DIE RÄUBER - I MASNADIERI
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Verdi-Portal

Volksoper
14. Oktober 2017
Premiere

Dirigent: Jac van Steen

Regie: Alexander Schulin
Bühnenbild: Bettina Meyer
Kostüme: Bettina Walter
Choreinstudierung: Holger Kristen

Amalia - Sofia Soloviy
Karl - Vincent Schirrmacher
Franz - Boaz Daniel
Massimiliano - Kurt Rydl
Hermann - David Sitka
Roller - Christian Drescher


"Die Räuber in der Volksoper"
(Dominik Troger)

An der Volksoper marschierten die Räuber auf: Giuseppe Verdis „I masnadieri“, gefertigt nach dem Schiller’schen Drama, wurde in der deutscher Fassung gegeben.

Oft bekommt man die „Räuber“ nicht zu hören – weder in deutscher noch in italienischer Fassung. Die Volksoper hat aber schon so etwas wie eine „Räuber“-Tradition. 1963 ging am Währinger Gürtel die Erstaufführung in deutscher Sprache über die Bühne. Bis 1970 folgten 29 Aufführungen (das verrät das Programmheft der Volksoper zur aktuellen Neuproduktion). Die deutsche Fassung hat damals Hans Hartleb besorgt, auf die auch jetzt zurückgegriffen worden ist. Zuletzt wurde in Wien das Werk 2003 in einer konzertanten Aufführung (in italienischer Sprache) im Konzerthaus gespielt.

Nun ist das Schiller’sche Original mit seiner überspannten „Sturm- und Drang-Psychologie“ ohnehin keine „leichte Kost“, aber das verknappende Libretto macht bei Verdi aus der Handlung eine „Räuberpistole“, die man nur wegen manch gelungener Musiknummer erträgt. Zu erwähnen sind hier beispielsweise das erste Bild, das mit einer feurigen Kabaletta von Carlos schließt, oder Amaliens romantische Kavatine im ersten und ihre Arie am Beginn des zweiten Aktes. Manch Räuberchor befeuert außerdem die Handlung. Der musikalisch zu schematische Ablauf (begleitetes Rezitativ->Arie->Kabaletta), der von wenig glaubwürdigen Handlungsumschwüngen am Leben erhalten wird, nützt sich aber rasch ab. Auch die Hauptfiguren werden ein Opfer dieses „Schemas“ und es mangelt ihnen an Individualität. An der Volksoper gesellt sich die deutsche Übertragung als weiterer „Stolperstein“ hinzu.

Die Inszenierung hat einen große „Box“ auf die leere Bühne gestellt, die in der Drehbühnenmitte aufgestellt mal ihre offene Vorderseite (ein Zimmer im Moor’schen Schloss) oder ihre geschlossene Rückseite zeigt. Ein Wald aus senkrecht vom Schnürboden hängenden Neonlampen bringt „Abwechslung“ in diesen etwas kargen Bühnenraum. Die Kostüme sind „historisch“, siedeln die Handlung zu Lebzeiten Schillers an, die „Räuber“ auch als „vorrevolutionäres“ Stück begreifend. Die in manchen Szenen etwas pathetisch überzeichnende Personenführung sollte die jugendlich heißen Emotionen, die die Figuren plagen, vielleicht ein wenig „kanalisieren“ und „bekömmlicher“ machen. Natürlich gab es auch Eingriffe in die Handlung: Regisseur Alexander Schulin hat Franzens Selbstmord von Schiller zu Verdi transferiert und Pater Moser wurde eingespart. Der alte Moor, diesen Part übernehmend, mutierte zu Franzens „Gewissen“ – zum „Übervater“, wie es der Regisseur in einem Interview formuliert hat (siehe das Programmheft zur Aufführung). Das Vorspiel wurde natürlich wieder inszeniert, wobei aber diesmal auf die Musik Rücksicht genommen wurde: Schulin setzte den Cellisten Roland Lindenthal auf die Bühne in das schon erwähnte Zimmer, um Hausmusik beim Grafen Moor zu spielen. Das war eine akzeptable Lösung. Ansonsten hat Schulin mehr „arrangiert“ als „inszeniert“, und sich einer „aktuellen Deutung“ entschlagen.

Der musikalische Teil litt schwer unter dem Volksoperngesetz „Deutsch als Amtssprache“. Die Partie der Amalie, die Verdi für die Uraufführung der berühmten Jenny Lind in ihre Nachtigallenkehle gelegt hat, wurde von Sofia Soloviy bei ihrem Hausdebüt mit lyrisch-romantischem Gestus gut vermittelt. Sie ließ einen beweglichen Sopran hören, der auch über gute, wenn auch schon etwas zarte Spitzentöne verfügte. Das Stimmtimbre dieser aus der Ukraine stammenden Sängerin umspielte eine leicht verschattete Melancholie, die die leidvollen Erfahrungen der geplagten Bühnenfigur passend einfing. Für Tenor Vincent Schirrmacher ist Verdi kein „Unbekannter“. Er hat am Haus schon als Herzog und als (mit etwas zuviel Krafteinsatz singender) Manrico reüssiert. Als Karl punktete er wieder mit vollem Einsatz, und sang sich mit geradliniger, viriler Sportlichkeit durch den Abend. Boaz Daniel, in vielen Staatsopernaufführungen „geeicht“, sorgte für einen stimmlich ordentlich umgesetzten Franz. Er gab jetzt nicht unbedingt die „Kanaille“, die Schiller und den bösen Moorspross sprichwörtlich gemacht hat, aber in Anbetracht der deutschen Übersetzung und des gefühlsoutrierenden Textes war an Emotionen ohnehin kein Mangel. Kurt Rydl sang den verzweifelten Vater. Sein Bass besitzt nach wie vor Kraft und Schwärze, neigt aber stark zum Oszillieren und zu wenig Detailschärfe. In Anbetracht des deutschen Librettos hat das aber seine Bühnenwirkung nicht wirklich geschmälert. In den Nebenrollen pointiert: David Sitka als Kammerdiener und Christian Drescher als Roller. Der Volksopernchor sorgte für kräftige Räuberstimmen.

Das Orchester unter Jac van Steen überraschte dort positiv, wo es mit schlankem, federndem Spiel die Sänger begleitete oder wo sich (nicht nur das Cello im Vorspiel) ein Instrument, eine Instrumentengruppe, ein wenig in den Vordergrund spielen durfte. Dem standen „Tutti-Passagen“ gegenüber, die zu laut gerieten sowie zu derb und undifferenziert klangen.

Der positiv gestimmte Schlussapplaus hielt rund sieben Minuten lang an – eine konzertante Aufführung hätte es auch getan,