UN BALLO IN MASCHERA
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Wiener Staatsoper Dirigent:Miguel Gomez-Martinez (2. Vorstellung nach der Wiederaufnahme am 6.3.06) |
Gustav
III, König v. Schweden - Giuseppe
Sabbatini |
Nach dem Mozart-Leckerbissen im Theater an der Wien brachte der Besuch dieser „Maskenball“-Vorstellung einen wieder auf den Boden der Realität zurück. Das war Wiener Staatsopernalltag, die zweite Vorstellung einer offenbar vom Sparstift diktierten Wiederaufnahme von Verdis „Un ballo in maschera“. Wenn man sich schon in die Auslage stellt und „Wiederaufnahmen“ ankündigt oder „musikalische Neueinstudierungen“, dann sollten diese Aufführungen einen künstlerischen Mehrwert bieten, der über das gewohnte Maß hinausgeht. Diesen Mehrwert konnte ich an diesem Abend nur sehr eingeschränkt wahrnehmen. Giuseppe Sabbatini hat den Gustavo als sympathischen, lebensfrohen Menschen gestaltet, auch wenn mir seine Mittellage für Verdi nach wie vor zu wenig füllig ist. Allerdings mischten sich „satt“ klingenden Höhen hinein, die relativ locker und kräftig gesetzt wurden. Sabbatini hat den Abend stark durch seine Persönlichkeit geprägt und durch seinen sängerischen Gestaltungswillen. In der Sterbeszene erreichte er einen beklemmenden musiktheaterhaften Realismus (und war plötzlich ganz nahe dort, wo sich der „Lucio Silla“ einen ganzen Abend lang befand). Für mich war er der einzige wirkliche Pluspunkt der Aufführung. Norma Fantini hat einen durchsetzungsfähigen Sopran, der sich, so mein Eindruck, nur auf zwei Lautstärken schalten lässt: „Leiser“ und „Laut“. Dabei besteht die Gefahr, dass das „Laut“ – zumal in der Höhe – fast schon ins angeschärfte „Schreien“ kippt, unangenehm von einem starken Flackern begleitet. Die Mittellage ist davon frei und strömt angenehm spannungsfördernd und energiegeladen durch den Raum. Sobald der Schalter auf „Leiser“ wechselt, beginnt der kraftvolle Charme der Stimme zu schwinden und sie bekommt eine blassere Färbung. Georg Tichy ist ein solider, mehr am dramatischen Fortgang ausgerichteter Sänger, der jedenfalls am Ziel ankommt. Einiges könnte eleganter klingen, manchmal merkt man die Grenzen schon zu deutlich (etwa im „Eri tu...“). Nadja Krasteva ist als Ulrica eine gute Hausbesetzung. Bori Keszei schien mir beim Oscar weniger gut aufgehoben, die eher kleine Stimme klang diesmal breiter, dafür wirkte die Tonbildung verschwommen und unpräzise. Auf der Habenseite: eine schlanker, burschikoser Page von sehr angenehmem Erscheinungsbild. Miguel Gomez-Martinez ließ phasenweise etwas zu laut spielen, brachte ansonsten den Abend relativ animiert über die Runden. Gestaltungswillen war vorhanden. Der Beginn hörte sich wie ein „Kaltstart“ an, aber bei dem Wetter ist das auch kein Wunder. Das barockisierende Bühnenbild und die Kostüme wirken wie aus wie einem Bastelbogen geschnitten, was nicht ohne Reiz ist, und die Gefahr eines verstaubten Historismus mit einem Augenzwinkern umgeht. Inszenierung: Gianfranco de Bosio; Bühnenbild: Emanuele Luzzati; Kostüme: Santuzza Cali. Der Szenenapplaus war mäßig, am Schluss dann doch viel Bravorufen. Der Stehplatz war nicht sehr üppig besucht. P.S.: Ob das besonders diabolische Gelächter des Chores respektive der Verschwörer ein Mehrwert ist, den diese „Wiederaufnahme“ generiert hat, möchte ich bezweifeln, aber könnte es nicht auch das selbstironische Extempore einer Kunstform gewesen sein, die man als Publikum des öfteren vielleicht zu ernst nimmt? |