RIGOLETTO
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Verdi-Portal

Staatsoper
31. Mai 2018

Dirigent: Marco Armiliato





Herzog - Juan Diego Flórez
Rigoletto - Paolo Rumetz
Gilda - Aida Garifullina
Sparafucile - Ryan Speedo Green
Maddalena - Elena Maximova
Giovanna - Margaret Plummer
Monterone - Alexandru Moisiuc
Marullo - Orhan Yildiz
Borsa - Pavel Kolgatin
Graf Ceprano - Marcus Pelz
Gräfin Ceprano - Lydia Rathkolb
Page - Ileana Tonca
Huissier - Michael Wilder


Rigoletto, 22. Aufführung in dieser Inszenierung

(Dominik Troger)

Das Wiener Rollendebüt von Juan Diego Flórez als Herzog ist auch schon wieder zweieinhalb Jahre her. Wer den Auftritt des Tenors damals verpasst hat, kann dieses Versäumnis jetzt nachholen – bis 10. Juni besteht die Gelegenheit dazu.

Anna Netrebko beim Schönbrunner Open Air der Wiener Philharmoniker war für diesen „Rigoletto“ natürlich ein kompetitiver „Marktbegleiter“, die Sitzplätze der Wiener Staatsoper aber trotzdem ausverkauft – nur die Stehplätze (insbesondere Balkon und Galerie) hätten noch viele Besucher vertragen können. Die Vorstellung selbst war wieder eine jener typischen „ersten Vorstellungen“ einer Serie, die mindestens bis zur (ersten) Pause benötigen, um sich „warm“ zu spielen.

Leider wird dem Wiener Publikum seit dem Jahr 2014 eine außerordentlich schwache Inszenierung von Verdis-Meisterstück zugemutet (Regie: Pierre Audi), in einem Bühnenbild, dass aussieht, als habe es ein handwerklich unbegabter Schüler aus Spanplatten zusammengenagelt. Aber ist ja nicht so, dass sich Sängerinnen und Sänger gegen solche Zumutungen nicht zumindest ein bisschen wehren können: Juan Diego Flórez hat sich schon bei seinem Rollendebüt die langhaarige, seinen Träger verwahrlosende Herzog-Perücke nicht angetan, und auf diesen „Kopfschmuck“ wohlweislich auch diesmal verzichtet.

Flórez begann etwas forciert und angestrengt, fand erst im zweiten Bild im Duett mit Gilda zu jener locker-belcantesken Geschmeidigkeit, die nicht nur seinen Herzog auszeichnet. Er suchte nach wie vor die Rampe, weil seine Stimme nach wie vor für Verdi ein bisschen zu wenig „voluminös“ klingt, und er wirkte im Spiel nach wie vor auf mich nicht wie ein raffinierter Verführer. Im Gegenteil, Flórez‘ Herzog bekam im Schlussbild sogar einen leicht parodistischen Zug, der durch die offenherzige Maddalena von Elena Maximova noch verstärkt wurde: so wie er ihr nacktes Bein im Takt küsste und sie die Zehen dazu bewegte, so wie sie beide an die Eingangstüre von Sparafuciles Wellblechhütte gelehnt herumturtelten ... Flórez zeigte in diesen Momenten nach wie vor ein leicht buffonesk-„rossinihaftes“ Gehabe, das mir schon 2016 bei seinem obgenannten Wiener Rollendebüt aufgefallen ist.

Höhepunkt des Abends war das genussvoll zelebrierte „La donna e mobile“, gleichsam auf einen luftigen Packen tenoraler Seide gebettet, auf den sich Herzog Flórez eigentlich nur zu setzen braucht, um auf seine weiblichen Opfer zu warten. Dieser Herzog war ein „Womanizer“ unter umgekehrten Vorzeichen: Sieht er nicht so blendend aus, singt er nicht so geschmackvoll, dass er (zu) wenig dazu tun muss, um zu verführen? Aber abgesehen von solchen Detailfragen war Flórez die sängerische Lichtgestalt dieser Aufführung, die, ansonsten in das Dämmerlicht mäßiger Repertoirevorstellungen getaucht, einen womöglich veranlasst hätte, sie bereits in der ersten (von zwei) Pausen zu verlassen.

Paolo Rumetz hat 2014 die Premiere nach dem Ausfall von Simon Keenlyside gerettet. Aber erstens ist das schon wieder einige Jahre her und zweitens machten ihm langsame Passagen an diesem Abend einfach zu viel Mühe (und dann konnte die Intonation schnell „schwammig“ werden – das Duett mit Gilda im zweiten Bild war diesbezüglich der Tiefpunkt des Abends). Dass Rumetz prinzipiell eine Verdi Stimme hat, hat er etwa als René schon bewiesen, aber gerade von einem Rigoletto hätte ich mir zum Beispiel eine reichere Palette an gesanglichen Ausdrucksmöglichkeiten gewünscht. Sein einfach gestricktes „Gegen-das-Schicksal-anrennen“ bot trotz starker Schlussverzweiflung insgesamt doch etwas magere Kost.

Aida Garifullinas Sopran erwischte keinen guten Abend, mit etwa strengem Metall versehen und einem – und das irritierte mich besonders – raschen Flackern, das ihre Mittellage immer wieder – gerade auch in lyrischen Passagen – heimsuchte. Unter Druck konsolidierte sich die Stimme auf Kosten des Timbres, klang verhärtet und etwas schmal. Vielleicht ist sie der Gilda bereits entwachsen? Dass die Sängerin blendend aussieht und optisch mit Flórez ein, wie man so sagt, bildhübsches Paar ergibt, tröstete nur bedingt darüber hinweg.

Offenbar neigen die meisten Maddalenas darstellerisch zum Outrieren, und in dieser Inszenierung bleibt der Sängerin dieser Partie auch kaum etwas anderes übrig. Elena Maximova becircte den Herzog mit all der Verführungskraft ihrer nackten Beine und stellte ihren doch etwas kühlen Mezzo ganz in den Dienst der Sache. Ryan Speedo Green gab einen Sparafucile mit Reibeisenstimme und eher gemütlichem Gehabe. Alexandru Moisiuc konnte als Monterone die vom Regisseur parodiartig inszenierte Hinrichtung des Grafen nicht „retten“.

Marco Armiliato (wie meist ohne Partitur dirigierend) sorgte am Pult dafür, dass der Abend trotz der gemachten Einwände sicher in den Gewässern der Routine auf ein spannendes Finale zustrebte. Der Schlussapplaus schloss alle Beteiligten mit Bravorufen ein – kollektiver Enthusiasmus klingt aber anders.