RIGOLETTO
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Volksoper
6. März 2013

Dirigent: Enrico Dovico


Herzog - Vincent Schirrmacher
Rigoletto -
Anton Keremidtchiev
Gilda - Bernarda Bobro
Sparafucile - Stefan Cerny
Maddalena - Martina Mikelic
Giovanna - Sulie Girardi
Monterone - Alexander Trauner
Marullo - Günter Haumer
Borsa - David Sitka
Graf Ceprano - Petar Naydenov
Gräfin Ceprano - Mara Mastalir
Wachebamter - Raimund-Maria Natiesta
Bedienstete - Özlem Bulut


Rigoletto-Film mit guter Musik
(Dominik Troger)

„Rigoletto“ als Society-Drama in der Filmbranche: Die Volksoper hat ihre Produktion von 2009 wieder in den Spielplan aufgenommen. Die Szene ist nach wie vor gewöhnungsbedürftig, musikalisch hinterließ der Abend einen guten Eindruck.

An diesem Volksopern-„Rigoletto“ ist wirklich vieles gewöhnungsbedürftig: der Gebrauch der deutschen Sprache, die schäbigen Bühnenbilder, die Inszenierung, die die Geschichte neu erzählt und Rigoletto zum „Garderobier“ eines Filmstars (= dem Herzog“) macht.

Aber diese Produktion hat schon 32 Aufführungen erlebt. Und auch wenn das Publikum in der ersten Lichtpause die Köpfe zusammensteckt und über das Gesehene tuschelt (Filmstudio der 1950er-Jahre, eine barbusige, schwer betrunkene Frau, ein Herzog, der singend (!) einen meterhohen Kameraturm hoch klettert, ein buckelloser Rigoletto, der außerdem kein „Narr“ ist), die Überlebensfähigkeit dieser Inszenierung im Repertoire hat mich überrascht.

Stephen Langridge setzte ganz auf „neue Sachlichkeit“ und jeglicher Zierrat wurde abgeschlagen, als er die Handlung in der römischen Filmstadt „Cinecittà“ verortete. Bei der Premiere sah die Inszenierung stark nach Parodie aus, inzwischen ist dieser „Rigoletto“ zu einer düsteren Erzählung geronnen, in der ein „Ur-Ur-Ur-Ahn“ des „eigentlichen“ Rigolettos, der herzöglicher Hofnarr gewesen ist, die Hauptrolle zu spielen scheint.

Bis zum dritten Akt wirkt die Szene befremdlich und doch ist einem die Handlung irgendwie vertraut, erst im letzten Bild durchdringen sich diese beiden Geschichten, die ganz alte vom Hofnarren und die ganz neue vom Garderobier. Die Schenke sieht zwar moderner aus, ein Wohnwagen steht am linken Bühnenrand, aber die Inszenierung schwenkt hier wieder auf die ursprüngliche Erzählung ein: Deutung und Vorlage verschmelzen. Gildas Tod, von Theaterblut untermalt, entspricht der Erwartungshaltung, und „rettet“ auf diese Weise die Aufführung: Auch wenn man die Inszenierung nicht „gemocht“ hat, zumindest Gilda hatte eine „schöne Leich“.

Anton Keremidtchievs Rigoletto schwelgte nicht in „Renaissancefülle“, sondern klang etwas abgeklärter. Aber der Sänger gestaltete die Partie recht „griffig“ und verfügte über alle gebotenen stimmlichen Mittel. Nur die große Szene im zweiten Akt, wenn Rigoletto um Mitleid fleht, markierte ein wenig die Grenzen dieser Stimme, die hier auf mich zu nüchtern wirkte. Keremidtchiev spielte außerdem mit viel Einsatz und erreichte in dieser modernen Szenerie ein hohes Maß an Authentizität.

Vater und Tochter passten recht gut zusammen: Bernarda Bobro gab der Gilda eine natürliches, einfaches Wesen. Ihr lyrischer Sopran meisterte die Koloraturen und Spitzentöne des „Caro nome“ ohne „Soubrettenanflug“. Sie blieb ganz in der „Geschichte“, zuerst zurückhaltend und verträumt, dann willensstark im Finale.

Vincent Schirrmacher war ein energiegeladener Herzog, sang mit wenig Stil und sehr viel Einsatz – sozusagen die Ärmel hochgekrempelt und durchmarschiert. Dabei hatte ich öfters den Eindruck, dass der Sänger mehr Ressourcen anzapfte, als der Stimme eigentlich zu Verfügung stehen. Auch bei den vom Publikum erwarteten Spitzentönen schonte er sich nicht. Das war nicht immer „schön“ anzuhören, aber es vermittelte ein (etwas outrierendes) Draufgängertum, das dem „Rigoletto“-Herzog durchaus zugerechnet werden kann.

Stefan Cernys Sparafucile zeichnete sich durch eine entdämonisierende Pragmatik aus, ebenfalls dem Charakter der Inszenierung entsprechend. Sein Bass kam in dieser Partie gut zur Geltung. Martina Mikelic als Maddalena balancierte geschickt zwischen geschäftsmäßiger Erotik und echter Anteilnahme am Schicksal des Herzogs. Ihr breiter Mezzo komplettierte die nach Stimmen und Charaktere gut getroffenen Hauptfiguren.

Enrico Dovico ist am Währinger Gürtel inzwischen der Mann für die italienische Oper, auch wenn meist in deutscher Sprache gesungen wird. (Die „beweglichen Frauenherzen“ erklangen an diesem Abend wieder in der Originalsprache, das scheint ein besonderer Inszenierungs-Gag zu sein.) Dovico weiß, wann „Gefühl“ gefragt ist und wann das Orchester „zulegen“ muss. Als Zuhörer wird man auf diese Weise sehr gut unterhalten.

Bewährt der Chor und die weiteren Mitwirkenden; der Szenenapplaus war kurz, beim Schlussvorhang gab es einige Bravorufe.