SIMON BOCCANEGRA
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Staatsoper
27. Mai 2016

Dirigent: Marco Armiliato

Simon Boccanegra - Dmitri Hvorostovsky
Jacopo Fiesco - Ferruccio Furlanetto
Amelia - Barbara Frittoli
Paolo - Adam Plachetka
Pietro - Sorin Coliban
Gabriele Adorno - Francesco Meli
Hauptmann - Carlos Osuna
Dienerin Amelias -
Laydia Rathkolb


„75. Aufführung ein kleines Jubiläum“
(Dominik Troger)

„Simon Boccanegra“: Verdis Ausflug in die Genuesische Geschichte steht wieder auf dem Programm der Wiener Staatsoper. Es war laut Programmzettel bereits die 75. Aufführung dieser Inszenierung von Peter Stein, die im Jahr 2002 Premiere hatte.

„Simon Boccanegra“ hatte über viele Jahrzehnte hierzulande eher Raritätenstatus, aber mit der bereits erwähnten Neuproduktion hat sich die Oper ihren Platz im Repertoire erobert. Dazu kamen fast immer gute Besetzungen – lebt dieses Werk doch vom Gegensatz zwischen Boccanegra und Fiesco. Die Sänger dieser Partien garantieren den Erfolg – plus Paolo, der als Zünglein auf der Waage sich als eben dieses mit Bühnenautorität behaupten muss.

Ferruccio Furlanetto ist mit Fortschreiten der Jahre in die unversöhnliche „Düsternis“ des Fiesco hineingewachsen wie in eine zweite Haut. Die schon leicht verhärtete Patina seines Basses, die von seiner langen Karriere zeugt, wird zum Charaktermerkmal dieser Rolle, ein Merkmal des Hasses, der an Fiesco nagt, wobei sich spätestens beim „Vieni a me“ zur rauen Schale noch ein salbungsvolles Gemüt hinzugesellt. Furlanetto hat die Partie in Wien (laut Online-Datenbank der Staatsoper und diese Vorstellung mit einberechnet) 56mal gesungen, fast doppelt so oft wie den Filippo. Sein Gesang hat im Klang naturgemäß nicht mehr die weiche Eleganz früherer Dezennien, aber gerade deshalb gerät ihm dieser Fiesco so glaubwürdig, hat sich dieser doch während des Zeitsprungs vom Prolog zum Rest der Handlung in einen rüstigen, aber für die damalige Epoche hochbetagten Manne zu wandeln.

Dmitiri Hvorostovsky hat seine erste Wiener „Simon Boccanegra“-Serie 2012 gesungen. Sein Bariton klang an diesem Abend rauer als damals, was aber – ähnlich wie beim Fiesco – den Charakter des Boccanegra durchaus zu konturieren vermag. Allerdings schien die Ressourcen fordernde Partie dem Sänger phasenweise etwas Mühe zu bereiten – im Gegensatz zu seinem „Maskenball“-René vor wenigen Wochen. Was an stimmlicher Frische (vor allem vor der Pause) abgegangen sein mag, ergänzte der Sänger durch seine darstellerische Überzeugungskraft. Das Finale gelang sehr berührend und die Szene mit Fiesco zuvor war große Oper – von zwei charismatischen Sängern zu wirkungsvollem Bühnenleben erweckt.

Barbara Frittoli hatte mit der Amelia für meinen Geschmack zu viel Mühe und das engelsgleiche Gemüt dieser jungen Frau litt unter einem starken Vibrato und heiklen, mit zu viel Kraft anvisierten Spitzentönen. Zusätzlich zeugten wenig Tiefe und eine nicht sehr klangvolle Mittellage von einer durchwachsenen Gesangesleistung. Francesco Meli hat den Gabriele Adorno zuletzt vor vier Jahren an der Staatsoper gesungen. Er ließ das Spintometall seiner Stimme ertönen, als müsste er die Arena di Verona bis auf den letzten Platz ausfüllen. Hingegen blieben seine Versuche, Pianokultur zu zeigen, etwas rar und eine kultivierte, tragende Mittellage sparte er nahezu aus. Insofern scheint diese vor vier Jahren noch jung aufstrebende Tenorstimme seither eine etwas einseitige Entwicklung genommen zu haben.

Adam Plachetka war als Paolo präsent genug, um das geforderte Zünglein an der Waage deutlich herauszustreichen, und Sorin Coliban gab einen einprägsamen Pietro. Dazu gesellte sich noch der stimmlich zupackende Chor. Marco Armiliato am Pult beschwor eine düstere Grundstimmung, mehr ausmalend als drängend, und das Orchester nicht auf Kosten der Sänger in den Vordergrund stellend.

Die – gemessen an der gesanglichen Beschaffenheit etwas inhomogene – Aufführung, wurde vom Publikum rund zwölf Minuten lang stark beklatscht.