NABUCCO
Aktuelle Spielpläne & Tipps
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Zurück

Wiener Staatsoper
16.9. 2001

Dirigent:Fabio Luisi

Inszenierung: Günter Krämer

Nabucco - Georg Tichy
Ismaele - Miro Dvorsky
Zaccaria -
Paata Burchuladze
Abigaille -
Eliane Coelho
Fenena - Mihaela Ungureanu
Oberpriester - Goran Simic
Abdallo - Walter Pauritsch
Anna - Renate Pitscheider


Ab ins Repertoire....

(Dominik Troger)

...geht es jetzt mit der Nabucco-Produktion vom vergangenen Mai. Und die sängerischen Leistungen konnten es sogar mit der Premiere aufnehmen.

Das gilt vor allem für Paata Burchuladze, den man viel zu selten an der Staatsoper zu hören bekommt und dessen profunder, volltönender Bass zweifelsohne zu den Ausnahmerscheinungen zählt. Er gibt einen fast dämonischen Oberpriester ab, einen, der mit Autorität und Energie die Rechte seines Volkes und seines Gottes zu vertreten sucht.

Aber auch Eliane Coelho befand sich diesmal auf der Haben-Seite. Wie immer mit viel Engagement umschiffte sie die Höhenklippen der Partie ohne gröberen Schaden zu nehmen, was man von der Premieren-Abigaille ja nicht behaupten konnte. Außerdem hat sie ihren Verdi gewissermaßen "im Blut" und weiß, wie man die Phrasen setzt und die charakteristische jung-verdische Rhythmik ausnützt.

Als Nabucco kam Georg Tichy zu Ehren. Tichy besitzt natürlich nicht das Charisma eines gutdurchwachsenen italienischen Baritons. Sein Timbre ist härter und seine stimmlichen Mittel sprudeln auch aus einer weniger ergiebigeren Quelle. Trotzdem musste die Reputation dieses babylonischen Königs nicht darunter leiden. Es war ein Nabucco, der sich auf das Wesentliche konzentrierte und insoferne war es ein wenig "trocken" und "eindimensional" - jeglichen seelenschmeichlerischen "Romantizismen" abhold. Aber mitgezogen von Burchuladze und Coelho konnte Tichy ohne gröbere Abstriche diesen Nabucco gesanglich und darstellerisch überzeugend über die Rampe bringen.

Die Inszenierung wirkt freilich im Repertoire noch trostloser, weil man diese Art von ins 20. Jahrhundert transferierter Opernsujets wirklich schon über und über hat. Und man empfindet so deutlich, wie all dieser intellektuelle Ballast, mit dem man sich bei der Premiere ja noch notgedrungen auseinandersetzt, im Repertoire das Vergnügen am "Opernsehen und -hören" deutlich vermindert. Warum sollte man sich denn sonst einen Nabucco anschauen, außer um der inspirierten Verdischen Musik und einer packenden Handlung beizuwohnen? Aber es herrscht ja unter dem Vorwand, Oper der Gegenwart näher bringen zu wollen, eine allgemeine Genuss-Prohibition.

In diesem Fall stützt auch die statuarische Personenregie die Dramatik überhaupt nicht und die Optik mit all diesen beanzugten Assyriern und Juden erfüllt einem vor der Redundanz ähnlich gelagerter Inszenierungen mit gröbster Langeweile. Alle Last liegt da - und das merkte man gerade auch bei der verkrampften Premiere - an den Sängern, die das fehlende Ambiete erst durch ihren stimmlichen und körperlichen Einsatz neu erschaffen müssen, wo ihnen doch Regie und Bühnenbild hilfreich zur Seite stehen sollten.

Auch auf dem Orchester lastet da natürlich eine große Bürde. Die Musik, eigentlich als tonaler Widerpart einer prächtigen Ausstattung und prächtiger Stimmen gedacht, muss nun all diesen mitgedachten Prunk und Mystizismus assyrischer Herrschaftlichkeit und mosaischer Frömmigkeit transportieren und soll zusätzlich noch den Abend in ständiger Animation mit Schwung vorantreiben. Bei der Overtüre gelingt das einfach nicht. Der langsame Mittelteil schien sich wieder irgendwo im Niemandsland zu verlaufen, woran diese unnötige "Kasperliade" auf der Bühne sicher auch einen gravierenden Anteil hat. Das Miniatur-Theater in dem eine Kasperlpuppe bewegt wird, die zwei Ballettmädchen, die dahinter hin und her hüpfen und Kindertheater machen, Sinn und Zweck dieses Regieeinfalls bleiben nach wie vor schleierhaft. Aber nachdem dieser Teil exekutiert war, begann das Orchester bald munter dahinzuschnurren und brachte den restlichen Abend sehr locker und schwungvoll über die Bühne.

Der Chor, und das darf nicht vergessen werden, ließ seinen "von der Sehnsucht getragenen Gedanken" wieder genussvollst im langangehaltenen Piano ausklingen, dass es die reinste Freude war.

Der Applaus nachher war für die gebotenen Leistungen zu kurz und bündig. Eliane Coelho wurde von ihrer Fangemeinde mit einigen Bravorufen bedacht.

(Im übrigen soll im 4. Akt der Direktor höchstpersönlich einen Blick auf den Galeriestehplatz geworfen haben, wie mir berichtet wurde. Eine Weltgegend, wo Direktoren nicht allzuhäufig anzutreffen sind. Vielleicht wollte er sich davon überzeugen, dass für diese Vorstellung wirklich kein einziger von den neu geschaffenen 18 Rollstuhlplätzen genützt worden war. Aber in solchem Falle bewährt sich natürlich diese mobile Bauweise, weil dann dem Galeriestehplatz die Mitte nicht verloren geht. )