RIGOLETTO
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Wiener Staatsoper
21.10.2006

Dirigent:Renato Palumbo

Herzog - Ho-yoon Chung
Rigoletto -
Paolo Gavanelli
Gilda - Desirée Rancatore
Sparafucile - Ain Anger
Maddalena - Nadja Krasteva
Giovanna - Julietta Mars
Monterone - Wolfgang Bankl
Marullo - Marcus Pelz
Borsa - Peter Jelosits
Graf Ceprano - Clemens Unterreiner
Gräfin Ceprano - Waltraud Winsauer
Page - Laura Tatulescu


Vom Schicksal gezeichnet
(Dominik Troger)

Paolo Gavanelli spielt einen Rigoletto, den das Leben verhärtet hat. Der Hass speichert sich in seinem Buckel wie im Kamelhöcker das Wasser. Die Demütigungen, die er als Außenseiter erfährt, zahlt er als Hofnarr mit barer Münze zurück.

Das Doppelleben als gepiesackter und piesackender Höfling und als liebender Vater dient ihm nicht dazu, sich als Objekt allgemeinen Mitgefühls zu platzieren. Die Liebe zur Tochter ist eine, die Unterwerfung fordert – und die wenigen Tränen, die er vergießt, müssen sich erst durch ein verkrustetes und verhärtetes Gefühlsleben ihre Bahn brechen. Gavanellis Rigoletto hat einen brutalen Charakter und einen Hang zur Selbstdarstellung. Der Fluch, der ihn wie ein Alptraum verfolgt, kann unter diesen Voraussetzungen ein wahrhaft zerstörerisches Werk verrichten. Gilda bittet ihn umsonst: der Rachewahn dieses Menschen, dessen Psyche vom Schicksal aufs Rad geflochten wurde, ist furchtbar – für ihn und für andere.

Gavanelli spielt das eindringlich, im ersten Bild dreht er nicht nur manieriert das Narrenstöckchen, er lebt die Szenen mit – und man denkt dauernd, er wäre in Großaufnahme zu sehen, auch wenn er gar nichts zu singen hat. Wenn er singt, dann sucht er die lang gehaltenen Töne, dann drückt er beim Publikum nicht aufs Gemüt, sondern findet in der dargestellten Figur einen heroisch angehauchten Realismus des Abnormen, den man zum Beispiel aus französischen Romanen des 19. Jahrhunderts kennt. Das Timbre ist ein wenig hart, die Stimme kräftig, aber nicht „naturschön“. Das hat zur Folge, dass man bei ihm nicht den musikalischen Genuss suchen darf, aber dafür kommt das dramatisch-opernhafte in einer im besten Sinne „altmodisch“ und „elementar“ zu nennenden Form zu hinreichender Geltung.

Rigolettos Dienstgeber gelang ein beachtenswertes Staatsopern-Debüt. Der junge Koreaner Ho-yoon Chung sang einen im Laufe des Abends immer lockerer agierenden Herzog. Er suchte die Spitzentöne, die Stimme trug bestens in der höheren Lage und sobald er sie ein wenig forcierte, fast mit italischem Charisma. Die Mittellage wirkte auf mich noch etwas unausgewogen. Die Rollengestaltung war stark auf die Gustostückerl ausgelegt.

Desirée Rancatores Gilda wirkte sehr soubrettenhaft mit entsprechenden Spitzentönen, die Mittellage fiel dagegen ab. Die Stimme hat wenig Fülle und in den Ensembles war von ihr kaum etwas zu hören. Das „Caro nome“ sang sie sehr engagiert, an einem kleineren Haus wird sie es wahrscheinlich leichter haben.

Der Monterone wirkte dank Wolfgang Bankl sehr gepflegt, ein bisschen mehr Theatralik hält so ein Verfluchung schon aus. Nadja Krasteva ist als Maddalena auf dem Weg zur Luxusbesetzung. Ain Anger sang wieder einen sehr „korrekten“ Meuchelmörder.

Renato Palumbo setzte nicht so sehr auf Differenzierung, sondern auf teils etwas voluminöse Effekte, insgesamt aber durchwegs anregend. Dem Publikum hat es gefallen, Blumen für Rancatore und Gavanelli. Der starke Applaus währte nur kurz.