SIMON BOCCANEGRA
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Staatsoper
21. Jänner 2015

Dirigent: Philippe Auguin

Simon Boccanegra - Leo Nucci
Jacopo Fiesco - Ferruccio Furlanetto
Amelia - Barbara Frittoli
Paolo - Marco Caria
Pietro - Dan Paul Dumitrescu
Gabriele Adorno - Alfred Kim
Hauptmann - Marian Talaba
Dienerin Amelias -
Arina Holecek


„Gipfeltreffen“
(Dominik Troger)

Es fällt schwer, zu glauben, dass Leo Nucci den Simon Boccanegra inklusive dieser Vorstellung erst neun Mal in Wien gesungen hat. Aber dass er damit bei genauso vielen Staatsopern-Boccanegras wie Placido Domingo hält, überrascht dann doch. Dabei hat Nucci seinen ersten Wiener Boccanegra schon 1990 verkörpert, dann aber erst wieder 2008.

Leo Nucci, der seinen 70er schon gefeiert hat, war erst im April 2014 in Wien als leidenschaftlicher Rigoletto auf der Bühne gestanden (noch in der alten Staatsopern-Inszenierung). An diesem Abend wirkte er allerdings etwas müde, sang die Partie zwar eindringlich, aber stimmlich mit leicht verschlanktem Volumen. Er gestaltete den Simon Boccanegra unspektakulär, aber nachhaltig, aus einer Schlichtheit entwickelt, die die Erfahrung lehrt. Die Stimme klang am Beginn noch leicht aufgeraut, das legte sich bald. Einprägsam stellte er die langsam fortschreitende Wirkung des Giftes dar, das dem Dogen letztlich zum Verhängnis wird.

Feruccio Furlanetto, einige Jahre jünger als Nucci, ist als Jacopo Fiesco hingegen bereits eine Wiener Institution. Er hat diese Rolle (inklusive dieser Vorstellung) schon 51mal im Haus am Ring gesungen, weiß die Online-Datenbank der Wiener Staatsoper. Und er stand mit Leo Nucci bereits gemeinsam in „Simon Boccanegra“-Aufführungen auf der Bühne dieses Hauses – und zwar 1990! Furlanettos Bass zeigte sich nach wie vor kräftig, mit seinem charakteristischen Timbre ausgestattet – und die beiden Stimmen, jene Boccanegras und jene Fiescos, passten in all ihrer Würde sehr gut zusammen. Ein wenig konnte man das Gefühl haben, hier einem Gipfeltreffen zweier hochdekorierter Veteranen der italienischen Oper zu lauschen, die das Publikum mit ihrem ganzen Erfahrungsschatz in Sachen Verdi-Gesang verwöhnen.

Alfred Kim, der Gabriele Adorno des Abends, steuerte einen kräftigen Tenor bei: leicht nasal, mit guter Höhe, viel Heroik, und wenig Gefühl für Nuancen. Das Timbre klang zudem ein wenig gepresst. Während sich Kim energiegeladen durch den Abend sang, flüchtete die Amelia der Barbara Frittoli in die verhaltenen Töne, um allerdings auch dort nicht immer „glücklich“ zu werden. Frittolis Sopran erwischte keinen guten Tag. Die Stimme klang bei den meist mit zu viel Kraft und etwas schwerfällig angesteuerten Spitzentönen nicht sehr einnehmend und tendierte schon bei mittlerer Lautsstärke dazu, sich mit flattriger Tongebung bemerkbar zu machen. Auch Amelias delikate Auftrittssarie wurde zum Vabanquespiel. Marco Caria gab wieder einen überzeugenden Paolo.

Und weil hier schon soviel von Statistik die Rede war: Dan Paul Dumitrescu sang an diesem Abend seinen 62. (!) Pietro seit der Premiere dieser Produktion im Jahr 2002, und Marian Talaba hat es schon auf 30 „Hauptmänner“ gebracht.

Das Orchester spielte für den erwarteten Repertoireabend unerwartet klangschön, die Streicher zum Beispiel im Vorspiel und in der Einleitung der Amelia-Arie mit weicher Nuance und Geschmack, sehr schön auch die Holzbläser. Philippe Auguin am Pult sorgte für eine routinierte Abwicklung des Abends. Der Schlussapplaus dauerte an die zehn Minuten.