RIGOLETTO
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Wiener Staatsoper
4.2.2003

Dirigent:Vjekoslav Sutej

Herzog - Roberto Aronica
Rigoletto -
Franz Grundheber
Gilda - Stefania Bonfadelli
Sparafucile - Dan Paul Dumitrescu
Maddalena - Svetlana Serdar
Giovanna - Waltraud Winsauer
Monterone - Janusz Monarcha
Marullo - Hans-Peter Kammerer
Borsa - Peter Jelosits
Graf Ceprano - Peter Köves
Gräfin Ceprano - Tiffany Speight
Page - Judith Halasz


So einfach kann Oper sein
(Dominik Troger)

So einfach kann Oper sein: ein wunderschönes, dem Libretto-gemäßes „Renaissance“-Bühnenbild und eine ohne Effekthascherei da hineingestellte Inszenierung. Was es jetzt noch braucht: ein glaubwürdiges Sängetrio: Rigoletto-Gilda-Herzog und der Opernhimmel hängt voller Geigen.

Allerdings: dieser Staatsopern-Rigoletto ist inzwischen auch schon wieder 20 Jahre alt (Premiere 13. März 1983). Dirigiert hat damals Riccardo Muti, inszeniert Sandro Sequi. Das Bühnenbild hat Pantelis Dessyllas entworfen, die passenden Kostüme Giuseppe Crisolini Malatesta. Ja, das ist wirklich auch was fürs Auge. Heutzutage, wo die Staatsoper vor allem auf abgespeckte Einheitsbühnenbilder setzt, wirkt dieser Rigoletto wie ein opulentes Festmahl, das auch im visuellen Bereich sich zu jener sinnlichen, opernhaften Geste aufrafft, die heutzutage zwar das Publikum sucht, die man ihm aber beständig auszureden versucht. Besonders gelungen ist das Bild zum zweiten Akt, wahrhaftig das Innere eine Renaissance-Palastes! (Noch zu Vervollständigung die Premierenbesetzung von anno dazumal: Franco Bonisolli, Renato Bruson und Edita Gruberova.)

Auch wenn Opernfans dazu neigen, vor allem das Vergangene zu loben, die Gegenwart hält auch so manch schöne Aufführung für sie bereit. Beginnend beim Herzog von Roberto Aronica muss zwar die Einschränkung gemacht werden, dass er – erst von einer Indisposition genesen – doch ein wenig den Eindruck machte, mehr auf Sicherheit, denn aus sich heraus zu gehen. Vielleicht hatte man diesen Eindruck aber auch nur deshalb, weil sein Herzog nie die Würde seines Standes verlor, mit galanter Höflichkeit und einer Art spielerischen Zurückhaltung auf Liebesabenteuer ausging und nicht einmal in Sparafuciles Absteige gegenüber Maddalena seine gute Erziehung zu vergessen schien (oder zumindest fast nicht, bis auf ein paar Grapschereien). Sein Herzog trägt einen Adel in sich, den andere spätestens zu diesem Zeitpunkt weit über Bord geworfen haben, um sich ihren Leidenschaften zu überlassen. Seine Stimme ist schlank, sehr gut geführt und höhen- und stilsicher, auf eine emotionale „Explosion“ wartete man allerdings vergebens. Ein zuviel an Contenance vielleicht, was zwar der „äußeren Gestaltung“ seines gesanglichen Vortrages zu Gute kommt, aber nicht unbedingt die Herzen des Publikums an sich reißt. Das war dann auch beim Einzelvorhang zu spüren, wo er zwar ebenfalls mit sehr viel Applaus bedacht wurde, die ganze Emotionalität der Zuhörerschaft sich aber über der Gilda von Stefania Bonfadelli und – noch mehr – über dem Rigoletto von Franz Grundheber ausgoß.

Bonfadelli ist nach wie vor eine ideale Gilda, in Stimme und Aussehen! Ihre Stimme wirkte ausgeruhter, als bei so mancher Vorstellung in der letzten Saison, die Höhen waren erklommen, umflort von jener mädchenhaften, schwärmerischen Leichtigkeit, die man bei einer Gilda erwarten darf. Trotz der großen Erfolge in der letzten Saison als „Nachtwandlerin“ und „Julia“ – die „Gilda“ ist ihr wirklich auf den Leib geschrieben.

Franz Grundheber synthetisierte den Rigoletto gesanglich und schauspielerisch zu einer erschütternden Charakterstudie, die die Zuhörer von Akt zu Akt stärker in den Strudel ihrer schicksalhaften tragischen Lebens-Verstrickung hineinzog. Ganz stark gelang der zweiten Aufzug, wo sich Rigolettos Verzweiflung angesichts der Hofschranzen und angesichts Gildas durch alle Gefühlsebenen hinunter und hinauf in jenen rachedurstigen Hass steigerte, der seiner Tochter letztlich zum Verhängnis werden soll. Das Publikum lag Grundheber denn auch, wenn man das so pathetisch schreiben darf, beim Schlussvorhang zu Füßen. Das Orchester fand sich nach einem etwas groben, zuweilen auch etwas „blechernen“ Beginn, zu einer ganz soliden Leistung zusammen.

An solchen Abenden ahnt man dann immer das wahre künstlerische Potential der Staatsoper, das sich dem breitgestreuten Spielplan und der langen Saison zum Trotz, doch als eine wirklich nicht auszuschöpfende Ressource erweist. Und man registrierte das durchaus mit Dankbarkeit.