein tremolierender Bass brauchte den Prolog, um sich einigermaßen zu festigen und fand m dritten Akt zu einer menschlichen Größe, mit der er gut neben Domingo bestehen konnte. (Domingo könnte dem Alter nach der Vater (!) dieses Fiesco sein – und man will sich gar nicht ausmalen, was einem gewieften Librettisten dazu für eine verworrene Geschichte hätte einfallen können.)

Ganz neu für Wien war die Sängerin der Amelia. Eleonora Buratto hat an der New Yorker Met vor drei Jahren als Norina debütiert, am Royal Opera House hat sie Micaela gesungen, jetzt hat sie auch an der Staatsoper „vorbeigeschaut“. Burattos, auf mich leicht kühl wirkender Sopran, ließ einiges an hellem, manchmal etwas forciert eingesetzten Spintomaterial hören – und nach dem angespannt vorgetragenen „Come in quet’ora bruna“ zu schließen, scheint er sich beim Vortrag kantabler mädchenhafter Lyrik nicht (mehr) wirklich wohl zu fühlen.Sie kam gut beim Publikum an und konnte ihr Staatsoperndebüt als Erfolg verbuchen.

Francesco Meli ist seit 2011 „Stammgast“ an der Staatsoper als Gabriele Adorno. Seine Stimme ist seither deutlich metallischer geworden. Sie wurde von dem Sänger an diesem Abend aber auf Kosten einer nuancierten Ausgestaltung ziemlich „druckvoll“ eingesetzt. Marco Caria sorgte für einen etwas derben, aber wirkungsvollen Paolo, Dan Paul Dumitrescu war ein verlässlicher Pietro. Das Orchester unter Philippe Auguin bot eine ansprechende Begleitung, mit breitem, schönem Streicherklang.

Der Schlussapplaus brachte es auf rund 16 Minuten. Buratto und Domingo fingen die, ihnen aus dem Parkett geworfenen Blumensträusschen im Fluge. 2011 hat der Applaus nach Domingos Simon Boccanegra noch doppelt so lange gedauert. Aber die Fans sind eben auch älter und ein bisschen müder geworden. Tempus fugit.

' laut Abendzettel.