RIGOLETTO
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Wiener Staatsoper
11.9.2004

Dirigent:Kirill Petrenko

Herzog - José Bros
Rigoletto -
Anthony Michaels-Moore
Gilda - Andrea Rost
Sparafucile - Goran Simic
Maddalena - Daniela Denschlag
Giovanna - Waltraud Winsauer
Monterone - Sorin Coliban
Marullo - Eijiro Kai
Borsa - Cosim Ifrim
Graf Ceprano - Marcus Pelz
Gräfin Ceprano - Sabina Cvilak
Page - Bori Keszei

Zu hohe Erwartungen?
(Dominik Troger)

Die Staatsoper hatte in der Saison 2003/04 eine „Rigoletto“-Pause eingelegt, jetzt ist das Werk wieder in den Spielplan zurückgekehrt. Aber die zweite Aufführung dieser geplanten fünf Vorstellungen konnte mich nur punktuell überzeugen.

Die Erwartungen sind bei einem „Rigoletto“ immer hoch. Alleine die Darstellungskunst, die hinter der Maske eines boshaften, buckligen Hofnarren einen liebenden Vater offenbart, muss sich immer erneut beweisen – genauso wie die „beweglichen Frauenherzen“ Abend für Abend so besungen werden wollen, dass man anstelle des „Gassenhauers“ die manische Seele des von Liebesabenteuer zu Liebesabenteuer schweifenden Herzogs erkennt.

Wenn ich mir diese Maßstäbe zugrunde lege, dann wird mich die zweite Aufführung der laufenden Rigoletto-Serie an der Staatsoper nur bedingt zufriedengestellt haben. Der Herzog von José Bros hatte zu wenig von dieser ihn treibenden Virilität, was zu allererst im Timbre der Stimme zum Ausdruck kommen müsste. Seinem sehr schlanken, nicht allzu stimmkräftigen, wenn auch gut geführten und schön phrasierenden Tenor, hell und ganz leicht nasal gefärbt, fehlte jegliche breitere Basis, von der aus sich der Herzog seine Bahn zu allen Frauenherzen brechen könnte. Sein Stimme vermittelte mehr die Liebes-Naivität eines Nemorino, als die erfahrene, vorwärtsdrängene Leidenschaft des Rigoletto-Herzogs. Da hat sich also schon die Illusion gebrochen. Trotzdem konnte man sich an einem Gesangsstil erfreuen, der von filigranerer Natur, die Partie des Herzogs musikalisch transparent zur Geltung brachte. Er sang den Schluss des „La donna è mobile“ nach oben, und hielt den Ton mit dünnem, aber fokussiertem Kern. Auffallend waren auch seine Bemühungen um dynamische Akzente, die mit Feinfühligkeit angebracht wurden.

Die Frage nach dem „idealen“ Rigoletto beginnt schon bei der Motorik: Wie bewegt sich so ein Mensch über die Bühne? Das exzessive Schwingen einer „Narrenkeule" vermittelt wenig von der körperlichen Verkrüppelung und ihren seelischen Auswirkungen. Anthony Michaels-Moore sang wenig akzentuiert, risikolos. Alles klang sich ziemlich ähnlich, etwas trocken und geradlinig, nicht geeignet, um eine Bühnenfigur vom Kaliber eines „Rigoletto“ in ihren emotionalen Schattierungen plastisch zu beleben. Andrea Rost war schon in der ersten Vorstellung als Gilda für Stefania Bonfadelli eingesprungen. Rost ist für mich aus dieser Partie bereits herausgewachsen. Die Stimme ist schwerer geworden und neigt zu stärkerem Oszillieren, was ich vor allem im „Caro nome“ als störend empfand. Die Schlusskadenz und auch der zweite und dritte Akt gefielen mir besser.

Der Sparafucile von Goran Simic putzte sein Messer im dritten Akt mit Akribie, und er hat die paar tiefen Noten, die ihn als Bösewicht ausweisen. Die Maddalena von Daniel Denschlag hinterließ einen etwas eigenwilligen Eindruck, vielleicht auch nur deshalb, weil sie den Tenor an Körpergröße überragte? Kirill Petrenko visierte die musikalischen Höhepunkte gut an und sorgte für eine angenehme Differenzierung des Orchesters. Das Publikum schien ziemlich zufrieden, allerdings ohne wirklich in Begeisterungsstürme auszubrechen.